Hans-Heinrich Dieter

Einsatz in Niger?   (02.05.2023)

 

Mit einer hochprofessionellen Operation hat die Bundeswehr mehr als 700 Menschen aus dem Sudan gerettet. Die Spezialkräfte des KSK und die spezialisierten Kräfte der Luftlandebrigade 1 sind einsatzfähig. Das ist eine der wenigen guten Nachrichten von unseren Streitkräften.

Denn „die Bundeswehr hat von allem zu wenig,“ und seit dem 24.02.2022 hat die Bundeswehr durch die Material- und Munitionsabgaben an die Ukraine und die Ausbildung der ukrainischen Soldaten noch weniger von allem, ohne dass die Nachbeschaffung bedarfsgerecht geleistet werden kann. Die Lastenbücher der Truppe sind also voller geworden, die Materiallager, die Bekleidungskammern, Munitionsdepots und Ersatzteillager hingegen nicht, auch weil die Bürokratie noch wuchert und der Umbau des Beschaffungswesens gerade erst begonnen hat. Dabei wird allein ein zweistelliger Milliardenbetrag aus dem Verteidigungsetat dringend gebraucht, um die Munitionsbestände für Ausbildung und Einsatz wieder aufzufüllen und Munitionslager zu bauen.

Dazu kommt: „Zu viele Kasernen in Deutschland sind in einem erbärmlichen Zustand.“ Für die Sanierung der Infrastruktur müssten ca. 50 Milliarden Euro aufgebracht werden. Berechnungen zufolge können aufgrund der Materiallage und des Fachkräftemangels pro Jahr nur eine Milliarde Euro investiert werden, sodass die jetzige Infrastruktur der Bundeswehr erst in einem halben Jahrhundert komplett modernisiert wäre. Der Bundeswehr kann es natürlich nicht besser gehen als unserem teilweise desolaten Vaterland.

Die Bundeswehr wurde in den 16 Merkel-Jahren zum „Sanierungsfall“ kaputtgespart und hat sich auf Auslandseinsätze und Friedensmissionen konzentriert. Seit der Annexion der Krim 2014 hat die Landes- und Bündnisverteidigung der NATO wieder an Bedeutung gewonnen, unsere Streitkräfte haben aber dafür nicht die erforderliche Einsatzfähigkeit nach NATO-Kriterien, auch weil Deutschland über die letzten Jahre die NATO-Vereinbarungen, 2 Prozent des BIP in die Verteidigungsfähigkeit zu investieren, nicht erfüllt hat. Bis 2031 sollen die deutschen Streitkräfte wieder für die Bündnisverteidigung einsatzfähig gemacht werden. Dazu wurde das 100 Milliarden Sondervermögen beschlossen und ab 2024 soll – endlich - jährlich mindestens 2 Prozent des BIP in die Bundeswehr investiert werden. Aus all dem wird sehr deutlich, dass der zukünftige Schwerpunkt eindeutig und konsequent auf der Wiederherstellung der Bündnisverteidigung liegen muss!

In der letzten Woche hat der Bundestag beschlossen, dass der Mali-Einsatz bis April 2024 dauern soll und dann nach 13 Jahren erfolglos und sehr teuer – Kosten mehr als 4 Milliarden Euro – ein Ende findet. Um in der Region präsent zu bleiben, hat das Parlament nun die Beteiligung an einer EU-Mission im benachbarten Niger bis zum 31. Mai 2024 gebilligt. Der Bundestag hat damit grünes Licht für die Beteiligung deutscher Soldaten an der neuen EU-Partnerschaftsmission in Niger (EUMPM Niger) gegeben. Die Bundeswehr darf bis zu 60 Männer und Frauen entsenden, um in dem westafrikanischen Land einen Beitrag zur Ausbildung und zum weiteren Aufbau der nigrischen Streitkräfte zu leisten, die im Kampf gegen islamistische Terroristen und bewaffnete Banden stehen.

