Hans-Heinrich Dieter

Feministische Außenpolitik   (23.02.2023)

 

Annalena Baerbock mag zwar bei den Grünen als Quotenfrau angefangen haben, hat sich aber aus diesem Stadium herausgearbeitet und ist inzwischen eine durchaus respektierte Außenministerin geworden. Da hat sie es natürlich auch nicht schwer, denn ihre drei SPD-Vorgänger waren schwache und teilweise unfähige Außenminister, die eine von Kanzlerin Merkel – sträflich - zugelassene Nebenaußenpolitik betrieben haben.

Der ehemalige Außenillusionist Steinmeier hat die Außenpolitik der Bundesregierung und der EU im Zusammenhang mit Sanktionen gegen Russland ständig illoyal hintertrieben und die Sicherheitspolitik der NATO sowie ihres deutschen Mitgliedes als „Säbelrasseln“ schäbig verleumdet. Gabriel war nur kurz im Amt und hat als naiv-pazifistischer Außenminister die Gesprächsfäden-Knüpfpolitik Steinmeiers vielfliegend fortgesetzt und das umweltschädlich verflogene Steuergeld sicher nicht hereingearbeitet! Und die „wandelnde Plattitüde“ Maas hat sich über das angestrengte Offenhalten von Gesprächskanälen als weitgehend untauglich erwiesen und ist nicht der Rede wert. Im Vergleich zu diesen „Klinkenputzern“ macht Baerbock einen eher starken Eindruck – aber ihr Erfolg, auch in Meinungsumfragen, ist ihr zu Kopf gestiegen und umso heftiger setzt sie sich für feministische Außenpolitik ein, die sie in den Ampel-Koalitionsvertrag hineinverhandelt hat.

Da muss die Frage erlaubt sein, ob wir eine feministische Außenpolitik brauchen. Ismen oder „-ismusse“ sind meist Weltanschauungen bzw. Geisteshaltungen, die zu Diskriminierungen anderer Gesellschaftsgruppen führen, z.B. Rassismus und Sexismus. Wie sich Feminist*innen gerieren, hat jüngst die Feministin Strack-Zimmermann gezeigt, als sie den Aachener Humor wider den tierischen Ernst mit ihrem eigenen sexistischen und fiesen Humor verwechselte und gegen die toxische Männlichkeit alter weißer deutscher Kartoffel-„Zwerge“ krakeelte! Solchen Feminismus brauchen wir sicher weder in der Sicherheitspolitik noch in der Außenpolitik.

Nun hat die Feministin Baerbock sicher Größeres vor. In Ankündigung der Leitlinien für eine feministische Neuausrichtung der Außenpolitik sagte die Grünen-Fraktionsvize Brugger: „Feministische Außenpolitik ist kein Zauberstab und auch keine abstrakte Vision, sie zeigt neue und bessere Handlungsmöglichkeiten im Vergleich zu einer alten, oft anspruchslosen Außenpolitik auf.“ Damit ist die Außenpolitik der alten weißen Männer gemeint, die allerdings nicht den Anspruch erhoben haben, eine „maskulinistische Außenpolitik“ gegen die Frauen dieser Welt zu machen. Da sind wir gespannt, was Außenministerin Baerbock (Grüne) und Entwicklungsministerin Schulze (SPD) in der nächsten Woche als „Leitlinien für eine feministische Außenpolitik“ vorstellen, denn es soll ja um nicht weniger gehen als um die Neuausrichtung der bisherigen Diplomatie.

Die bisherige deutsche Diplomatie muss sicher zukünftig von höherer Qualität sein, aber muss sie wirklich ideologisch, missionierend und moralisierend neu ausgerichtet und gefühlsbetonter werden? Gute Außenpolitik ist doch eher eine an diplomatischen Gepflogenheiten ausgerichtete Realpolitik zur Durchsetzung deutscher Interessen zum Wohle des Volkes – und dazu brauchen wir weder eine Ideologie noch einen Missionsauftrag.

