Hans-Heinrich Dieter

Deutsches Raketenschutzschild?   (30.03.2022)

 

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine prüft Deutschland derzeit den Kauf des israelischen Raketenabwehrsystems „Arrow 3“, um einen „gewalttätigen Nachbarn“ „mit Stärke abzuschrecken“. Bundeskanzler Scholz (SPD) und Bundeswehr-Generalinspekteur Zorn hatten bereits vergangene Woche darüber beraten, wie das 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen zur Stärkung der Truppe konkret verwendet werden soll und dabei wurde auch diese Möglichkeit diskutiert.

Das israelische System würde zwei Milliarden Euro kosten. Da es marktverfügbar ist, könnte es bereits 2025 einsatzfähig sein. Für den Raketenschutzschirm würden danach an drei Standorten in Deutschland Flugkörper-Radarsysteme vom Typ „Super Greene Pine“ stationiert, die ihre Daten an den nationalen Gefechtsstand im nordrhein-westfälischen Uedem senden. Von dort könnten dann die Arrow 3-Raketen eingesetzt werden. Entscheidungen sind noch nicht gefallen. Doch zur Entscheidungsvorbereitung sind in dieser Woche Verteidigungspolitiker des Deutschen Bundestages, dabei die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Strack-Zimmermann, zu Gesprächen nach Israel gereist, um von Israel zu lernen und sich beraten zu lassen. Das alles hört sich an wie eine nationale Abschreckungsinitiative – im Alleingang. Und das ist nicht der richtige Ansatz!

Die Lage in Israel ist nicht vergleichbar mit der Lage Deutschlands im Herzen Europas als NATO-Mitglied. Alle Daten zu Arrow 3 sind bei der NATO verfügbar, da muss man nicht auf „Einkaufstour“ fliegen. Und auch mit 2025 einsatzbereiten Arrow 3 kann Deutschland einen Aggressor wie Putin nicht abschrecken. Abschrecken auf strategischer Ebene kann nur die NATO, einschließlich der nuklearen Fähigkeiten der USA. Und die NATO macht in der Russlandkrise vor, wie das erklärte Ziel Abschreckung erreicht werden kann: Verstärkung der NATO-Ostflanke durch weitere Kampftruppenkontingente sowie Flugabwehr-Raketensysteme und durch erhöhte Flottenpräsenz in der Ostsee sowie durch verstärkte Luftraumüberwachungs- und verteidigungs-Systeme mit Schwerpunkt in den baltischen Staaten und in Polen. Putin versteht diese klaren Signale in Verbindung mit der Feststellung Stoltenbergs, dass die NATO jeden Meter des NATO-Bündnisgebietes verteidigen wird, offenbar richtig.

Strategische Sicherheit können auf lange Zeit nur die USA mit ihrem Nuklearen Schutzschirm für Europa gewährleisten. Die Bündnisverteidigung der westlichen Demokratien wird auf lange Zeit nur durch eine Einsatzfähigkeit der Streitkräfte aller 30 Mitgliedstaaten geleistet werden können, dazu müssen alle Kraftanstrengungen gebündelt werden. Und da muss sich Deutschland solidarisch und engagiert einbringen. Sicherheitspolitische „Alleingänge“ verbieten sich da!

Deswegen muss die Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit der deutschen Streitkräfte nach NATO-Kriterien bis 2031 im Mittelpunkt aller Überlegungen stehen und zur Erreichung dieses Ziels wird auch ein Großteil der 100 Milliarden des Sondervermögens der Bundeswehr gebraucht werden. Wenn nach intensiven Gesprächen mit der NATO eine neue Raketenabwehrfähigkeit Deutschlands mit Arrow 3 in die Strukturen der gemeinsamen NATO-Luftverteidigung integriert werden kann und so die gemeinsame NATO-Abwehrfähigkeit verstärkt sowie die Abschreckungswirkung erhöht, dann macht ein solcher deutscher Beitrag Sinn und die veranschlagten zwei Milliarden Euro wären gut angelegt. Und warum Kanzler Scholz und deutsche Verteidigungspolitiker von einem deutschen Raketenschutzschirm sprechen, ist ohnehin nicht zu verstehen, denn das NATO-Mitglied Deutschland ist Teil der integrierten Luftverteidigung der NATO, die den Luftraum über Nordeuropa überwacht sowie die Flugabwehr für die Allianz koordiniert. Dazu wird in Uedem das Combined Air Operations Center (CAOC) der NATO einsatzbereit gehalten.

Strategische Sicherheit können auf lange Zeit nur die USA mit ihrem Nuklearen Schutzschirm für Europa gewährleisten. Die Bündnisverteidigung der westlichen Demokratien wird auf lange Zeit nur durch eine Einsatzfähigkeit der Streitkräfte aller 30 Mitgliedstaaten geleistet werden können, dazu müssen alle Kraftanstrengungen gebündelt werden. Da verbieten sich Alleingänge!

Es ist gut, dass die NATO – auch durch die Russland-Krise beeindruckt - weitgehend geschlossen ist, konsequent handelt, mit den USA intensiv und mit der EU vermehrt zusammenarbeitet, um den Frieden in Europa so weit wie möglich zu bewahren und um dazu beizutragen, den Frieden vollständig wiederherzustellen. Da muss sich Deutschland kraftvoll und solidarisch einbringen!

(30.03.2022)

 

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