Hans-Heinrich Dieter

Antiwestliche Allianz   (08.07.2022)

 

Die westlichen Demokratien haben China als „Herausforderung“ erkannt, sehen inzwischen in der aufstrebenden Weltmacht einen „systemischen Rivalen“ und haben sehr vorsichtig begonnen, die bisher stark unterschätzte Abhängigkeit von China zu reduzieren. Wie hat sich das entwickelt?

Die Vetomacht China blockiert in letzter Zeit geradezu regelmäßig zusammen mit der Vetomacht Russland Resolutionen des Weltsicherheitsrates und macht so die UNO handlungsunfähig. China unterstützt den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aus taktischen Gründen nicht, arbeitet aber sonst eng mit Russland zusammen. Der Neo-Stalinist Putin will möglichst große Teile der Sowjet-Union regenerieren und ein russisches Sowjetreich wieder von einer „Regionalmacht“ zu einer Weltmacht entwickeln – in diesem Zusammenhang will er auch die Ukraine zu einem Teil des neuen Russlands machen. Der kommunistische Diktator Xi verfolgt eine ähnliche Politik im südchinesischen Meer und betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, die möglichst bald in das chinesische Weltreich einverleibt werden soll. China ist gegenüber Taiwan fortwährend aggressiv und wird von den USA derzeit noch in Schach gehalten – außerdem gibt die Geschlossenheit der westlichen Welt und die zunehmende internationale Isolierung Russlands China sicherlich zu denken und hält Xi von weitergehenden Aggressionen gegenüber Taiwan zurück. Und auch mit seiner Initiative für eine „Neue Seidenstraße“ hat Xi weltweit sehr großen Einfluss gewonnen. Das Programm, das wirtschaftliche und finanzielle Abhängigkeiten von China erwirken soll, erstreckt sich über das Gebiet der Seidenstraße von vor 2000 Jahren, also Asien, Afrika und Europa, und hat sich aber auch bis nach Lateinamerika ausgedehnt. Diese Abhängigkeiten wirken sich teilweise bereits politisch negativ aus, zum Beispiel auf die Geschlossenheit der EU.

Xi Jinping tritt zwar freundlich auf, ist aber den westlichen Demokratien nicht wirklich freundlich verbunden. Schon vor Beginn des G 7-Gipfels der 7 wichtigsten Industrienationen in Elmau war Chinas Präsident Xi in Peking virtueller Gastgeber des BRICS-Gipfels der 7 wichtigsten Schwellenländer Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Und das Bündnis versucht gerade, sich um Staaten wie Indonesien und Argentinien zu erweitern.

Der BRICS-Gipfel hat dem virtuell zugeschalteten Aggressor Putin reichlich Gelegenheit gegeben, die USA, die EU und die NATO zu kritisieren und zu verunglimpfen. Xi Jinping sagte in seiner Eröffnungsrede: „Die Ukraine-Krise ist ein Alarmsignal für die Welt“ … denn der Westen „missbrauche Sanktionen“, um seine „Hegemonie“ zu behalten. Die fünf BRICS-Staaten sollten „Verantwortung übernehmen“ und sich für „Gleichheit und Gerechtigkeit“ in der Welt einsetzen, einseitigen Sanktionen müsse man sich entgegenstellen. Die russische Kriegsführung kritisierte Xi mit keinem Wort. So konnten Putin und Xi ihre „unanfechtbare Freundschaft“ demonstrieren und gleichzeitig zeigen, welch mächtige Freunde dem Völkerrechtsverletzer Putin den Rücken stärken und die westlichen Sanktionen durch verstärkten Handel unterlaufen - russisches Öl fließt jetzt nach China, Indien importiert russische Kohle. Und die BRICS-Staaten wussten natürlich, dass die G 7 Indien, Indonesien, Senegal, Südafrika und Argentinien als Gastländer eingeladen haben, und nutzten die Gelegenheit, insbesondere Indien und Südafrika vor der Teilnahme am Gipfel in Elmau zu indoktrinieren. Damit nicht genug, denn die BRICS-Staaten wollen auch den UN-Sicherheitsrat verändern und fordern in ihrer gemeinsamen „Pekinger Erklärung“, die Rolle von Brasilien, Indien und Südafrika innerhalb der Vereinten Nationen zu stärken. Es wurde ganz offensichtlich, dass der BRICS-Gipfel als Gegengipfel einer „antiwestlichen Allianz“ zelebriert wurde. Die chinesische Parteizeitung „Global Times“ sieht das so: „Die G 7 repräsentieren das 20. Jahrhundert, BRICS die Zukunft des 21. Jahrhunderts!“

Putin und Xi Jinping dürften sich gemeinsam auf einen härteren Kurs gegen den Westen verständigen. Xi bezeichnete Putin jüngst als seinen „besten Freund und Kollegen“. Und dabei entsteht eine sehr mächtige antiwestliche Allianz aufstrebender Wirtschaftsnationen mit Xi Jinpings China an der Spitze. Wir kommen in Europa also nicht umhin, China außen-, wirtschafts- und sicherheitspolitisch stärker ins Visier zu nehmen. Und auch Deutschland muss seine Chinapolitik überprüfen. Ein Beispiel ist die Entwicklungszusammenarbeit. Deutschland zahlte dem von der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) als Entwicklungsland eingestuften China im Jahr 2017 630 Millionen Euro Entwicklungshilfe – und in dieser Höhe wird auch heute noch unterstützt. So sollen in den vergangenen vierzig Jahren deutsche Entwicklungshilfen in Höhe von fast 10 Milliarden Euro an China geflossen sein. Solches Geld könnte zukünftig vernünftiger angelegt werden

Die USA, die EU und die NATO müssen eine gemeinsame Strategie entwickeln, die in Alternativen Möglichkeiten aufzeigt, wie die Zusammenarbeit mit China in Zukunft gestaltet werden sollte und wie dabei wirtschaftliche und finanzielle Abhängigkeiten von China mittelfristig reduziert werden können.

(08.07.2022)

 

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