Hans-Heinrich Dieter

Gauck mit dem Schwert   (16.06.2014)

 

Bundespräsident Gauck ist mutig und konsequent. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz zog er in seiner außenpolitischen Rede zur Rolle und Verantwortung Deutschlands in der Welt das Fazit: „Die Bundesrepublik sollte sich als guter Partner früher, entschiedener und substantieller einbringen.“ Bei seinem Staatsbesuch in Indien setzt er sich dann konsequent für eine Reform des UN-Sicherheitsrates ein. „Das Gremium sollte die Realitäten der heutigen Welt spiegeln, nicht die von 1945“, betonte er in Delhi. Das ist nur folgerichtig, denn wer sich in den Krisen der Welt stärker einbringen soll und will, der muss auch mitentscheiden können.

Jetzt hat sich der Bundespräsident Gauck in einem Interview mit dem Deutschlandfunk erneut für eine aktivere Rolle Deutschlands in der Welt ausgesprochen. Die Bundesrepublik solle ihre früher gut begründete Zurückhaltung ablegen…und im „Kampf für Menschenrechte oder für das Ãœberleben unschuldiger Menschen ist es manchmal erforderlich, auch zu den Waffen zu greifen.“

Dafür wird er von Politikern der SPD und der Opposition ziemlich scharf angegriffen und von hauptsächlich linken Medien gescholten. „Kläglich, dass Gauck sich von der Pflugschar verabschiedet hat und laufend das Schwert schwingen will." (Volksstimme, Magdeburg) Und die TAZ, Berlin meint: "Wo es um Menschenleben geht, verbietet sich Schwadronieren.“ und hält Gauck für eine „Fehlbesetzung“, der „haltlose Reden über deutsche Außenpolitik“ von sich gibt. Aber auch Journalisten verstehen halt meist nur das, was sie kognitiv können und subjektiv wollen.

Dabei formuliert der Bundespräsident ja keine neue, kriegstreiberische Außenpolitik. Wir erinnern uns, dass Außenminister Steinmeier bei der Münchner Sicherheitskonferenz gesagt hat: "Deutschland ist eigentlich zu groß, um Weltpolitik nur von der Außenlinie zu kommentieren", und ergänzt fast in der Wortwahl des Bundespräsidenten, Deutschland müsse bereit sein, sich außen- und sicherheitspolitisch früher, entschiedener und entschlossener einzubringen. Und Steinmeier will Deutschland zum Impulsgeber für eine gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik machen, wobei der Einsatz von Militär aber immer nur das letzte Mittel sein dürfe. Auch Bundespräsident Gauck sieht den Einsatz der Bundeswehr immer als „ultima ratio“. Also handelt es sich eher um einen populistischen Sturm im medialen und parteipolitischen Wasserglas!

Denn es ist im Grunde hilfreich und gut, wenn das deutsche Staatsoberhaupt der bisher ziemlich erfolglosen, eher etwas verschämt wirkenden, immer nur „mitmachenden“ deutschen Außenpolitik etwas Unterstützung anbietet, an dieser Thematik dranbleibt und vor allen Dingen eine außen- und sicherheitspolitische Diskussion anregt: „Das Gespräch darüber, wie, wo und wann wir unsere Werte und unsere Sicherheit verteidigen wollen, führt uns zu mehr Klarheit über Maß und Ziel von Deutschlands internationalem Engagement.“ Das ist in diesem Zusammenhang das eigentliche Ziel des Bundespräsidenten und auch seines Amtes.

Zwischen Reden auf der Münchner Sicherheitskonferenz, Interviews des deutschen Staatsoberhauptes und realer Politik in Berlin gibt es naturgemäß Unterschiede. Aber die deutsche Politik wird in dieser Legislaturperiode von europäischen und internationalen Partnern an ihren Worten gemessen werden – und dann wird Deutschland im Hinblick auf die geweckten Erwartungen möglicherweise als zu leicht befunden werden, weil die politischen Voraussetzungen und die militärischen Fähigkeiten für ein stärkeres internationales Engagement noch nicht hinreichend geschaffen sind.

Die „reale Politik“, unterstützt durch ernst zu nehmende Medien, sollte deswegen die Anregung des Bundespräsidenten aufgreifen und eine intensive sicherheitspolitische Diskussion und öffentliche Debatte darüber führen, nach welchen Kriterien Deutschland sich zukünftig - auch militärisch - in der Welt engagieren will und welches unsere vitalen Interessen, was unsere Ziele in der deutschen Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik im europäischen und internationalen Rahmen sind, sowie welche Konzepte und Strategien dafür entwickelt werden müssen, dann kann sich aus einer sehr zurückhaltenden, wenig souveränen deutschen Außenpolitik eine fundierte und vernetzte deutsche Außen- und Sicherheitspolitik entwickeln, die der Rolle Deutschlands in der Welt entspricht. Dazu gehört dann allerdings auch, dass die Instrumente deutscher Außen- und Sicherheitspolitik entsprechend befähigt werden und die politischen Rahmenbedingungen für ein verlässliches Engagement geschaffen werden. Wir brauchen dringend „Klarheit über Maß und Ziel von Deutschlands internationalem Engagement.“ Das wird politisch und gesellschaftlich sehr spannend und sehr schwierig werden.

Bundespräsident Gauck muss daher vermeiden, missverstanden zu werden und er muss alles daran setzen, die Bevölkerung, die mehrheitlich gegen militärisches deutsches Engagement eingestellt ist, auf diese notwendige gesellschaftliche Debatte vorzubereiten und „mitzunehmen“. Das Schwert des Bundespräsidenten ist das klare Wort. Dieses Schwert sollte er weiter mutig schwingen.

(16.06.2014)

 

 

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