Hans-Heinrich Dieter

Zum Wohle des deutschen Volkes   (24.04.2014)

 

Wir erinnern uns an den Kanzlerkandidaten der Arbeiterklasse, der als vortragsreisender Raffke seine Pflichten als Abgeordneter wohl eklatant vernachlässigt hat. Der SPD-Solo-Tänzer, der von seiner Partei mehr Beinfreiheit forderte, hat sich verstolpert. Als Juniorkoalitionspartner wollte er allerdings nicht für das Wohl der Arbeiterklasse arbeiten. Ihm fehlt aber der Charakter, auf sein Bundestagsmandat zu verzichten. Er ist berechnend genug, um zu wissen, dass man die lukrativen Diäten auch auf hinteren Bänken ohne wesentliche Debattenbeiträge durchaus gut mitnehmen und weiterhin Vorträge halten kann, die ohne Bundestagsmandat sicher nicht so gut honoriert würden. Denn es geht den jeweiligen Zuhörern ja auch immer darum, dass ein fürstlich belohnter vortragender Abgeordneter im Bundestag ein gutes Wort für die eigene Sache einlegen kann. Es wundert überhaupt nicht, dass Politiker beim Bürger so schlecht angesehen sind!

Gemäß Mehrheitsbeschluss vom Februar 2014 sollen die Diäten der Parlamentarier bis Mitte der Wahlperiode von 8.252 auf 9.082 Euro steigen. Das sind satte 830 Euro pro Monat mehr als heute. Darüber hinaus sollen die Diäten zukünftig automatisch der allgemeinen Lohnentwicklung angepasst werden, um öffentliche Diskussionen der "neidischen Bürger" über relativ unverschämte Gehaltszuwächse zu vermeiden. Die Höhe dieser Diäten entspricht dem Gehalt von Bundesrichtern und soll die Abgeordneten unabhängiger machen. Da ist die Frage erlaubt, wie viele der Abgeordneten von ihrem Bildungsstand, von ihrer Ausbildung und von ihrer beruflichen Qualifikation dem Leistungsbild von Bundesrichtern entsprechen. Die zahlreichen Abgeordneten, die dem gehobenen Beamtentum entstammen, die Jungabgeordneten mit der "Saal-Karriere" (Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal) ohne Berufserfahrung und die nicht wenigen über Liste gekürten Abgeordneten mit Parteifunktionär-Karriere entsprechen den hohen Leistungsanforderungen an Bundesrichter sicher nicht. Und man muss die Frage stellen, ob die angehobenen Diäten die Unabhängigkeit der Abgeordneten tatsächlich fördern.

Trotz zuvor schon lukrativer Diäten geht nach jüngsten Erhebungen der Otto-Brenner-Stiftung jeder vierte der 631 Bundestagsabgeordneten neben seiner doch sicher zeitraubenden und arbeitsintensiven Aufgabe zum Wohle des deutschen Volkes noch einer bezahlten Nebentätigkeit nach. Die 151 Abgeordneten bessern ihre Diäten - nach eigenen Angaben - in Größenordnungen von unter 30.000 bis zu über 250.000 Euro auf, die meisten "Aufstocker" sind Abgeordnete der CDU/CSU.

Durch bezahlte Nebentätigkeiten, die zwangsläufig zu Lasten der Arbeit in den Ausschüssen und im meist unwürdig schlecht besuchten Plenum des Bundestages gehen müssen, profitieren aber nicht nur die jeweiligen Volksvertreter zu Lasten des Volkes, sondern es profitieren auch die sie bezahlenden Unternehmen durch Zugang zu politischen Informationen und durch wertvolle und vorteilhafte Kontakte zu einflussreichen politischen Mandatsträgern.

Da ist es auch nur zwangsläufig, dass der Bundestag ebenfalls beschlossen hat, die Bestechung und Bestechlichkeit von Parlamentariern künftig mit bis zu fünf Jahren Haft ahnden zu lassen.

Um das Wohl des deutschen Volkes geht es offenbar Volksvertretern leider nicht immer vordringlich. Hauptsächlich geht es um politische Macht und um Einfluss, der so oder so lukrativ honoriert und genutzt wird. Und wer am besten honoriert wird, ist vordergründig am tüchtigsten. Intensive und verantwortungsbewusste parlamentarische Sacharbeit und zeitaufwändiges Vorlagen- und Aktenstudium reichen da wohl nicht hin. Wenn bezahlte Nebentätigkeiten für Abgeordnete verboten würden, wäre die jetzt beschlossene Dätenerhöhung zur Gewährleistung finanzieller Unabhängigkeit der Volksvertreter eher zu akzeptieren.

(23.04.2014)

 

 

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