Hans-Heinrich Dieter

Unwürdiger Scholz   (18.01.2022)

 

Mit der „Ampel“ wurde das große Ãœbel Rot/Grün/ROT verhindert, dafür kann man froh und dankbar sein. Und die Ampel hatte einen sympathischen Start. Nun verliert die Ampel-Koalition aber Woche um Woche an Zustimmung. Denn der Start kann nach bisheriger Erfahrung als verkorkst bewertet werden.

Das liegt hauptsächlich daran, dass mit dem Koalitionsvertrag hohe Erwartungen geweckt wurden. Und auf dieser gut lesbaren Grundlage erwartet jeder interessierte Staatsbürger von den Regierungsverantwortlichen abgestimmtes gemeinsames Handeln.

Im Vertrag heißt es zum Beispiel: „Wir setzen uns für eine echte Gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik in Europa ein. Die EU muss international handlungsfähiger und einiger auftreten.“ Solchen richtigen und wichtigen Grundsätzen muss eine Regierung schon in den ersten 100 Tagen Rechnung tragen, wenn sie national und international Vertrauen gewinnen will. Die Ampel-Regierung ist aber schon in den ersten beiden Wochen im Zuge von Antrittsbesuchen bei wichtigen Nachbarn durch Vielstimmigkeit in außen- und sicherheitspolitischen Fragen aufgefallen. Das wirkte teilweise so kakophonisch, dass man sich schon fragte: Reden Scholz und Baerbock eigentlich miteinander? Und der offensichtlich führungsschwache Kanzler Scholz hat offensichtlich keine klaren Vorstellungen, auf deren Grundlage er seine Richtlinienkompetenz in der Außenpolitik wahrnehmen sollte. Kanzler Scholz weiß oft nicht was er will und schweigt!

Bei der ersten Regierungserklärung von Kanzler Scholz mit anschließender Aussprache im Deutschen Bundestag wurden Passagen aus dem – doch wohl allen Parlamentariern bekannten – Koalitionsvertrag einschläfernd vorgelesen. Ein treffender Kommentar eines DLF-Haupstadtjournalisten lautete dann sinngemäß: wie bei Merkel, nur viel langweiliger! Dieser „Merkel in Männergestalt“ hat sich nicht ohne Grund im Wahlkampf schon mal mit Raute gezeigt.

Beim EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs trat Kanzler Scholz sehr zaghaft auf, er wollte sich bei keiner Thematik so richtig festlegen. Im Zusammenhang mit dem aggressiven Vorgehen des Neo-Stalinisten Putin will er die „Gesprächskanäle“ über das Normandie-Format wieder öffnen. Baerbock trat da schon entschlossener, europäischer und transatlantischer auf – von gemeinsamer Außenpolitik kann da keine Rede sein!

Im Hinblick auf Nordstream 2 gibt es auch keine Gemeinsamkeiten: Scholz minimiert dieses EU-Streitobjekt zu einer rein privatwirtschaftlichen Angelegenheit, während Baerbock sich energiepolitisch von Russland unabhängiger machen will und die Schließung der Gasleitung durchaus als Sanktionsmöglichkeit in der Ukraine-Krise sieht. Baerbock verhält sich europa- und außenpolitisch vernünftig, während Scholz die EU-Spaltung vertieft. Von Gemeinsamkeit keine Spur.

Und im Zusammenhang mit der Beziehung zu Russland gibt Scholz in peinlicher Weise zu erkennen, dass er Angst hat, mit den putinpudeligen linken Parteigenossen wie Mützenich in Streit zu geraten. Da verweist er, der mit der Ampel „Fortschritt“ wagen will, lieber rückwärtsorientiert auf Willy Brandts Ostpolitik unter dem Motto „Wandel durch Handel“ oder auch „Wandel durch Annäherung“. Scholz strebt eine unterwürfige und realitätsverweigernde sozialdemokratische Sonderbeziehung mit Putin an, über deren Naivität sich nicht nur die EU wundert und über die in den sozialen Medien gelästert wird.

Und vor diesem geistigen Hintergrund strebt auch Baerbock bei ihren Gesprächen mit der Ukraine und mit Russland inzwischen eine diplomatische Lösung auf der Grundlage des bisher erfolglosen Normandie-Formates an. Dabei sollte sie wissen, dass Putin Minsk 2 hintertreibt und die Europäer nicht mehr als angemessene Gesprächspartner betrachtet. Wenn das „Normandie-Format“ wieder aktiviert werden soll, dann nur unter Erweiterung durch einen Vertreter der EU und der USA. An solche pragmatischen und einzig erfolgversprechenden Lösungen denken unsere unerfahrenen Politiker leider nicht.

Und dann krönt Scholz seine wenig erfolgreichen ersten Regierungswochen auch noch durch peinliche und unwürdige Aussagen. Bei der letzten Bund-Länder-Konferenz zum Thema Impfpflicht hat der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) von Scholz offenbar mehr Führung auf Bundesebene verlangt. Scholz zeigte sich in der Sitzung irritiert über Wüsts Drängen und Forderungen. Und diese Irritation veranlasste Scholz danach in einem Gespräch mit SPD-Genossen Wüst als „Amateur im Ministerpräsidentenkostüm“ zu diffamieren und zu beleidigen. Typisch Sozi: ständig die „Hetze“ anderer anprangern und Respekt einfordern und sich dann selbst hetzerisch und proletenhaft einbringen!

Die „Ampel“ unter Scholz ist halt nur das kleinere Ãœbel. Das ist derzeit unser Dilemma!

(18.01.2022)

 

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