Vollmundig und übermütig (06.08.2024)
Bundesverteidigungsminister Pistorius (SPD) hat eine Woche lang den Indopazifik bereist. Während seines Aufenthalts in Hawaii nahmen deutsche Soldaten am weltweit größten See-Manöver teil. Da kann man die Marine schon einmal auf einer Fregatte begleiten.
In Camp Humphreys südlich von Seoul waren danach die deutsche Nationalhymne und Salutschüsse zu hören: Mit einer militärischen Zeremonie auf dem US-Truppenstützpunkt wurde der Beitritt Deutschlands zum United Nations Command (UNC) offiziell gemacht. Damit beteiligt sich die Bundesrepublik künftig an der Überwachung des Waffenstillstands zwischen Süd- und Nordkorea. Sie wird 18. Mitgliedsland des so genannten UNC-Mechanismus der Vereinten Nationen. Deutschland zeige mit dem Beitritt einmal mehr, dass Südkorea ein Wertepartner für die Bundesrepublik sei, sagte Verteidigungsminister Pistorius. Mit dem heutigen Beitritt zum UNC trage man einen Teil zur Stabilität auf der koreanischen Halbinsel bei. Die Einzelheiten der Mission sind natürlich noch offen!
Dann reiste Pistorius nach Manila weiter. Deutschland und die Philippinen wollen ein militärpolitisches Abkommen schließen. Auch hier sind die Einzelheiten natürlich noch offen. Der philippinische Verteidigungsminister Teodoro sprach allerdings davon, dass er mit Deutschland zusammenarbeiten wolle bei Rüstungsprojekten, bei Ausbildung und Training von Soldaten und bei der militärischen Cybersicherheit. Und Pistorius ergänzte eine mögliche Zusammenarbeit auch in den Bereichen Luftabwehr, Marineverteidigung und militärischer Lufttransport. Angesichts des zunehmenden Drucks durch die chinesische Marine auf die Philippinen wäre ein solches militärpolitisches Abkommen mit Deutschland ein großer diplomatischer Gewinn für die Regierung in Manila.
Pistorius betonte immer wieder, dass er mit seiner Asien-Pazifik-Reise zwei Botschaften aussenden wolle: Erstens, dass Deutschland auf der Seite der Staaten im Indopazifik stehe, die für die regelbasierte internationale Ordnung einträten. Denn die Sicherheit und Stabilität im Asien-Pazifik-Raum seien eng verknüpft mit Europa. Und er ergänzte, dass dies noch nicht überall in Europa angekommen sei. „Deswegen ist das die zweite Richtung der Botschaft, die von dieser Reise ausgeht, nämlich auch in Richtung Heimat zu sagen: Das, was wir hier tun, ist richtig und notwendig, um unser aller Sicherheit auch in Zukunft zu gewährleisten.“ Das klingt vollmundig und ein wenig übermütig!
Der Bundestag und die interessierte Öffentlichkeit wird von solchen Zusagen und Vorhaben – wie schon beim Stationierungsvorhaben einer deutschen Brigade in Litauen – überrascht. Und wenn Vorhaben, die teilweise auch der Zustimmung des Parlamentes bedürfen, in unserer parlamentarischen Demokratie nicht hinreichend diskutiert sind, haben sie in der Regel wenig Aussicht auf Erfolg. Natürlich müssen wir uns auch im Indo-Pazifik engagieren, doch mit Schwerpunkt außenpolitisch.
Wir haben Krieg in Europa und werden durch das aggressive Russland zunehmend bedroht. Wir müssen die Ukraine in ihrem Kampf für Freiheit und Unabhängigkeit nach Kräften unterstützen. Und wir müssen kriegstüchtig werden und dafür die deutschen Streitkräfte für die Landes- und Bündnisverteidigung im Rahmen der NATO so schnell wie möglich wieder einsatzfähig machen. Das erfordert viel Kraft, starken Einsatz und Schwerpunktbildung!
Denn „die Bundeswehr hat - immer noch - von allem zu wenig,“ aber seit dem 24.02.2022 hat die Bundeswehr durch die Material- und Munitionsabgaben an die Ukraine und die Ausbildung der ukrainischen Soldaten noch weniger von allem, ohne dass die Nachbeschaffung bedarfsgerecht geleistet werden kann.
Die Bundeswehr leidet außerdem unter Personalnot. Die Personalstärke lag zum Ende des Jahres 2022 bei knapp über 183.000 - und damit unter dem Niveau von 2021 und deswegen ist es noch ein langer Weg bis zur Erreichung der Zielmarke 203.000 im Jahr 2031. Die Soldatinnen und Soldaten haben außerdem täglich mit dem Mangel zu kämpfen. Das macht die Truppe weniger attraktiv und das ist mit ein Grund für die sehr hohe „Absprungrate“ im ersten halben Jahr der Ausbildung und das verhindert den dringend erforderlichen Aufwuchs von gut qualifiziertem Personal.
Und nun hat Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) erneut mehr Geld für den Haushalt 2025 gefordert, nämlich eine Erhöhung von 6,7 Milliarden Euro, bekommen hat er 1 Milliarde zusätzlich. Und seinen Parteikollegen, ob im Kanzleramt oder Fraktion, sind die Wünsche bisher herzlich egal. Nicht mal beim Betrieb eines wichtigen Gefechtsübungszentrums kann Pistorius die Interessen der Bundeswehr durchsetzen. Und so ist weiterhin völlig unklar, wie die nötige Verdopplung des Etats auf 90 bis 100 Milliarden Euro nach dem Auslaufen des sogenannten Sondervermögens nach 2027 erreicht werden soll. Hier zeichnet sich erneut ab, dass Pistorius sich wohl nur unzureichend durchsetzen kann. So bleibt Deutschland wohl noch eine Weile ein „sicherheitspolitischer Zwerg!“ Und ein „sicherheitspolitischer Zwerg“ sollte sich mit Ankündigungen und weitreichenden Abmachungen zurückhalten, solange die mittelfristige Finanzplanung die Wiederherstellung der Einsatzfähigkeit unserer Streitkräfte nicht verlässlich gewährleistet. Wir dürfen uns nicht verzetteln und müssen uns auf die Gewährleistung der inneren und äußeren Sicherheit Deutschlands im Rahmen der NATO und der EU konzentrieren!
(06.08.2024)
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