Hans-Heinrich Dieter

Weiterentwicklung der NATO   (11.02.2017)

 

Auf die NATO ist Verlass! Die NATO hat den Kalten Krieg gewonnen und ist das erfolgreichste Militärbündnis der modernen Geschichte. Nach dem Ende des Kalten Krieges hat sich die NATO aber nur marginal weiterentwickelt und sich den veränderten politischen Rahmenbedingungen in unserer globalisierten und inzwischen vom islamistischen Terror gekennzeichneten Welt nur sehr unzureichend angepasst.

Die NATO hat in den 90er Jahren auf dem Balkan eingegriffen und durch erfolgreiche Militäroperationen die Voraussetzungen für die Neuordnung der Region nach dem Zerfall Jugoslawiens geschaffen. Die NATO hat ab 2002 in Afghanistan die islamistischen Taliban und Al Qaida bekämpft. Bei den Bemühungen um die Errichtung eines funktionierenden Staatswesens mit eigenverantwortlichen leistungsfähigen Sicherheitskräften ist die NATO an der allgegenwärtigen Korruption, an den mittelalterlichen Clanstrukturen und an der mangelnden Bereitschaft der Mehrheit der Bevölkerung zur Demokratie weitgehend gescheitert.

Teile der NATO haben 2011 sehr umstrittene Militäreinsätze mit der gefährlich einfachen "Strategie": "Gaddafi muss weg!" geführt und einen Failed State sowie eine Brutstätte der Kriminalität und des Terrorismus hinterlassen. Ein schlimmer Misserfolg! Und in Syrien hat die NATO nicht eingegriffen, weil es die dafür notwendigen UN-Resolutionen aufgrund des Russland-Vetos nicht gab.

Nach 1990 fühlte sich nicht nur Deutschland, sondern auch die NATO nur von Freunden umgeben. Die meisten NATO-Mitgliedstaaten nutzten die vermeintliche "Friedensdividende" und verkleinerten ihre Streitkräfte. Die damit einhergehende Unterfinanzierung der Streitkräfte der NATO-Mitgliedstaaten führte zu nicht unerheblichen Einschränkungen der Einsatzfähigkeit. Der NATO-Russland-Rat wurde gegründet und man ging davon aus, dass Russland als Partner der westlichen Welt zu gewinnen sei.

Und dann hat der aggressive Neo-Imperialist Putin die Welt aufgeschreckt und deutlich gezeigt, wozu das heutige aggressive Russland fähig ist. Putin hat die Krim völkerrechtswidrig mit verdeckt agierenden russischen Soldaten für den russischen Staat erobert, handstreichartig und ohne unmittelbare Verluste. Er kann jetzt nach der Annexion dieser Halbinsel, auf der einst sowjetische Atom-U-Boote stationiert waren, die russische Schwarzmeerflotte freizügiger nutzen und das gesamte Schwarze Meer bis hin zur türkischen Küste kontrollieren.

Damit nicht genug, denn unser ehemaliger "Partner" hat im Ukrainekonflikt mit einer Gemengelage von Waffenlieferungen und Unterstützungsmaßnahmen für Aufständische sowie Terroristen, mit verdeckt eingesetzten eigenen Spezialkräften, unter Nutzung prorussischer ethnischer Milizen, mit umfangreichen Geheimdienstoperationen und unterstützt durch großangelegte Propagandakampagnen permanent internationales Recht gebrochen, verletzt weiterhin die territoriale Integrität eines Nachbarstaates und destabilisiert souveräne Staaten bewusst politisch und wirtschaftlich.

Die NATO wurde überrascht, hat aber als Organisation des ehemaligen Kalten Krieges schnell und konsequent reagiert. Die NATO hat ihre schnellen Reaktionskräfte aktiviert, verstärkt und intensiv trainiert und darüber hinaus in Polen und in den baltischen Staaten großangelegte Militärmanöver durchgeführt sowie die NATO-Luftraum-Ãœberwachung intensiviert. Derzeit werden in Polen und in den baltischen Staaten NATO-Kampftruppenbataillone, darunter auch ein deutsches Bataillon in Litauen, auf Rotationsbasis stationiert. Daraufhin warf Russland der NATO Abschreckungspolitik vor und Medwedew sprach in München 2016 von einem neuen kalten Krieg. Allein die Thematisierung durch Russland macht schon deutlich, dass die ehemaligen Partner „westliche Welt“ und „Russland“ sich erkennbar auseinanderentwickelt haben und durch die völkerrechtswidrige russische Annexion der Krim zu politischen Gegnern geworden sind. Dabei wird der „neue Kalte Krieg“ durch Medwedew nicht herbeigeredet, denn er hat ja - von Russland initiiert - bereits begonnen, auf der Grundlage des nuklearen Gleichgewichtes zwischen den USA und Russland und mit „heißen“ Anteilen russischer verdeckter und hybrider Kriegsführung.

Auf die neuen Herausfoderungen ist die NATO noch nicht gut genug vorbereitet. Die NATO hat ihre Fähigkeiten in der Cyber-Kriegführung verbessert. Das Militärbündnis hat aber noch keine ausreichenden Fähigkeiten, sich an internationalen Anti-Terror-Einsätzen zu beteiligen, das Problem soll noch in diesem Jahr angegangen werden. Und die NATO hat noch keinen Instrumentenkasten, um zum Beispiel russischer verdeckter und hybrider Kriegsführung zu begegnen. Man hat bisher auch noch nicht definiert, wann ein hybrider Angriff auf einen Mitgliedstaat Gegenmaßnahmen auf der Grundlage des Artikel 5 des NATO-Vertrages zur Folge hat. Solche Bemühungen um Weiterentwicklung der NATO reichen aber bei weitem nicht aus.

Schon 2014 beim NATO-Gipfel in Wales haben sich die Mitgliedstaaten darauf geeinigt, 2 Prozent des jeweiligen Brutto-Inlands-Produktes (BIP) in Rüstung zu investieren. Seitdem ist nahezu nichts geschehen und Deutschland als die wirtschaftlich leistungsfähige Mittelmacht in Europa dümpelt weiterhin bei blamablen 1.2 % herum. Außerdem müssen die Rüstungsausgaben in Europa besser koordiniert werden und die Rüstungskooperation ist zu verstärken. Schon US-Präsident Obama hat die Mitgliedstaaten nachhaltig aufgefordert, die Vereinbarungen zu erfüllen. Aber erst die ungehobelte, undurchdachte Anti-NATO-Brüllerei von Trump hat die NATO-Mitglieder aufgeweckt und aufgeschreckt.

Inzwischen haben der US-Verteidigungsminister und der US-Außenminister mehrfach klare Bekenntnisse zur NATO und zum Fortbestand der transatlantischen Zusammenarbeit abgegeben. Außerdem hat die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen zum Ausdruck gebracht, dass die Annexion der Krim durch die USA nicht akzeptiert wird und dass die Sanktionen gegen Russland so lange aufrechterhalten bleiben wie das Abkommen Minsk 2 nicht umgesetzt ist. Der Ost-West-Gegensatz ist nicht überwunden, sondern er ist sehr akut. Deswegen müssen die NATO-Mitgliedstaaten schnell Maßnahmen ergreifen, um die Einsatzbereitschaft der NATO deutlich zu erhöhen. Und die NATO muss sich stärker gegen die neuen Herausforderungen wie Cyber-Krieg, internationaler islamistischer Terror und hybride Kriegsführung wappnen.

(11.02.2017)

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