Hans-Heinrich Dieter

“Nicht plausibel und konsistent”   (20.01.2021)

 

Armin Laschet ist leider gegen den Willen der CDU-Basis und mit Hilfe von Merkel sowie den CDU-Abnickern zum CDU-Vorsitzenden gewählt worden. Da versteht man, dass er im Interview mit den ARD-Hauptstadt-Journalisten „Mutti“ lobt. Hingewiesen auf die häufigen Vorwürfe, dass er weiter „merkeln“ würde, ein Vertreter des „Weiter so!“ sei oder gar „Merkel mit anderem Geschlecht“ verkörpern würde, wies er auf 16 erfolgreiche Merkeljahre hin und meinte, es könne ja nicht verkehrt sein, an diesen Erfolg anzuknüpfen. Eigentlich sind es ja erst etwas mehr als 15 Jahre, aber hier sagt Laschet als neuer CDU-Vorsitzender auch die erste Unwahrheit. Die eiskalte machtorientierte „Mutti Merkel“ zeigt weder Muttereigenschaften noch hat sie in ihren fünfzehn (+) Regierungsjahren eine positive Bilanz aufzuweisen!

Merkels Scheitern begann erkennbar beim überhasteten, in der EU nicht abgestimmten, Atomausstieg nach Fukushima und mit der konzeptions- und planlos eingeleiteten Energiewende, die erheblichen Schaden für die Volkswirtschaft und Klimabilanz Deutschlands angerichtet hat. Da fragt man sehr berechtigt, warum wir nach 15 Jahren „Klimakanzlerin“ unsere Klimaziele verfehlen, Haushalte und Unternehmen mit den höchsten Strompreisen Europas belasten und zugleich die strategische und kulturelle Kontrolle über das Thema verloren haben.

Prägend für die Negativbilanz Merkels war die verfehlte Flüchtlingspolitik. Kanzlerin Merkel hatte im Sommer 2015 entschieden, die Grenzen offen zu halten und Hunderttausende Flüchtlinge zunächst ohne Registrierung einreisen zu lassen. Angesichts des enormen Flüchtlingsandrangs sagte sie am 31. August 2015 bei ihrer Sommerpressekonferenz: „Wir schaffen das“. Deutschland sei stark genug, die geflüchteten Menschen aufzunehmen. Das war aber eine krasse Fehleinschätzung! Denn mit Merkels Entscheidung wurden die Regeln der Dubliner Vereinbarung gebrochen, auf die die Kanzlerin sonst so vehement pocht. Dann waren wir durch die schiere Anzahl der ankommenden Flüchtlinge überfordert und haben sie nicht registriert weiterreisen lassen. Damit haben wir erneut gegen EU-Regeln verstoßen. Wir haben es hier ganz offensichtlich mit wiederholter politischer Fehlleistung zu tun. Als Kanzlerin Merkel dann öffentlich feststellte, dass Flüchtlinge aus Syrien auf keinen Fall zurückgeschickt werden, dann war das wie ein Persilschein für alle Asylsuchenden aus dem Bürgerkriegsland und den Flüchtlingslagern der angrenzenden Staaten. Unser Asylrecht sieht aber vor, dass jedes Asylgesuch zu prüfen und nach Recht und Gesetz zu entscheiden ist. Als dann CSU-Politiker aber auch Ministerpräsidenten und Kommunalpolitiker von Überforderung sprachen und zum Ausdruck brachten, dass wir in Deutschland im Hinblick auf die Flüchtlinge die Kontrolle verloren haben, hat unsere machtgefühlsdominierte Bundeskanzlerin öffentlichkeitswirksam gekontert: „Das Grundrecht auf Asyl für politisch Verfolgte kennt keine Obergrenze.“ Damit hat Frau Merkel Millionen syrische Menschen, die in der Türkei, im Libanon, in Jordanien ausharrten, ganz zu schweigen von denen, die in Afrika und auf dem Sprung über das Mittelmeer waren, geradezu angelockt – verstärkt durch narzisstische Selfies. Damit hat sie damals eine Krise verstärkt, die bis heute nicht bewältigt ist. Da Frau Merkel nie einen Plan oder ein Konzept zur Bewältigung der Krise entwickelt hat, blieb nur kopfloses und hilfloses Reagieren. Da darf man mit Fug und Recht von einer politischen Fehlleistung sprechen. Frau Merkel hat nicht für das Wohl der deutschen Bevölkerung gehandelt, sondern gegen die Interessen des Volkes – mit weitreichenden und nachhaltigen Belastungen!

