Hans-Heinrich Dieter

Deutsche Führungsrolle?   (22.06.2022)

 

Die USA haben Deutschland nach der Vereinigung zweimal „Partnership in Leadership“ angeboten – vergeblich - denn die Bundesrepublik gab sich mit der gewohnten, bequemen und preiswerten außen– und sicherheitspolitischen Trittbrettfahrerei zufrieden. Deutschland war bis zur Vereinigung der so ungleichen deutschen Staaten ein nichtsouveräner, abhängiger, außen- und sicherheitspolitischer Zwerg und ist nach Erlangen der vollen Souveränität und trotz seiner Stellung als wirtschaftlich sehr leistungsstarke europäische Mittelmacht ein außen- und sicherheitspolitischer Zwerg geblieben!

Und nun spricht der Vorsitzende der naiv-pazifistischen SPD, Klingbeil, davon, dass die Bundesrepublik in der sich mit der „Zeitenwende“ verändernden Weltordnung „den Anspruch einer Führungsmacht haben muss“. Für ihn ist nun „auch militärische Gewalt“ als ein „legitimes Mittel der Friedenspolitik zu sehen.“ SPD-Chef Klingbeil formuliert da neue Grundsätze für die SPD-Außenpolitik – Frieden schaffen, ab jetzt mit Waffen! Und da findet er natürlich das 100 Milliarden Sondervermögen für die Bundeswehr gut und fordert „Respekt und Anerkennung“ für die Soldaten der Bundeswehr. Da werden Mützenich, Kühnert, Platzeck, Schwesig, und, und und…schlaflose Nächte haben – obwohl Klingbeil nicht sehr glaubwürdig wirkt.

Die Kehrtwende Deutschlands durch die „Zeitenwende“ ist bisher nur mit ersten Maßnahmen eingeleitet. Deutschland wird noch eine Weile mehrheitlich naiv-pazifistisch bleiben. Unter Kanzler Scholz wirkt Deutschland führungslos und hat in der EU und in der NATO deutlich an Vertrauen verloren. Deutschland ist wirtschaftlich noch stark, wird aber schon aufgrund der hohen Flüchtlingsbelastungen und der demographischen Entwicklung deutlich schwächer werden. Der Schaden, den Merkel in 16 Jahren angerichtet hat, ist außerdem immens, wird sich noch lange auswirken und muss behoben werden. Das braucht noch viel Zeit!

Deutschland ist ein sicherheitspolitischer Zwerg mit einer kaputtgesparten Bundeswehr. Bis unsere Streitkräfte wieder nach NATO-Kriterien einsatzfähig sind, braucht es nicht nur die 100 Milliarden Sondervermögen, sondern auch eine am NATO-Zwei-Prozent-Ziel orientierte mittelfristige Finanzplanung und noch mindestens 10 Jahre bis zum Ziel!

Tatsache ist, dass Deutschland nicht hinreichend vertrauenswürdig ist, um der Rolle einer international wirksamen Führungsmacht gerecht werden zu können. Deutschland spielt in der globalen Welt auch deswegen eine deutlich nachgeordnete Rolle, weil wir kein außen- und sicherheitspolitisches Konzept haben, das wir in die EU oder die NATO einbringen könnten, um so zur Stabilisierung beizutragen. Deutschland hat auch nicht die militärischen Möglichkeiten, um seinen Bündnisverpflichtungen angemessen nachkommen zu können. Wir sind so etwas wie ein großmäuliger außen- und sicherheitspolitischer Zwerg. Wir müssen wieder ein geachteter, glaubwürdiger und zuverlässiger Partner bei der Gewährleistung unserer gemeinsamen Interessen und Sicherheit werden. Das wird nur gelingen, wenn wir die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr so schnell wie möglich wiederherstellen!

Die nicht sonderlich militärisch geprägte und orientierte Mittelmacht Bundesrepublik Deutschland kann derzeit nicht die Rolle einer Führungsmacht einnehmen, wenn es um Krieg und Frieden in Europa und der Welt und um das Zurückdrängen des weltweiten Einflusses der Nuklearmächte China und Russland geht. Führung können da nur die NATO mit den USA – mit ihren nuklearen Abschreckungsmitteln – und eine reformierte EU in engem Zusammenwirken mit der NATO übernehmen. Deutschland muss nicht führen, sondern sich endlich nach Kräften solidarisch und vertrauenswürdig in die NATO und die EU einbringen!

(22.06.2022)

 

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