Bisher fliegt auch Außenministerin Baerbock mit einem übergroßen ökologischen Fußabdruck durch die Welt und versucht, allen möglichen Gesprächspartner*innen zu erzählen, was sie zu tun und zu lassen haben. Dabei findet sie durchaus klare Worte aber so richtig wirkungsvoll ist sie nicht. Deswegen meint der CDU-Außenpolitiker Hardt: „Annalena Baerbock wäre gut beraten, sich von plakativen Phrasen zu lösen und konkret zu werden.“ Und manchmal gelingt auch die feministische Positionierung an der Seite der protestierenden Frauen im Iran zu spät und zu wenig wirkungsvoll. Baerbock hat auch Waffenlieferungen an Saudi-Arabien nicht unterbunden, obwohl die islamische Diktatur die Frauen des Landes brutal entrechtet.

Und ein weiteres Beispiel verfehlter feministischer Außenpolitik ist der jüngste Besuch Baerbocks zusammen mit Faeser im türkischen Erdbebengebiet. Die Feministinnen wollten ihr Mitgefühl zeigen. Mitgefühl ist gut, aber es muss zielgerichtet sein und die Richtigen treffen. Der autokratische Möchte-Gern-Sultan Erdogan ist Islamist und hält nichts von der Gleichberechtigung der Frauen. Erdogan hat kürzlich die Mitgliedschaft in der Istanbul-Konvention, der Aktionsgemeinschaft des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt, aufgekündigt.

Nach dem Erdbeben in der Türkei im August 1999 mit über 17 000 Toten hat die Türkei Gesetze erlassen, um die Bauten erdbebensicherer zu machen. Es flossen viele Gelder aber wohl in die falschen Taschen. Erdogan hat dann „Das Jahrhundert der Türkei“ ausgerufen. Und bei dem neuerlichen Beben erweist sich die „neue Türkei“ als Kleptokratie, in der Zehntausende Menschen in baufälligen Häusern starben, weil Erdogans Minister und Beamten den hochgefährlichen Pfusch am Bau tolerierten. Statt für Erdbeben und den Schutz der Bevölkerung vorzusorgen, steckte Erdogan viele Milliarden in Prestigeprojekte, die die neue Größe Erdogans und seiner Türkei deutlich machen sollten. Zahlreiche Anwälte haben wegen der Erdbebenkatastrophe Anzeige gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip ErdoÄŸan und etliche weitere Amtsträger eingereicht. Dem Präsidenten, Ministern, Gouverneuren und Bauunternehmen werfen sie etwa vorsätzliche sowie fahrlässige Tötung und Amtsmissbrauch vor, wie aus der Strafanzeige hervorgeht. Deutschland hat die Unterstützung für die Türkei und Syrien um weitere 50 Millionen auf insgesamt 108 Millionen erhöht. Solche Autokraten sollten Gelder gemeinschaftlich von der EU und von den Vereinten Nationen bekommen, aber nicht direkt von Deutschland. Außerdem sollten die Unterstützungen auch gemessen werden an Unterstützungen durch die Muslimische Welt in Gestalt der Arabischen Liga und der Afrikanischen Union. Die Erdogan-Türkei ist ein unbrauchbarer NATO-Partner, der Deutschland, die EU und die NATO erpresst und teilweise handlungsunfähig macht und deswegen keine direkte deutsche Unterstützung verdient. Und als Feministin sollte man sich fragen, ob man mit feministischer Außenpolitik in der muslimischen Welt überhaupt Aussicht auf Erfolg haben kann. Wahrscheinlich hat man genauso wenig Erfolgsaussichten wie ein schwuler Außenminister, der seinen Lebenspartner auf Reisen in muslimische Länder nicht mitnehmen mag, weil der Partner der Gefahr des Auspeitschens ausgesetzt sein könnte!

Wir brauchen die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Politik auf der Grundlage von Eignung und Leistung. Wir brauchen erfahrene, sachkundige, charakterstarke, mutige und ehrliche Politikerinnen und Politiker, die „sagen, was ist“ und entsprechend handeln! Wir brauchen gute Außenpolitik im Sinne einer an diplomatischen Gepflogenheiten ausgerichteten Realpolitik zur Durchsetzung deutscher Interessen zum Wohle des Volkes!

(23.02.2023)

 

 

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