Hans-Heinrich Dieter

Keine Schuldenunion!   (12.07.2020)

 

Kurz vor der Ãœbernahme der EU-Ratspräsidentschaft hat Angela Merkel mit Emanuel Macron einen 500-Milliarden-Euro schweren Solidaritätsfonds aus einem französischen  Hut gezaubert. Vor zehn Jahren hätte Merkel einen solchen Fonds noch als Schritt in eine Haftungsunion strikt abgelehnt.

Die 500 Milliarden Euro sollen im Merkel-Macron-Modell vor allem aus Krediten kommen, die von der EU-Kommission, sozusagen gemeinsam für die gesamte Europäische Union, aufgenommen werden. Die EU-Kommission wäre damit ein Schuldner und das ist nach den EU-Verträgen nicht zulässig.

Da lässt sich die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen natürlich nicht lumpen und legt auf diese 500 Milliarden Euro „Schenkungen“ noch 250 Milliarden drauf, die als günstige Kredite vergeben werden sollen. Diese gewaltige Summe will die EU-Kommission am Finanzmarkt aufnehmen, die Verantwortung sollen dann die 27 Mitgliedstaaten tragen, die dem Schuldenplan noch zustimmen müssen. Die Schulden sollen dann ab 2028 über den EU-Haushalt „abgestottert“ werden. Und das wird sich voraussichtlich bis 2058 hinziehen. Unsere Enkel und Urenkel, die es wegen der demographischen Entwicklung schon sehr schwer haben werden, die Rente der immer älter werdenden Bevölkerung zu finanzieren, werden dann übermäßig großen Belastungen ausgesetzt sein.

Die ins Auge gefasste Schuldenunion ist nicht die erste 180°-Wende der Kanzlerin zu Lasten der deutschen Bevölkerung. Da waren der kopflose Ausstieg aus der Kernenergie und die konzeptionslose und politisch unzureichend unterstützte Energiewende, die bisher hauptsächlich die Bürger finanziell belasten und dazu führen, dass Deutschland seine selbstgesteckten Klimaziele wohl nie erreichen wird.

Und wir erinnern uns an die Staatsschuldenkrise vor zehn Jahren als die Existenz des Euro auf dem Spiel stand. Deutschland sah sich damals als Brandbekämpfer und predigte den Mitgliedstaaten Wirtschaftsstrukturreformen. Das hat in den südeuropäischen Staaten zu Hass und Hetze gegen Deutschland geführt, das angeblich unsolidarisch nur Austeritätspolitik kennt. Finanzminister Schäuble wurde als „Zuchtmeister“ und schlimmer verleumdet. Merkel wurde von Teilen unserer südeuropäischen „Freunde“ mit Hitlerbart und SS-Uniform verunstaltet. So möchte Frau Merkel natürlich nicht in die Geschichtsbücher eingehen und natürlich auch nicht als „lame duck“, sondern eher als „Weltenlenkerin“ – wie Frau Dunz von der Rheinischen Post liebedienerisch formuliert – oder besser als „Mrs. Europa“ in den Geschichtsbüchern gewürdigt werden. Die mögliche Würdigung des eigenen Egos rechtfertigt für Merkel offensichtlich die Abkehr vom richtigen und mit den EU-Verträgen konformen Weg zu Lasten unserer Enkel. Aber an die wird die vielfach verkannte „Mutti Merkel“ nicht denken, denn sie hat weder Kinder noch Enkel!

Die EU hat 27 Mitgliedstaaten und die haben sich teilweise schon gegen diese Planungen gestellt. Österreich, Niederlande, Schweden und Dänemark fordern, dass die EU nur rückzahlbare Kredite und keine Zuschüsse ausgibt. Sie argumentieren außerdem, dass die Hauptschenkungsempfänger Italien, Spanien und Frankreich schon vor Corona unsolidarisch gegen den EU-Stabilitätspakt gehandelt und es schon vor der Pandemie unsolidarisch versäumt haben, Strukturreformen zu realisieren. Sie sind für ihre schlechte wirtschaftliche Lage schon vor Ausbruch von Corona selbst verantwortlich! Außerdem fordern die vier EU-Mitglieder, dass wenn „Zuschüsse“, dann nur begrenzt, kontrolliert und projekt-bezogen gewährt werden. Die sogenannten „sparsamen Vier“ Österreich, Niederlande, Schweden und Dänemark sollten fairerweise „die realpolitischen Vier mit gesundem Menschenverstand“ genannt werden!

Der Wortgewaltigste und Konsequenteste der Vier, Sebastian Kurz, hat vor dem EU-Gipfel zu den Corona-Hilfen der FAZ ein Interview gegeben und Bedingungen gestellt: Europa soll in Digitalisierung, Klimaschutz, Reformen investieren – und einen CO2-Zoll einführen. Und im Zusammenhang mit seinen Erwartungen im Hinblick auf die deutsche Ratspräsidentschaft meinte er: „Es ist gut, dass in dieser sehr fordernden Phase ein starkes Land wie Deutschland diese Funktion innehat, mit einer erfahrenen Regierungschefin wie Angela Merkel an der Spitze. Sie hat sich anlässlich des Ratsvorsitzes unlängst bei mir gemeldet, und wir haben ein ausführliches Telefonat geführt. Mir ist wichtig, dass wir als Europäische Union nicht nur gut durch die Gesundheitskrise kommen, sondern auch langfristig Wettbewerbsfähigkeit gewinnen.“ Und er fasst seine Haltung zusammen: „Eine Schuldenunion wird es mit uns nicht geben!“ Merkel sollte sich ruhig etwas öfter mit Kurz austauschen, das könnte sich positiv für Deutschland und seine Bürger auswirken!

Wir alle erleben, wie unsere soziale Marktwirtschaft mehr und mehr und natürlich mit dem Hinweis auf „Alternativlosigkeit“ und erforderliche Solidarität – auch mit denen, die schon vor Corona schlecht gewirtschaftet und gegen die Regeln verstoßen haben - in eine Art sozialistische Staatswirtschaft verändert wird. Das sollten wir nicht zulassen. Kurzfristige Liquiditätsunterstützung durch günstige Kredite zur Ankurbelung der Wirtschaft müssen sein, milliardenschwere Schenkungen an Staaten und Unternehmen erzeugen hingegen eine Schulden- und Vertrauenskrise!

Wenn die EU eine gute Zukunft haben will, muss sie strukturell reformiert sowie handlungsfähig gemacht werden – darf sich aber nicht zu einer Schuldenunion entwickeln!

(12.07.2020)

 

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http://www.hansheinrichdieter.de/html/schuldenunion.html

 

 

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