Hans-Heinrich Dieter

Wendehalsiger Raffke   (10.12.2012)

 

Steinbrück ist mit cubanischem Ergebnis nun Kanzlerkandidat der SPD. Dabei hat der heutige Kanzlerkandidat der Arbeiterklasse noch vor nicht allzu langer Zeit gesagt, er sei doch nicht "bekloppt", als er nach Kanzler-Ambitionen befragt wurde.

Die mehrheitlich sozialdemokratisch festgelegte Presse freut sich auf den angekündigten pointierten und an der Sache orientierten Wahlkampf. Man lobt die Rede Steinbrücks und unterstellt, er hätte nahezu das zukünftige Regierungsprogramm der SPD selbst entworfen und vorgestellt. Dabei hat der Kandidat sich geradezu wendehalsiger als Seehofer - und das ist eine Leistung - von der linken SPD enge Fußfesseln anlegen lassen, wo er doch Beinfreiheit gefordert hatte. Er hat Rückschritte für Deutschland gepredigt und der anwesende Lobbyist Schröder, dessen einziges Verdienst die Agenda 2010 ist, hat selbstredend diszipliniert geschwiegen, denn die Partei - und ihr intensiv aufs "proletarische Maul" schauender Kandidat - hat ja natürlich immer Recht.

Die Banker und Wirtschaftsbosse oder auch nur die Publicity-geilen Altvorderen von klammen Gemeinden, die glaubten, einen versierten finanzpolitischen Politiker und politischen Visionär für überteuertes Geld zu hören, werden sich die Augen reiben und ihren Ohren nicht trauen, welcher "heulsusige" Steinbrück da in Hannover auftritt. Im Nachhinein werden sie erkennen, dass Steinbrück keinen Pfifferling wert war, denn er hat offensichtliche Profitinteressen, aber keine gewachsenen Überzeugungen.

Und die linke SPD wird den mit vielen "Wackersteinen" belasteten Steinbrück auch nicht vom Haken lassen, denn einen einfacher zu beeinflussenden Kandidaten hatten sie schon lange nicht mehr. Der CDU kann das allerdings nur Recht sein, denn glaubwürdig ist ein Steinbrück nicht, bei dem man sich ständig fragen muss, ist er nun der vortragsreisende Raffke, der seine Pflichten als Abgeordneter des deutschen Bundestages eklatant vernachlässigt hat, oder spricht gerade der gekürte Arbeiterführer mit dem beschädigten sozialen Kompass?

Und dann wird man den Demokraten Steinbrück zu bewerten haben. Bei demokratischen Wahlen geht es ja darum, dass man Mehrheiten anerkennt und dann aber doch danach trachtet, die eigenen Überzeugungen zum Wohle der Bürger auch in konkrete Politik der nächsten Legislaturperiode einzubringen. Dafür haben die Wähler ja doch die jeweilige Partei gewählt. Bei dem Egoisten Steinbrück sind da die Gewichte anders gelagert. Er postuliert, "eine große Koalition ist mit mir nicht zu machen", er unterstreicht das mit solch platten Sprüchen wie "Sekt oder Selters" und findet sich auch noch gut. Er will damit sagen, dass er im Falle eines Wahlsieges der CDU aus egoistischen, persönlichen Gründen als Juniorpartner nicht koalitionsfähig ist und sozialdemokratische Überzeugungen nicht in die Regierungsarbeit einbringen will. Sozialdemokratische Demokraten sollten einen Steinbrück nicht wählen, wenn sie soziale gesellschaftspolitische Ziele verfolgt sehen wollen. Das macht Frau Merkel ohnehin für sie - und wahrscheinlich ehrlicher.

Der Wahlkampf wird spannend, aber aus demokratischer Sicht wahrscheinlich wenig erfreulich. Steinbrück will Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellen. Die Wähler werden wohl vorrangig an der Integrität und Glaubwürdigkeit der Kandidaten interessiert sein.

(10.12.2012)

 

 

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