Mit ihrer störrischen und uneinsichtigen Art hat die Kanzlerin noch mehr Schaden angerichtet. Teile unserer EU-Partner haben sich damals von Deutschland distanziert. Rechte und nationalistische Kräfte, wie die NPD – und später die AfD - der Front National mit Frau Le Pen und UKIP, haben von Merkels Fehlleistungen profitiert. Die Europäische Union hat bis heute das Quotensystem zur Verteilung von Flüchtlingen nicht durchsetzen können, weil zum Beispiel die osteuropäischen Staaten nicht einsehen, dass sie die von Deutschland nach Europa gelockten Flüchtlinge in immer größeren Zahlen aufnehmen sollen. Die Vielzahl der Brüche der Schengen-Regeln und des Dubliner Übereinkommens, die zunehmende unzureichende Solidarität und der wachsende nationale Egoismus der EU-Partner sowie die unzureichende Migrations-, Asyl- und Flüchtlingspolitik der EU haben es bis heute verhindert, zu gemeinsamem, werteorientiertem und solidarischem Handeln in der Europäischen Union zurückzufinden. Merkel hat mit ihrer Politik zu dieser Misere massiv beigetragen und die heute erkennbare Spaltung eingeleitet.

Die Jahre nach 2015 sind in Deutschland durch ständig wachsende Probleme gekennzeichnet. Die Ministerpräsidenten der Länder waren sehr unzufrieden mit der unzureichenden Kommunikation der Flüchtlingsproblematik durch die Kanzlerin und die zuständigen Bundesminister. Die Bürgermeister und Kommunalpolitiker waren unzufrieden mit der Kommunikation durch die Länder und wurden durch Entscheidungen immer wieder überrascht und dann auch schnell überfordert. Die strukturellen Kapazitäten erwiesen sich als unzureichend für den Massenandrang von Flüchtlingen und deren berechtigtem Anspruch auf menschenwürdige Versorgung. Die Behörden waren und sind immer noch überlastet und überfordert. Die mit Recht geforderte schnellere Abschiebung von Asylsuchenden aus den Balkanstaaten hat sich nicht umsetzen lassen, weil unser Asylrecht so angelegt ist, dass es auch bei offensichtlichem und festgestelltem Missbrauch zu Verzögerungen durch sehr langfristige Einspruchsverfahren kommt. Unsere Justiz ist außerdem erkennbar überfordert und überlastet. Trotz der politischen Schönfärberei und Verschleierung von Problemen wird auch den größten Optimisten langsam klar, dass es sehr schwer ist, Flüchtlinge – wie gewünscht – schnell zu integrieren und in den Arbeitsmarkt zu bringen, weil bei den meisten Flüchtlingen die Ausbildungs-Voraussetzungen dafür fehlen. Diese ganze Entwicklung wird nur schwer zu kontrollieren sein, denn unsere Behörden, unsere Polizei und unsere Nachrichtendienste haben mit den herkömmlichen Problemen schon genug zu tun. Da ist es erfreulich, dass man inzwischen -zumindest in NRW- gegen die ausgeuferte Clan-Kriminalität vorgeht.

Merkel hat über Jahre aufgrund der demokratischen Entwicklung der Türkei für eine höchstens privilegierte Partnerschaft plädiert, als es dann aber darum ging, ihre verfehlte Flüchtlingspolitik einzuhegen, vergaß sie unsere Werte und hofierte den chauvinistischen und islamistischen Machthaber Erdogan geradezu unterwürfig. Und wenn man die Werte unserer freien westlichen Welt verteidigen will, dann braucht man einen politischen Plan, ein Konzept und eine entsprechende Strategie. Während ihrer Kanzlerschaft hat Merkel keinen einzigen langfristigen Plan entwickelt. Die visionslose Kanzlerin Merkel entwickelt sich jeweils schrittweise mit den Ereignissen und anstatt in Alternativen zu denken und zu planen, erklärt sie die beabsichtigte Vorgehensweise für „alternativlos“ - basta - und hat natürlich keinen Plan B. In der Flüchtlingskrise im September 2015 hat sie sich entsprechend konzeptionslos, planlos, kopflos und hilflos gezeigt. Erfolg sieht anders aus!

Die Probleme, die wir weiterhin zu bewältigen haben, sind immens. Bisher haben wir es „noch nicht geschafft“. Die immer noch wachsenden überdimensionalen Flüchtlingszahlen überwältigen unverändert. Ein syrischer Flüchtling, der heute ankommt, kann nach Hochrechnungen in der Mitte des nächsten Jahres mit einem ersten Gesprächstermin hinsichtlich eines möglichen Asylverfahrens rechnen! Das wird unsere Sozialsysteme und das tagtägliche Leben in Deutschland sehr stark belasten und zwangsläufig zu politischem und bürgerlichem Unmut führen. Die neue deutsche Realität ist geprägt durch die enormen finanziellen Belastungen und die wachsende Kriminalität von Flüchtlingen und Migranten, die die Bevölkerung stark verunsichern und die noch nicht einmal hinreichend diskutiert werden – ohne die Bürger mit Nicht-Mainstream-Meinungen in die Rassismus- oder Naziecke zu drängen! Merkel hat mit ihrer Politik zur erkennbar stärker werdenden Spaltung der deutschen Gesellschaft und zu einer tiefgehenden Politikerverdrossenheit beigetragen!

