Hans-Heinrich Dieter

Abhängige Medien   (16.01.2020)

 

Ein Redakteur des Tagesspiegel hatte gegen „Geheimtreffen“ von Kanzlerin Merkel mit ausgesuchten Journalisten Klage eingereicht. Der Tagesspiegel wollte erreichen, dass das Kanzleramt preisgeben muss, wann, wo, zu welchen Themen und mit welchen Beteiligten die vertraulichen Informationsrunden stattgefunden haben. Der Rechtsstreit der deutschen Regierungszentrale mit dem Tagesspiegel dauert schon länger. Im Dezember 2016 hat das Verwaltungsgericht Berlin in erster Instanz in einem Eilverfahren entschieden, dass bei dem sensiblen Thema „ein zĂĽgiger Eintritt von Transparenz“ geboten sei. Die sei auch dringlich, da vielfach Kritik an „einseitiger Nachrichtenpraxis“ geĂĽbt werde. Das Kanzleramt hat gegen diesen Beschluss vom Dezember 2016 Beschwerde erhoben.

Jetzt hat das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg der Beschwerde Merkels stattgegeben. Die Kanzlerin darf nun mit richterlicher RĂĽckendeckung weiterhin fragwĂĽrdige Geheimtreffen mit handverlesenen Journalisten durchfĂĽhren, ohne dass die Ă–ffentlichkeit erfährt, wer an diesen „Hintergrundgesprächen“ teilgenommen hat und was beredet wurde. Auch wenn das offensichtlich lange geĂĽbte Praxis der deutschen Regierungen ist, befeuert ein solch intransparentes Verfahren und höchst merkwĂĽrdiges Verständnis von Pressefreiheit doch die existierende Vertrauenskrise der deutschen Medien.

Die berechtigte Frage ist doch zunächst, wer und nach welchen Kriterien eingeladen wird. Nach dem bekannten Prinzip „do ut des“ werden doch wohl nur die „ergebenen und positiv berichtenden Hof-Journalisten“ teilnehmen dĂĽrfen. Die nächste Frage ist, welche Qualität subjektiver Informationen und Meinungen die propagandaerfahrene Merkel den „Hof-Journalisten“ mit dem Ziel der Meinungsbeeinflussung im Sinne der Exekutive anbietet. Die weitere Frage ist, was mit den „Hof-Journalisten“ passiert, die nicht – wie gewĂĽnscht und erwartet – positiv berichten und regierungskonforme Meinungen erzeugen. Helmut Kohl hat bekanntermaĂźen mit der Praxis begonnen, „missliebige“ Journalisten nicht mehr als Begleitung bei Dienst- und Auslandsreisen zu dulden. Kohls „Määdsche“ Merkel wird von ihm gelernt haben. Und so machen sich Journalisten abhängig, schränken selbstverschuldet ihre Pressefreiheit ein und setzen sich auĂźerstande ihren Kontrollauftrag des Regierungshandelns objektiv auszufĂĽhren. Die Teilnahme an „Hintergrundgesprächen“ und „geheimen Kungelrunden“ kann die erforderliche Recherche nicht ersetzen und birgt die Gefahr, korrumpiert zu werden. Journalisten, die sich der Gefahr einer „Hofberichterstattung“ aussetzen, gefährden ihre demokratiepolitische Stellung als „vierte Gewalt“!

Nach den Ergebnissen der neuesten Studie von Infratest Dimap zur GlaubwĂĽrdigkeit der Medien fĂĽr den Westdeutschen Rundfunk (WDR) gehen 38 Prozent der befragten BĂĽrger davon aus, dass Staat und Regierung den Medien Vorgaben bei der Berichterstattung machen. Das Misstrauen ist also durchaus nicht gering!

Die Pressefreiheit dient dem Zweck der objektiven und wahrhaftigen Information des Bürgers. Abhängige Medien können diesem Anspruch nicht gerecht werden und werden weiter an Vertrauen verlieren!

(16.01.2020)

 

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