Hans-Heinrich Dieter

Förderung der Altersarmut   (11.07.2021)

 

Die Europäische Zentralbank hat am letzten Donnerstag ihr Inflationsziel geändert. Bisher wurde eine jährliche Teuerungsrate von „unter, aber nahe zwei Prozent“ angestrebt. Dieses Ziel wurde nun auf „glatte“ zwei Prozent erhöht. Zugleich gewährten sich die sogenannten „Währungshüter“ mehr Handlungsfreiheit, denn zeitweise „moderat über dem Zielwert“ liegende Raten sollen künftig nicht sofort zu Zinserhöhungen führen. Das Inflationsziel von zwei Prozent ist also nicht länger die strikt zu berücksichtigende Obergrenze für die „Altersarmutförderer“, wie die vermeintlichen Währungshüter richtigerweise genannt werden sollten! Für die Zocker an den Börsen ist das eine gute Nachricht. Den hoch überschuldeten Staaten Südeuropas – allen voran Italien, Frankreich und Spanien – fällt ein Stein vom verschuldeten Herzen, denn die EU-Staaten profitieren von dieser Zinspolitik, weil sie in den vergangenen Jahren ihre Schulden-Zinslast erheblich mindern konnten. Und so schauen alle EU-Staaten zu, wenn die EZB unzulässigerweise ihre Grenzen überschreitet, Finanzpolitik betreibt und den Euro entwertet.

Für Sparer, Anleger und Versicherer bedeutet das aber, dass die ultralockere Geldpolitik fortgesetzt wird und die geldentwertenden Inflationsraten steigen werden. Mit dem guten alten Sparen ist der eigene Wohlstand nicht mehr zu sichern und schon überhaupt nicht zu mehren. Denn die Banken geben die Zinsen, die sie bei der Europäischen Zentralbank für das Hinterlegen von Geld bezahlen müssen, mehr und mehr an die Sparer weiter. Und das, obwohl Paul Kirchhof, Professor für öffentliches Recht und Steuerrecht an der Universität Heidelberg und ehemaliger Richter des Bundesverfassungsgerichts, das Belegen von Bankeinlagen durch die EZB mit Zinsen in Höhe von Minus 0,5 Prozent für einen Verstoß gegen die Verfassung und gegen Europarecht hält, weil Sparer mit dem Negativzins enteignet werden, obwohl der Staat prinzipiell nicht auf Privateigentum zugreifen darf. Und der arrogante Rat von Bankern und auch manchen Politikern an sparende Rentner und ältere Bürger, ihr Geld an der Börse anzulegen, ist wenig zielführend, weil Kleinanleger die jeweilige Börsenentwicklung weder beeinflussen noch beurteilen können, sondern den Machenschaften von Großkapitalzockern, Leerverkäufern, CumEx-Spezialisten sowie provisionsgierigen Anlagenberatern ausgeliefert sind.

Deutschland schaut dieser Finanzpolitik, die die Altersarmut in Deutschland fördert, kritiklos zu und auch die EU unternimmt nichts gegen die übergriffige EZB, weil diese Politik die derzeitige Entwicklung der EU vom Gläubiger zur Schuldenunion begünstigt.

Vorteile haben letztlich nur die finanzpolitischen Akteure. Der ehemalige EZB- Präsident Draghi wurde für seine Italien stark begünstigende Finanzpolitik politisch belohnt. Seine Nachfolgerin Lagarde wurde von Macron durchgesetzt und wird sicher später für eine frankreichfreundliche Politik belohnt werden. Und die jetzt bereits existierende Finanzblase wird kräftig weiter aufgepustet und sich zu einer EU-Finanzkrise entwickeln, die dann die europäischen Steuerzahler auszubaden haben!

(11.07.2021)

 

Bei Interesse an der Thematik lesen sie auch:

http://www.hansheinrichdieter.de/html/wertevergesseneeu.html

 

 

nach oben

 

zurück zur Seite Kommentare