Hans-Heinrich Dieter

Ampel-Unzufriedenheit   (02.09.2022)

 

Nach einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap stellen mehr als zwei Drittel der Bürger der Ampel-Regierung ein schlechtes Zeugnis aus. Im Deutschlandtrend verzeichnen Kanzler Scholz (Zustimmung von 60 Punkten im Amt fällt nun auf 35 Prozent) und Finanzminister Lindner (26 Prozent Zustimmung) ihre bislang schlechtesten Werte. Aber auch Wirtschaftsminister Habeck erzielt nur den zweitniedrigsten Wert seit Ressortübernahme (43 Prozent, minus sieben). Und Außenministerin Baerbock bleibt mit 49 Prozent zwar beliebteste Politikerin, büßt aber sechs Punkte ein.

Das zeigt einen selbstverschuldeten Abstieg in einer - zugegeben - sehr schwierigen politischen Lage, gekennzeichnet durch den verbrecherischen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine, durch das schwierige Erbe von 16 Jahren Merkel-Kanzlerschaft, einschließlich einer naiv-pazifistischen Russlandpolitik, mit dem Ergebnis einer fatalen wirtschaftlichen Abhängigkeit von den autokratischen Regimen Russland und China. In unserer krisengeschüttelten Zeit erwarten die Bürger konsequente sachkundige politische Führung auf der Grundlage von Planungen und Konzepten durch den Bundeskanzler und sein Kabinett. Die Bürger wollen außerdem sachkundig und verständlich informiert werden und erwarten, dass das Parlament dem Verfassungsauftrag im Hinblick auf die Kontrolle der Exekutive gerecht wird.

Die Bürger sind nun mit Recht sehr enttäuscht von dem zögerlichen und zaudernden Kanzler, der sich in hohem Maße vergesslich zeigt, grottenschlecht kommuniziert, von seiner Richtlinienkompetenz gegenüber dem Kabinett keinen Gebrauch macht und sich insgesamt als führungsschwach erweist.

Die Folge dieser Führungsschwäche ist eine Vielfalt von unterschiedlichen Meinungen, die vorwiegend in Talkshows oder auf Twitter verbreitet und von den Medien unterschiedlich aufgegriffen sowie kommentiert werden. Durch diese politische Kakophonie werden die Bürger verunsichert und verlieren nachhaltig das Vertrauen in die Ampel-Politiker.

Dazu kommt, dass sich die Mehrheit der Bürger in den unterschiedlichen Politikfeldern eine andere Politik zum Wohle des Volkes wünscht. Die Bürger haben zwar 2011 zum Beispiel mehrheitlich der fatalen merkelschen Energiewende und dem schrittweisen Atomausstieg zugestimmt. 2011 konnten sie aber noch nicht wissen, dass die Große Koalition im Laufe der folgenden Jahre den Ausbau der erneuerbaren Energien verschlafen und so eine sehr hohe Abhängigkeit von russischer Energie erzeugen würde. Jetzt ist eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung für eine Laufzeitverlängerung der drei letzten aktiven deutschen AKW. Der Koalitionspartner FDP fordert die Laufzeitverlängerung, die CDU/CSU, die in grundsätzlichen Fragen zur Zusammenarbeit bereit ist, befürwortet eine Laufzeitverlängerung, die SPD zaudert, zögert und spricht von einer möglichen zeitlichen Streckung des Weiterbetriebes und verweist mit den Grünen auf den Ausgang eines „Stresstestes“. Wobei die Grünen deutlich zu erkennen geben, dass sie nicht am „Wohl des deutschen Volkes“ interessiert sind, sondern grundsätzlich ihre fundamentalistischen und ideologischen Grundüberzeugungen durchsetzen werden – whatever it takes! Habeck schwurbelt in dieser Angelegenheit unverständlich herum und wirkt dabei gelegentlich ein wenig volksverdummend. Baerbock hingegen outet sich ehrlich als sture Fundamentalistin, die von Mehrheitsmeinungen der Bürger nicht zu beeindrucken ist, aber in grüner Manier das Volk belehren und erziehen will. Damit beschädigt sie den ganz passablen Ruf, den sie sich bisher als Außenministerin erworben hat. In Zeiten, in denen nur noch 31 Prozent mit der Ampel zufrieden sind, hätte auch Baerbock einen guten Grund, sich um jeden einzelnen Wähler zu kümmern!