Schon diese – markantesten - Beispiele fragwürdiger Politik weisen eine grottenschlechte Leistungsbilanz auf. Aber damit noch nicht genug. In der Regierungszeit Merkels wurde außerdem das Verkehrsnetz nicht zeitgerecht saniert und auch die Digitalisierung wurde nicht zeitgerecht ausgebaut, ja geradezu verschlampt, sodass Deutschland im EU-Ranking bei der Qualität der Digitalisierung auf dem blamablen und hochpeinlichen Platz 24 von 27 Mitgliedstaaten gelandet ist – und das als die noch führende Wirtschaftsmacht der EU. Und dieses Versagen mit der Folge auch eines offenbaren Rückstandes der staatlichen Verwaltung bei der Digitalisierung erweist sich jetzt in Pandemiezeiten als Ursache für unerträglich schlechte Ergebnisse „bei der Nachverfolgung der Infektionsketten durch die Gesundheitsämter“ und „bei der Umsetzung der Hilfen für vom Lockdown betroffene Branchen“.

Und auch der Bildungsstand hat sich in Merkels Regierungszeit deutlich verschlechtert, was durch die PISA-Ergebnisse, die abnehmende Studierfähigkeit und die zunehmende Ausbildungsunfähigkeit dokumentiert wird. Die außen- und sicherheitspolitisch desinteressierte Merkel hat es außerdem zugelassen, dass die SPD-Außenminister Steinmeier und Gabriel ihre eigene Außenpolitik teilweise gegen die EU und die NATO gemacht und die teilweise unfähigen Verteidigungsminister*innen zusammen mit den Finanzministern und dem Bundestag die Bundeswehr zu einem Sanierungsfall kaputtgespart wurde. Wenn Deutschland heute teilweise – trotz aller großspurigen Reden von Steinmeier und unserer „wandelnden Plattitude“ – als unzuverlässiger außen- und sicherheitspolitischer Zwerg und Trittbrettfahrer angesehen wird, der seine Zusagen nicht erfüllt und Absprachen nicht einhält, dann geht das auch auf das Konto von Merkel. Dass Merkel bei dieser Bilanz mit 71 Prozent Zustimmung immer noch als die beliebteste Politiker*in Deutschlands gilt, ist ein weiterer Beleg für den eingeschränkten politischen Bildungsstand einiger Teile der deutschen Bevölkerung.

Und dann kam Corona. Merkel hat in dieser schwierigen Phase immer wieder versucht – weitgehend unter der „loyalen Selbstentmachtung des Parlaments“ – das Heft in der Hand zu behalten und in Deutschland die Bekämpfung der Pandemie gemeinsam mit den Ländern per Dekret und Verordnung zu bewältigen. Das ist ihr in vielen Bund-Länder-Konferenzen nicht gelungen. Die Kanzlerin hatte - wie immer – keinen Plan, kein Konzept und keine Strategie anzubieten – und somit keine Autorität. Die Kanzlerin verbreitete ihre „Sorgen“ durch Appelle und Auflagen – ohne diese aber der Bevölkerung sowie der gebeutelten Wirtschaft plausibel zu begründen. Das Ergebnis war ein unglaubwürdiges, oft nicht zu verstehendes Konglomerat von tief in die bürgerlichen Freiheiten eingreifenden Maßnahmen, die sich mit einem Zick-Zack-Kurs ständig änderten, und das unter den Bedingungen eines föderalen Flickenteppichs. Merkel fuhr nicht wie üblich ohne Plan auf Sicht, sondern zögerlich im Nebel, weil sie oft darin herumzustochern schien! Eine treffende Kritik lautet diesbezüglich: „Nicht plausibel und konsequent!“ Erfolg sieht ganz anders aus!

Wenn Armin Laschet diesen zweifelhaften „Erfolg“ mit einer linksorientierten und sozialdemokratisierten CDU weiterführen will, dann fährt er gegen die Wand oder bleibt im Tunnel stecken, ohne das Licht am Ende zu sehen. Die CDU braucht einen Neuanfang – aus der politischen Mitte heraus und mit der politischen Mitte - mit einem zukunftsorientierten, EU-kompatiblen und transatlantisch ausgerichteten Programm. Die dazu erforderliche inhaltliche und zukunftsorientierte parteiinterne Auseinandersetzung darf die CDU weder scheuen noch vertagen – es ist ohnehin von Merkel/AKK schon zu viel Zeit vertrödelt worden. Denn die CDU muss nicht weniger als ein außenpolitisches Konzept auf der Grundlage definierter deutscher Interessen für die zukünftige Außen- und Sicherheitspolitik im Rahmen der EU und mit der NATO entwickeln. Und Deutschland muss das Vertrauen der EU-Mitgliedstaaten und der NATO-Partner zurückgewinnen, denn ohne Vertrauen in Deutschland und in „made in Germany“ wird sich unsere Wirtschaft nicht schnell genug erholen. Leider fehlt Laschet die dazu erforderliche bundespolitische, die wirtschafts- und finanzpolitische sowie die außen- und EU-politische Erfahrung. Aber Friedrich Merz hat ja Unterstützung zugesagt!

Die CDU muss wieder Volkspartei der Mitte werden. Der dafür erforderliche zukunftsorientierte Ruck gelingt mit „Weiter so!“ nicht!

(20.01.2021)

 

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