Offensive Kursk (12.08.2024)
Seit fast einer Woche rücken Kiews Truppen in der russischen Grenzprovinz Kursk vor. Dass die Russen die Kontrolle noch immer nicht zurückgewonnen haben, untergräbt das Image des Neo-Stalinisten Putin als starken Mann, der für Sicherheit der Russen sorgt. Nach offiziellen Angaben sind 120.000 russische Einwohner zu Flüchtlingen geworden.
Die russischen Streitkräfte haben sich von der Überrumpelung durch die ukrainische Offensive in der Grenzprovinz Kursk noch immer nicht erholt und zeigen bei ihrer Gegenwehr große Mühe. Die Offensive im Gebiet Kursk hat sich verlangsamt, aber Moskau ist weit davon entfernt, die Kontrolle zurückzugewinnen.
Eine ukrainische Militärpräsenz ist inzwischen auf rund 500 Quadratkilometern russischen Territoriums nachweisbar. Das ist nicht gleichbedeutend mit einer völligen Kontrolle, denn vielerorts bleibt die Lage unübersichtlich. Aber in manchen Dörfern hissten die Ukrainer am Wochenende seelenruhig ihre Fahnen an öffentlichen Gebäuden und markierten damit die Vertreibung der russischen Streitkräfte. Weiterhin umkämpft ist offenbar der Bezirkshauptort Sudscha.
Beim ukrainischen Vorstoß kommt auch westliches Militärgerät zum Einsatz. Dies entfacht erneut die Debatte um deren Verwendung gegen Ziele in Russland. Dass die Ukraine gemäß dem humanitären Völkerrecht berechtigt ist, auch in Russland militärische Ziele anzugreifen, ist unbestritten. Die Zurückhaltung hauptsächlich Washingtons und Berlins im Hinblick auf den Einsatz westlicher Waffen gegen Ziele in Russland wurde vor allem mit der Sorge vor einer weiteren Eskalation begründet, die zu einer direkten Konfrontation zwischen der NATO und Russland führen könnte.
Erst der brutale russische Angriff gegen Charkiw im Mai 2024 änderte diese Haltung ein wenig. Russland hatte während Wochen in Grenznähe Truppen zusammengezogen und den Angriff vorbereitet. Den ukrainischen Verteidigern waren aber die Hände gebunden, bis die russischen Soldaten tatsächlich die Grenze überschritten. Und so konnten die logistischen Einrichtungen, Waffenlager, Flugplätze der Russen von der Ukraine nicht angegriffen werden, um den russischen Angriffserfolg zu beeinträchtigen. Das hatte auch die Vernichtung zahlreicher ukrainischer Zivilziele zur Folge. Seither gilt die Weisung, dass westliche Technik auf russischem Boden eingesetzt werden darf, wenn unmittelbar ein Angriff droht.
Weiterhin nicht erlaubt ist jedoch der Einsatz von Waffen mit großer Reichweite, wie ATACMS-Raketen, für Ziele tief im russischen Hinterland. Dies unterstrich das amerikanische Außenministerium am vergangenen Donnerstag erneut.
Die NATO und vor allem Deutschland sollten ihre Haltung überdenken. Da es gemäß dem humanitären Völkerrecht der Ukraine erlaubt ist, auch in Russland militärische Ziele anzugreifen, sollten auch westliche Waffen gegen russische Militärziele in Russland eingesetzt werden dürfen. Denn die westlichen Waffen gehören nach der Übergabe an die Ukraine den ukrainischen Streitkräften. Ein Einsatz westlicher Waffen gegen russische logistische Einrichtungen, gegen Flugplätze und Bereitstellungsräume für russische Angriffstruppen auf russischem Boden würden die Erfolgsaussichten der ukrainischen Verteidigung erheblich verbessern und auch die Angriffe auf ukrainische Zivilziele reduzieren.
Deutschland sollte die „sozialdemokratische Sorge“ vor einer weiteren Eskalation, die zu einer direkten Konfrontation zwischen der NATO und Russland führen könnte, überwinden. Denn die russischen Streitkräfte haben sich bisher nicht sehr schlagkräftig und erfolgreich eingebracht – die russischen Streitkräfte und Putin müssten sich eigentlich schon jetzt schämen! Die NATO ist zu stark für Russland, um zu einem „Vergeltungsschlag“ gegen sie auszuholen zu können. Und auch die Angst vor dem Einsatz russischer Nuklearwaffen ist übertrieben, denn noch leben wir unter dem US-Nuklearschirm – und wer als erster Nuklearwaffen einsetzt, stirbt als zweiter!
Deutschland sollte endlich Taurus-Raketen an die Ukraine liefern, die Ukraine nach Kräften weiter unterstützen und die wehrfähigen männlichen ukrainischen Flüchtlinge im Zusammenwirken mit der Ukraine und der EU in die Ukraine zurückschicken, denn dort werden sie gebraucht und außerdem haben diese Ukrainer gegen das Gesetz verstoßen, weil sie nach Kriegsbeginn widerrechtlich die Ukraine verlassen haben.
Viele Menschen in der Ukraine hoffen nun, dass das Vorrücken in Russland den Druck auf die Truppen in der Ostukraine mindern kann. Ob die risikoreiche Operation der ukrainischen Armee aber erfolgreich ist, das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beurteilen. Die Ukraine wird sich aber nur als unabhängiger Staat erhalten lassen, wenn die westliche Wertegemeinschaft das europäische Land weiter nach Kräften unterstützt.
(12.08.2024)
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