Hans-Heinrich Dieter

Wehrbeauftragter Königshaus   (27.01.2015)

 

Der Wehrbeauftragte Königshaus ist der Anwalt der Soldaten der Parlamentsarmee Bundeswehr. Beliebt ist er allerdings nicht unbedingt, denn wenn er - anders als der ängstliche und politisch leichtgewichtige Vorgänger Robbe - fähig und mutig ist, sagte er ungeschminkt und auch schmerzhaft die Wahrheit.

Der aktuelle und letzte Bericht 2014 des Wehrbeauftragten Königshaus ist voller solcher schmerzhaften und auch peinlichen Wahrheiten. Einige Schlaglichter: Die Ausrüstung sei in vielerlei Hinsicht veraltet, und neues Gerät lasse auf sich warten - dieses Thema ist hinlänglich diskutiert.Die Rüstungsplanung vermag "die sach- und zeitgerechte Deckung des künftigen Einsatzbedarfs nicht zu gewährleisten." Der Zustand der Kasernen sei "abenteuerlich". Aufgrund des von de Maizière mit den Ministerpräsidenten ausgehandelten Standortkonzeptes würden frisch sanierte Standorte zugemacht und ein paar Kilometer weiter marode Liegenschaften mit schimmeligen Stuben und schlechter Ausstattung weiter betrieben. 10 Prozent der etwa 3.000 Unterkunftsgebäude sind eigentlich nicht mehr nutzbar, werden aber teilweise weiter genutzt.

Aber auch die Ausbildung wird durch Unterfinanzierung und Engpässe beeinträchtigt. Ein Geschwader der Luftwaffe konnte in 2014 nur etwas über ein Drittel der geforderten Flugstunden absolvieren, um alle Piloten gemäß des Nato-Standards einsatztauglich auszubilden. Und diese Misere macht auch vor den deutschen Spezialkräften nicht halt. Elitesoldaten des Kommmandos Spezial Kräfte (KSK) mussten 2014 offenbar eine Übung mit NATO-Partnern absagen. Es fehlten die geeigneten Hubschrauber für die Übung. Das beauftragte Geschwader verfügte zwar über neun Transporthubschrauber des Typs CH53 GS/GE. Allerdings waren acht von ihnen flugunfähig. Der eine verfügbare Hubschrauber hatte aber nur noch zwei Flugstunden bis zur Wartungsfrist. Das ist peinlich und blamabel.

Der Bericht zeichnet eine Bundeswehr in einem offensichtlich ziemlich desolaten Zustand. Wie konnte es so weit kommen? Verteidigungsminister zu Guttenberg hat die Wehrpflicht überhastet und unvorbereitet ausgesetzt und eine nicht zu Ende gedachte Strukturreform vom Zaun gebrochen. Verteidigungsminister de Maizière hat die Bundeswehr einer stark kritisierten Neuausrichtung unterzogen und Entscheidungen über die Beschaffung einsatzwichtigen Wehrmaterials, wie zum Beispiel der Drohnen, nicht herbeigeführt. Alle diese Minister haben es zugelassen, dass die Bundeswehr über Jahre unterfinanziert war und auch im Zusammenhang mit den Einsatzbelastungen in diesen peinlich desolaten Zustand hineingespart wurde. Die NATO-Staaten haben sich verpflichtet, 2 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die jeweiligen Verteidigungsanstrengungen ausgeben zu wollen. Deutschland investiert lediglich 1,29 Prozent und nimmt damit in der NATO einen blamablen 14. Rang ein. Und Deutschland hat das zu wenige Geld offenbar falsch und für falsche Projekte ausgegeben. An dieses Problem hat sich auch Frau von der Leyen noch nicht mutig herangewagt.

Wer deutsche Soldaten in kriegsähnliche Auslandseinsätze schickt, muss sie auch so bewaffnen und ausrüsten, dass sie ihren Auftrag mit Aussicht auf guten Erfolg ausführen können. Wer attraktiv für qualifizierten Nachwuchs sein will, der muss darüberhinaus seine Soldaten auch weit besser unterbringen als Asylsuchende. Wenn der Verteidigungshaushalt zukünftig nicht besser an den militärischen Auftrag angepasst wird, werden Teile des Auftrages nicht mehr erfüllt werden können. Und kein wirklich leistungs- und zukuftsorientierter junger Staatsbürger wird bei einem maroden, unterfinanzierten "Unternehmen" anheuern wollen! Deswegen bleibt es richtig: Die deutsche Gesellschaft muss sich entscheiden, in welcher Quantität und Qualität sie zukünftig Staatsbürger in Uniform haben will, die nötigenfalls für die Erhaltung unserer Werte, für Sicherheit und für unser Leben in Frieden und Freiheit, möglicherweise vermehrt im internationalen Rahmen eingesetzt werden sollen. Dementsprechend müssen mehr Haushaltsmittel bereitgestellt werden, insbesondere wenn Deutschland - wie angekündigt - mehr Verantwortung in der Sicherheitspolitik übernehmen will. Im derzeitigen gesellschaftlichen und politischen Zustand sollte Deutschland seinen Wunsch nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat zurückstellen!

Die Zögerlichkeit der Politik im Allgemeinen und die teilweise erkennbare Planlosigkeit in der Sicherheitspolitik im Besonderen machen wenig Hoffnung auf rasche Besserung. Studien der letzen Jahre zum Meinungsbild in der Bundeswehr machen deutlich, dass die Führungskräfte sich zu 67,8% von der Politik im Allgemeinen und - gravierender noch – zu 65,4% von der Bundesregierung nicht unterstützt fühlen. Hier wird dringender politischer Handlungsbedarf deutlich. Dieser Handlungsbedarf geht weit über den Rahmen des Bundeswehr-Attraktivitätssteigerungsgesetzes hinaus. Das Parlament sollte sich besser um seine Armee kümmern!

(27.01.2015)

 

 

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