Hans-Heinrich Dieter

EU ohne Respekt!   (26.02.2025)

 

Die USA nähern sich Russland an und wollen mit einem Friedensdeal den verbrecherischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beenden, bisher ohne den souveränen europäischen Staat hinreichend zu beteiligen und ohne Sicherheitsgarantien geben zu wollen. Die weitere finanzielle und kriegstechnische Unterstützung der Ukraine bis zu einem Waffenstillstand soll alleine Europa leisten und auch nötige Friedensgarantien durch Friedenstruppen sollen ausschließlich durch die EU und sonstige europäische Staaten erbracht werden. Die USA haben die NATO noch nicht aufgekündigt, doch auf die bisherige Partnerschaft der USA mit Europa kann man nicht mehr vertrauensvoll bauen.

Dazu hat der zukünftige Kanzler Merz kürzlich festgestellt: „Für die Europäer ist es höchste Zeit, sich von den USA unabhängiger zu machen und sicherheits-, handels- sowie wirtschaftspolitisch auf eigene Füße zu kommen. Die ganze Last der Verantwortung für die Ukraine und für die künftige Sicherheit auf dem Kontinent liegt jetzt auf europäischen Schultern.“ Dazu braucht es eine handlungsfähige und kriegstüchtige EU – und davon sind wir noch weit entfernt und deswegen genießt die EU auch keinen Respekt der Großmächte!

Denn die EU ist und bleibt zerstritten, sie ist weiterhin gespalten und spricht mit vielerlei Stimmen. Die EU hat kein gemeinsames außenpolitisches Konzept und deswegen auch keine gemeinsamen Vorstellungen, was sie zur Unterstützung der kriegsgeschwächten Ukraine – und möglichen späteren Friedenssicherung - leisten und langfristig auch für Israel und den Nahen Osten erreichen will. Dabei möchte die Europäische Union ein international anerkannter und wirksamer Machtfaktor sein, aber bisher fehlt es ihr an „Weltpolitikfähigkeit“, und das in Zeiten, wo die blockierte UNO als weltpolitischer Akteur immer stärker an Gewicht und Einfluss verliert. Wenn man in Kriegs- und Krisenzeiten Vorschläge machen will, dann muss man als wirkliche Gemeinschaft glaubwürdig und inzwischen auch kriegstüchtig sein. Bevor man sich in der EU aber sinnvoll und mit Aussicht auf langfristigen Erfolg um Kriegstüchtigkeit bemühen kann, muss die EU außen- und sicherheitspolitisch handlungsfähig werden und den Dauerkrisenmodus überwinden!

Da die EU nicht als politische Gemeinschaft handelt, gibt es vielfältige Versuche diesen Mangel auszugleichen. Da gibt es das Weimarer Dreieck aus Deutschland, Frankreich und Polen, das aber bisher nicht viel erreicht hat. Da gab es das Normandie-Format mit den EU-Vertretern Deutschland und Frankreich für die Beilegung des Ukraine-Konflikts, das aber mit Minsk 1 und Minsk 2 gescheitert ist, weil Russland die Abmachungen jeweils gebrochen hat. Da gibt es inzwischen weitere EU-Gruppen um Polen, um den Belangen der osteuropäischen Staaten in der EU stärkeres Gehör zu verschaffen, etc. Und dann gab es noch den deutsch-französischen EU-Motor, der seit längerer Zeit stottert und durch Fehlzündungen stark leistungsgehemmt ist. Wir brauchen in der EU diese wenig erfolgreichen Gruppen nicht wirklich, wir brauchen eine gemeinsam und solidarisch handelnde EU unter einer leistungsfähigen Führung!

Das wird im Zusammenhang mit den Friedensbemühungen um die Ukraine besonders deutlich. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat kürzlich über 20 Staats- und Regierungschefs, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), zu einer Hilfskonferenz für die Ukraine kurzfristig und offensichtlich ohne Absprache mit der EU und der NATO nach Paris eingeladen. Kommissionspräsidentin von der Leyen und der Ratsvorsitzende Costa waren als „Zuhörer“ auch dabei. Zum Auftakt sagte Macron: „Die allgemeine Feststellung heute ist, dass unser aller Sicherheit auf dem Spiel steht.“ Und er fügte hinzu, dass das Auftreten Russlands sich sowohl auf politischer Ebene als auch an der Front in der Ukraine verhärte, wo neue russische Angriffe drohten. Deswegen müsse man bei der Lieferung von Panzern und Raketen schneller und stärker werden: „Also ist alles möglich, wenn es hilfreich ist, um unser Ziel zu erreichen.“ Erreicht wurde bei dieser Sitzung wenig, die nicht eingeladenen EU-Mitglieder waren aber verärgert.

Dann reiste Macron in die USA, um die anstehenden Probleme mit Trump zu besprechen. Die beiden scheinen sich ganz gut zu verstehen, Gesprächserfolge gibt es allerdings bisher nicht. Der französische Präsident hat aber – ohne dass eine Entscheidung über einen solchen Auftrag gefallen ist, die Führungsrolle in der EU übernommen. Und er scheint ein vielversprechenderer Mittler zu sein, als man es sich bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorstellen kann. Das ist aber keine auf Dauer akzeptable Handlungsweise für die Europäische Union.

Die EU muss ihre Struktur grundlegend ändern und darf sich nicht überdehnen. Gleichzeitig darf die EU sich nicht abschotten, sondern muss eine enge politische und wirtschaftliche Zusammenarbeit „einer tiefer integrierten Kern-EU“ zum Beispiel aus EU-Mitgliedstaaten, die auch NATO-Mitglieder sind, schaffen. Voraussetzung für eine Mitgliedschaft ist ein vertragliches Bekenntnis zu unseren Werten und eine Zusicherung solidarischen Verhaltens. Mit anderen europäischen Partnern kann eine Zusammenarbeit auf der Grundlage von Verträgen gewährleistet werden, wie das heute schon bei assoziierten Partnern der Fall ist.

Für die Bewältigung der in dieser Dekade auf Europa zukommenden Probleme brauchen wir schnell eine neue entscheidungsstarke und handlungsfähige „Kern-EU“, denn nur eine solche EU hat die Chance von den autoritären Großmächten ernst genommen und respektiert zu werden!

(26.02.2025)

 

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