Hans-Heinrich Dieter

Bundeswehrreform   (05.04.2024)

 

Gestern, am Tag des 75-jährigen Jubiläums der NATO hat Verteidigungsminister Pistorius den Entwurf einer Bundeswehrreform vorgestellt. Ziel ist: „Eine kriegstüchtige Bundeswehr, die sich an den Leitprinzipien der Aufwuchsfähigkeit und Agilität sowie der Digitalisierung und der Innovationsoffenheit orientiert.“ So soll eine „Bundeswehr der Zeitenwende“ geschaffen werden, die für die Landes- und Bündnisverteidigung im Rahmen der NATO wieder einsatzfähig ist.

Der „Zeitenwende“ angepasst soll die Bundeswehr schlanker werden und nur vier Teilstreitkräfte haben. Neben dem Heer, der Marine und der Luftwaffe wird der Cyber- und Informationsraum eine Teilstreitkraft bilden, um den Anforderungen der modernen Kriegsführung und Digitalisierung entsprechen zu können. Die Unterstützungskräfte der Streitkräftebasis und des Sanitätsdienstes sollen unter einem Kommando zusammengefasst werden.

Außerdem sollen in einem „Operativen Führungskommando“ das Einsatzführungskommando der Bundeswehr und das Territorial Führungskommando der Bundeswehr zusammengefasst werden. Mit dem Bündeln der beiden operativen Kommandos zur Planung und Führung von Einsätzen im Inland und jenen im Ausland werden Doppelstrukturen abgeschafft.

Es handelt sich um einen Entwurf für die dritte Strukturreform der Bundeswehr in 20 Jahren. Dieser Entwurf muss zu einem stimmigen Plan ausgearbeitet werden und die Umsetzung wird sicher mehr als fünf Jahre dauern. Und mit einer neuen Struktur ist der „kaputtgesparte Sanierungsfall“ Bundeswehr noch lange nicht „kriegstüchtig“. Denn es geht ja nicht nur um eine strukturelle Reform, sondern um eine „strategische Neuorientierung der Bundeswehr“. Es geht real um drei Divisionen des Heeres, große Teile der Kampf- und Transportflugzeugflotte, der Helikopter, Kriegsschiffe und Boote der deutschen Streitkräfte. Die sollen bis Ende 2031 vollumfänglich aufgestellt und ausgerüstet ohne große Vorwarnzeit gegen einen konventionell hochgerüsteten Gegner einsatzbereit sein. Erst wenn das erreicht ist, kann sich Deutschland als geografisch zentrales und wirtschaftlich leistungsfähiges Land als Kern der Verteidigungsfähigkeit Europas einbringen.

Aber die besten Strukturen nützen nichts, wenn nicht genug Personal verfügbar ist. Nach der Wehrbeauftragten hat die Personalstärke der Bundeswehr zum Ende des Jahres 2022 bei knapp über 183.000 gelegen - und damit unter dem Niveau von 2021 und deswegen sei es noch „ein langer Weg“ bis zur Erreichung der Zielmarke 203 000 im Jahr 2031. Da kann man mit Fug und Recht von „hohlen Strukturen“ sprechen! Deswegen muss die Bundeswehr als Arbeitgeber durch verbesserte Rahmenbedingungen des militärischen Dienstes attraktiver werden. Vielleicht hilft da eine Allgemeine Dienstpflicht. Und über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht sollte man erst nachdenken, wenn man in der Lage ist Wehrgerechtigkeit zu gewährleisten!

Und letztlich gelingt alles nicht zufriedenstellend, wenn die zukünftigen Verteidigungshaushalte nicht am 2-Prozentziel der NATO verstetigt gewährleistet werden.

Die NATO steht zusammen mit der EU und Deutschland vor einer Herkulesaufgabe, um glaubwürdige Abschreckung durch Verteidigungsfähigkeit unter Berücksichtigung einer eingeschränkt wirkungsvollen Großmacht USA wieder vollständig herzustellen. Das wird Milliarden kosten und braucht eine patriotische Gesellschaft, die unsere Werte erhalten will und bereit ist, unser Recht und unsere Freiheit zu verteidigen. Und schon im Hinblick auf eine „patriotische deutsche Gesellschaft“ ist leider Skepsis angebracht!

(05.04.2024)

 

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https://www.hansheinrichdieter.de/html/sanierungsfallbw-2.html

https://www.hansheinrichdieter.de/html/allgemeinedienstpflicht-3.html

 

 

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