Das Dreiländereck zwischen Mali, Niger und Burkina Faso ist zu einer der gefährlichsten Regionen der Welt geworden. Militante islamistische Rebellen breiten sich ausgehend vom Norden Malis seit 2012 in der Region aus. Mali wird seit Jahren von der Gewalt dschihadistischer Milizen erschüttert und ist seit 2020 Militärdiktatur. Frankreich hat versucht, – von Deutschland mit Aufklärung unterstützt - den Terror in der Sahel-Zone von Mali aus zu bekämpfen und ist weitgehend gescheitert. Die Militärregierung hat sich außerdem in letzter Zeit von Frankreich ab- und Russland zugewandt. Frankreich hatte daraufhin im August 2022 seine letzten Soldaten aus Mali abgezogen. Deutschland hätte sich dem anschließen sollen. Denn der Einsatz unserer Bundeswehr in Mali ist durch den Abzug Frankreichs nicht nur gefährlicher geworden, sondern er ist auch Zeit- und Geldverschwendung, weil er keinen Sinn mehr macht und die Militär-Junta die Auftragserfüllung des deutschen Kontingentes sogar behindert. Und es macht doch wohl wirklich keinen Sinn, wenn man sich nur selbst bewacht – und mit dem Schutz der Zivilbevölkerung hat das auch nichts zu tun!

EUMPM Niger wurde beauftragt, die nigrischen Streitkräfte bei einem Kapazitätsaufbau zu unterstützen. Drei Projekte sollen den Kern bilden: der Aufbau einer technischen Schule, eine spezialisierte Ergänzungsausbildung für bestehende Verbände sowie der Aufbau eines Führungsunterstützungsbataillons. Eine Beteiligung an Kampfeinsätzen ist natürlich ausdrücklich ausgeschlossen. Da muss man sich fragen, was 60 deutsche Soldaten bewirken können, wenn es um „die Mitwirkung an der Führung und Planung“ der EUMPM sowie um die „Unterstützung bei der Verbesserung der operativen Fähigkeiten“ der Streitkräfte Nigers gehen soll.

Eine klar definierte deutsche Zielsetzung gibt es wiederum nicht, der Auftrag ist schwammig formuliert und das Operationsgebiet riesengroß. Denn das gesamte „Staatsgebiet der Republik Niger“, also 1,3 Millionen Quadratkilometer, hat knapp viermal die Größe Deutschlands. Mit welchen europäischen Partnern kooperiert werden soll, steht noch nicht fest und die Ausbildung von Spezialisten der nigrischen Streitkräfte durch „mobile Teams“ ist nicht definiert und wo diese Teams operieren sollen, ist unklar. Und in dem „Mandat“ heißt es auch: man werde „Lehren aus früheren militärischen Engagements in Afghanistan und Mali“ ebenso einfließen lassen wie „den Ansatz der integrierten Sicherheit“ der Nationalen Sicherheitsstrategie. Dass man aus Afghanistan und Mali gelernt hat, lässt sich überhaupt nicht erkennen und die „Nationale Sicherheitsstrategie“ lässt auf sich warten!

Die Ampel-Regierung hat keine erkennbaren Ziele für die Sahel-Region und offenbart ihre Planlosigkeit erneut beim nächsten Bundeswehr-Einsatz in Afrika und das Parlament macht das mit!

Und sollten die 60 deutschen Soldaten nach 2 bis 3 Jahren erfolglosem Einsatz evakuiert werden müssen, dann werden wohl auch an die 600 Ortskräfte ausgeflogen und sozial abgesichert werden müssen.

Schluss mit sicherheitspolitischen Geldverschwendungen, volle Konzentration auf Bündnisverteidigung!

(02.05.2023)

 

Bei Interesse lesen Sie auch:

https://www.hansheinrichdieter.de/html/rausausmali.html

 

 

nach oben

 

zurück zur Seite Klare Worte