Hans-Heinrich Dieter

Wunsch und Wirklichkeit   (02.08.2014)

 

Nachdem Schmidt „Schnauze“ sich nun mit seiner altersgeprĂ€gten, putinverstĂ€ndigen Weltverbesserungssicht etwas zurĂŒckzuhalten scheint, bekommen wir es jetzt mit einem irgendwie gelĂ€utert daherkommenden „RĂŒpel“ RĂŒhe zu tun.

Volker RĂŒhe ist Mitglied des European Leadership Network, einem Netzwerk aus Sicherheitspolitikern, das im Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt die Verbesserung der Kommunikation und gegenseitigen Transparenz auf beiden Seiten fordert, um eine vermeintliche „Spirale zum scheinbar unabwendbaren Desaster“ zu durchbrechen.

Im Interview mit dem SPIEGEL ONLINE antwortet er auf die Fragen wie: „Besteht zwischen Russland und dem Westen die Gefahr eines Krieges aus Versehen?“ RĂŒhe sieht diese Gefahr als gegeben an. „Eine Provokation, eine FehleinschĂ€tzung oder Fehlentscheidung können unabsehbare, womöglich unkontrollierbare militĂ€rische Folgen haben. Die Lage in der Region ist extrem instabil.“

Abhilfe sieht er in der Verbesserung des Krisenmanagements. „Wir brauchen mehr Dialog und mehr Transparenz zwischen dem Westen und Russland. Unser Vorschlag ist es, in der Region militĂ€rische Verbindungsgruppen zu bilden, in denen man sich ĂŒber das jeweilige Vorgehen austauscht.“ Dazu will er sich „von der Augenblickspolitik lösen und trotz allem die Kontakte zwischen Russland und dem Westen verbessern.“ Und er gipfelt in der Forderung: „Wir leben noch immer in den alten Strukturen des Kalten Krieges - hier die Nato und die EuropĂ€ische Union, dort Russland und Wladimir Putins Eurasische Union. Nur wenn wir diese Strukturen ĂŒberwinden, lassen sich langfristig so gefĂ€hrliche Situationen wie der jetzige Konflikt in der Ukraine verhindern.“ Dazu brĂ€uchten wir „transeuropĂ€ische, politische und militĂ€rische Strukturen, die Ost und West miteinander verbinden - und zwar ĂŒber die Organisation fĂŒr Sicherheit und Zusammenarbeit hinaus.“ Immerhin gesteht er zu, dass das heutige Russland des Wladimir Putin meilenweit von Realisierungsmöglichkeiten solcher Vorstellungen entfernt ist.

Schmidt „Schnauze“ hat einmal gesagt, wer Visionen hat, der soll den Arzt aufsuchen. Dieser Auffassung bin ich nicht, denn ohne Visionen kann kein Staatsmann langfristige Politik zum Wohl des Volkes machen. Ich bin allerdings der Meinung, dass Phantasten die Lösung realer Probleme nicht positiv beeinflussen. Und bei RĂŒhes Einlassungen handelt es sich doch wohl um Phantastereien aus dem politischen Elfenbeinturm.

Zwischen Russland und dem Westen existiert die Gefahr eines Krieges aus Versehen nicht, denn der Westen hat im Zusammenhang mit der Lösung der Ukraine-Krise die Nutzung militĂ€rischer Mittel ausgeschlossen. Beide Seiten verfĂŒgen ĂŒber ein Arsenal einsatzbereiter Atomwaffen, die sogar Putin davon abhalten werden, den Bogen von Provokation und verdeckter militĂ€rischer Gewaltanwendung unter Missachtung der SouverĂ€nitĂ€t der Ukraine zu ĂŒberspannen. Die Lage in der Ukraine ist sehr instabil, das wird aber weder fĂŒr Russland noch fĂŒr den Westen unkontrollierbare militĂ€rische Folgen haben.

Wenn RĂŒhe fordert, dass wir mehr Dialog und mehr Transparenz zwischen dem Westen und Russland brauchen, dann verkennt er, dass die „GesprĂ€chskanĂ€le“ des Westens, der EU und auch der NATO nach Russland offen sind und intensiv genutzt werden, Putin aber bisher keine seiner Zusagen eingehalten hat, sondern sich mit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim, mit LĂŒgen, Propaganda und Destabilisierungsoperationen als Partner Europas disqualifiziert hat und an Transparenz seitens des neuen Russlands auf nicht absehbare Zeit ĂŒberhaupt nicht zu denken ist. Vor diesem Hintergrund sind VorschlĂ€ge wie das Bilden „militĂ€rischer Verbindungsgruppen“ oder „transeuropĂ€ischer, politischer und militĂ€rischer Strukturen, die Ost und West miteinander verbinden“, eher Hirngespinste als Visionen. Zur Überwindung des derzeitigen Ukraine-Konfliktes bedarf es lediglich eines „lupenreinen Demokraten“ Putin, der das will und der in die Partnerschaft mit dem Westen zurĂŒckkehren möchte.

Und wenn RĂŒhe sogar dazu rĂ€t, „alte Strukturen des Kalten Krieges - hier die Nato und die EuropĂ€ische Union, dort Russland und Wladimir Putins Eurasische Union“ zu ĂŒberwinden, um „langfristig so gefĂ€hrliche Situationen wie der jetzige Konflikt in der Ukraine verhindern.“, dann ist er nicht mehr ernst zu nehmen. Die NATO ist schon lange keine Struktur des Kalten Krieges mehr, denn der wurde vom Westen gewonnen und beendet. Die NATO hat heute andere Aufgaben. Die EU war nie eine Struktur des Kalten Krieges, denn die Wertegemeinschaft freier und demokratischer Staaten dient dem Wohl der europĂ€ischen BĂŒrger und hat auch das Ziel, Krieg in Europa unmöglich zu machen. Zur Mitgliedschaft wird kein Staat gezwungen, die Staaten bewerben sich um die Mitgliedschaft in der demokratischen Wertegemeinschaft. Die Eurasische Union war und ist keine Struktur des Kalten Krieges, Putin benutzt allerdings dieses Instrument, um seine neo-imperialistischen GroßmachttrĂ€ume in Gegnerschaft zum Westen zu verwirklichen und scheut dabei nicht davor zurĂŒck, die Situation eines neuen Kalten Krieges zu schaffen. Die geistige Entgleisung RĂŒhes ist nur damit zu erklĂ€ren, dass in dem European Leadership Network zahlreiche hochrangige russische Ex-Politiker oder frĂŒhere Leiter von Nachrichtendiensten und Sicherheitsbehörden tĂ€tig sind. Da fĂ€llt man schon einmal beim zweiten Wodka auf Desinformationen herein.

Da bleibt nur zu hoffen, dass die Kommission zur Parlamentsbeteiligung bei AuslandseinsĂ€tzen der Bundeswehr, die RĂŒhe leitet, zu vernĂŒnftigeren Ergebnissen kommt.

(02.08.2014)

 

 

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