Hans-Heinrich Dieter

Heimatschutz?   (06.04.2021)

 

Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer ist gegen eine Wiederbelebung der Wehrpflicht in alter Form. Sie will aber den Zusammenhalt in der Gesellschaft fördern und kündigte in diesem Zusammenhang einen zweiten Freiwilligendienst - unter dem Titel „Dein Jahr für Deutschland“ - in der Bundeswehr an, der eine siebenmonatige militärische Grundausbildung sowie daran anschließende heimatnahe Reserve-Einsätze beinhalten soll. Gestern sind bei der Bundeswehr nun lediglich 325 Rekrutinnen und Rekruten zu diesem neuen Freiwilligendienst für den Heimatschutz angetreten.

Dieses noch etwas unausgegoren wirkende, konkret schwer vorzustellende Projekt von Kramp-Karrenbauer hat allerdings den Nachteil, dass auch hier immense Infrastruktur-, Personal- und Material-Kosten entstehen werden, die mit dem dringenden Sanierungsbedarf für die Bundeswehr nicht in Einklang zu bringen sind. Mit solchen „Wehrpflichtigen light“ ist außerdem auch der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr nicht gedient und durch dieses „Jahr für Deutschland“ werden auch die Personalprobleme der Streitkräfte nicht zu beheben sein, sondern sich durch den Ausbilderbedarf eher verschärfen! Außerdem steigern wir die Bürokratie – die ja eigentlich dringend abzubauen wäre – und wir verzetteln uns auf „Nebenkriegsschauplätzen“.

Eigentlich sollte sich die Bundeswehr auf das Wesentliche konzentrieren. Der Chef des Bundeswehrverbandes Wüstner hat die Bundeswehr schon vor geraumer Zeit - von der Politik unwidersprochen - als „Sanierungsfall“ bezeichnet und befürchtet, dass die Streitkräfte in einen „burnout“ getrieben werden, „wenn nichts passiert“. Der ehemalige Wehrbeauftragte Bartels hat in seinem vorletzten Jahresbericht der Bundeswehr „planmäßige Mangelwirtschaft“ vorgeworfen und die Medien haben schon mehrfach vom „Trümmerhaufen“ Bundeswehr berichtet. Diese Begriffe sind unschön aber sie fassen die bedauerliche Lage plakativ und treffend zusammen. Und da die möglichst schnelle Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft der Streitkräfte eine unabdingbare Voraussetzung für das Wiedererlangen des Vertrauens der NATO und der EU in die sicherheitspolitische Zuverlässigkeit Deutschlands ist, muss hier der absolute Schwerpunkt liegen!

Bei den zukünftigen „Heimatschützern“ wird es sich um kurz ausgebildete „Reservisten light“ handeln, die allerdings mit Kriegswaffen ausgerüstet sind. Und nun wird natürlich auch überlegt, ob man diese Soldaten zum Objektschutz oder auch zur Unterstützung von Grenzschutzmaßnahmen einsetzen sollte. Dabei wird übersehen, dass das Grundgesetz unverändert von der klaren Trennung der Zuständigkeiten für innere und äußere Sicherheit ausgeht und für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren sehr enge Grenzen setzt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes von 2012 ändert daran nichts, denn es zeigt nur auf, dass ein Einsatz militärischer Kampfmittel als „letztes Mittel“ in einer „Ausnahmesituation katastrophischen Ausmaßes“ verfassungskonform wäre. Das ist keine handhabungssichere Grundlage, um die Rechtmäßigkeit eines hoheitlichen, bewaffneten Einsatzes von Soldaten im Inneren zu begründen. Deswegen müssen alle verantwortungsbewussten Politiker und Bürger eine eindeutige Grundgesetzänderung für einen eventuellen, zukünftigen Einsatz der Bundeswehr im Inneren fordern, die Rechtssicherheit schafft. Diese erforderliche Grundgesetzänderung ist bisher an der ablehnenden Haltung der SPD gescheitert. Daraus folgt, dass ein Einsatz der Bundeswehr im Inneren derzeit wegen unzureichender Rechtssicherheit nicht sinnvoll ist.

Soldaten der Bundeswehr haben in der Vergangenheit immer wieder unter Beweis gestellt, dass sie in Katastrophenlagen schnell, effektiv und erfolgreich helfen. Soldaten dürfen aber nicht missbraucht werden als „Hilfsarbeiter“ für überforderte Kommunen oder Behörden und auch nicht als „Hilfspolizisten“ ohne hinreichende Ausbildung und Befugnisse. Soldaten der Bundeswehr haben die äußere Sicherheit Deutschlands zu gewährleisten, dafür sind sie verpflichtet und ausgebildet worden.

Die einzig sinnvolle Maßnahme wäre deswegen die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht für alle Staatsbürger - Frauen und Männer, die in der Bundeswehr oder in sozialen und gemeinschaftsdienlichen Einrichtungen geleistet werden muss. Diese Dienstpflicht darf ein Jahr nicht unterschreiten, muss gerecht organisiert und von der Gesellschaft akzeptiert werden. Für den Einsatz im Inneren muss die dafür erforderliche gesetzliche Grundlage geschaffen werden. Mit einer solchen Dienstpflicht könnte auch Nachwuchs gewonnen und die politische Bildung verbessert werden.

Sammeln wir also Erfahrung und auf solcher Grundlage können wir dann vielleicht den „Heimatschutz“ zu einem gesamtgesellschaftlichen Projekt weiterentwickeln, das Sinn macht!

(06.04.2021)

 

Bei Interesse an ähnlicher Thematik lesen Sie auch:

http://www.hansheinrichdieter.de/html/bedauernswertebw.html

http://www.hansheinrichdieter.de/html/wiedereinfuehrungderwehrpflich.html

http://www.hansheinrichdieter.de/html/einsatziminneren.html

 

 

nach oben

 

zurück zur Seite Klare Worte