Und die Bürger sind wohl auch verunsichert durch die vielfältigen, sehr kostenintensiven und unterschiedlichen Versprechungen, die von den vielreisenden deutschen Politiker*innen gemacht werden. Dabei ist nicht zu erkennen, dass die weitreichenden Aussagen und Versprechungen durch das Kabinett diskutiert und vereinbart wurden und es ist auch nicht erkennbar, dass das Parlament insbesondere im Hinblick auf die finanziellen Folgewirkungen über solche Aussagen entschieden hat, denn die Summen, um die es jeweils geht, sind in aller Regel in der Höhe nicht durch die Ressort-Budgets abgedeckt.

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze zum Beispiel war nach Außenministerin Baerbock als zweite deutsche Politikerin in der Ukraine und hat neben Soforthilfen des Entwicklungsministeriums zur akuten Bewältigung der Kriegsfolgen in Höhe von 185 Millionen Euro auch strategische Fragen rund um den Wiederaufbau der Ukraine besprochen. Deutschland werde auch die nächsten Jahre Partner bleiben, sagte sie. „Aber wir dürfen nicht erst warten, bis der Krieg zu Ende ist, wir müssen jetzt wieder anfangen zu helfen und aufzubauen.“ Und auf der Hilfskonferenz für die Ukraine im Juli 2022 in der Schweiz hat Schulze für die weitere Unterstützung des Wiederaufbaus 426 Millionen Euro zugesagt. Da fragen sich die vernunftbegabten Bürger, warum „Deutschland“ solche Zusagen macht. Die UN haben mit großer Mehrheit der Vollversammlung den verbrecherischen Angriffskrieg Russlands als Verletzung des Völkerrechtes und als Bruch der UN-Charta verurteilt und da ist es auch die Aufgabe der UN, sich um eine multinationale und möglichst globale Lösung der Wiederaufbauprobleme in der Ukraine zu kümmern und auch Russland für Reparationen heranzuziehen. Als zweitgrößter Netto-Zahler wäre Deutschland dabei ohnehin stark beteiligt. Und wenn sich die UN diesbezüglich als nicht handlungsfähig erweisen, dann sind solche Probleme gemeinschaftlich von der EU anzugehen, denn Sanktionen gegen Russland und finanzielle Unterstützung für die Ukraine werden ja auch auf der Grundlage von EU-Ratsbeschlüssen verhängt oder geleistet.

In dieser allgemeinen politischen Situation und im Hinblick auf mögliche Proteste wegen hoher Energiepreise im Herbst und Winter macht Außenministerin Baerbock deutlich, dass sie einem „Druck der Straße“ nicht nachgeben wird. Das bedeutet mit anderen Worten, dass sie die legitime freie Meinungsäußerung des Souveräns bei ihrer Politik nicht berücksichtigen will: „Wenn ich den Menschen in der Ukraine das Versprechen gebe: ‚Wir stehen an eurer Seite, solange ihr uns braucht´, dann werde ich diese Versprechen einhalten. Egal, was meine deutschen Wähler denken. Aber ich werde die Menschen in der Ukraine wie versprochen unterstützen“. Das ist anmaßend, dümmlich, undemokratisch und unverschämt!

In der jüngsten „Sonntagsfrage“ heißt es: Würde am nächsten Sonntag gewählt, käme die SPD wie im Vormonat auf gerade mal 17 Prozent. Die Union liegt mit 27 Prozent zehn Punkte vor der Sozialdemokratie, gefolgt von den Grünen, die 22 Prozent erreichen (je ein Punkt weniger). Die Liberalen verbessern sich um einen Punkt auf acht Prozent, die AfD bleibt bei 13 Prozent. Die Linke legt einen Punkt auf fünf Prozent zu.

Diese Sonntagsfrage berücksichtigt das Fehlverhalten von Baerbock, die Auswirkungen der habeckschen Fehler bei der Gas-Umlage und die unzureichenden Ergebnisse der Meseberg-Tagung im Hinblick auf das dritte Entlastungspaket noch nicht.

Angesichts eines spürbaren Wohlstandsverlustes werden die deutsche Wirtschafts- und Sozialpolitik und wohl auch die deutsche Ukraine-Politik im Herbst einem neuen Stresstest unterzogen werden. Und da brauchen wir Politiker mit gesundem Menschenverstand und mit Verständnis für die Belange und das „Wohl des deutschen Volkes“, dem sich die Ampel-Minister eidesstattlich verpflichtet haben.

Der wehrdienstverweigernde Kanzler Scholz, der ahnungslos von der „Bazooka“ des dritten Entlastungspakets spricht, muss mit seiner Truppe besser werden als in der jüngsten Vergangenheit, wo doch viele „Entlastungen“ bis heute noch nicht richtig wirksam sind. Wir brauchen keine ständigen Ankündigungen, sondern durchdachte und tatkräftige Erfolgspolitik. Wenn die „Ampel“ weitermacht wie bisher, brauchen wir Neuwahlen!

(02.09.2022)

 

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