Hans-Heinrich Dieter

Unverantwortliche Schuldenorgie   (02.06.2020)

 

Schon das französisch-deutsche Modell eines 500 Milliarden schweren EU-Recovery Fonds war der unverantwortliche Vorschlag eines „Schuldenmodells“. Die 500 Milliarden Euro sollen im Merkel-Macron-Modell vor allem aus Krediten kommen, die von der EU-Kommission sozusagen gemeinsam für die gesamte Europäische Union aufgenommen werden. Die EU-Kommission wäre damit ein Schuldner und das ist nach den EU-Verträgen nicht zulässig.

Österreich, Niederlande, Schweden und Dänemark stellten sich gegen den Merkel-Macron-Plan und fordern, dass die EU nur rückzahlbare Kredite und keine Zuschüsse ausgibt. Und der realpolitisch orientierte Bundeskanzler Sebastian Kurz, der sich durch gesunden Menschenverstand auszeichnet, kündigte einen Gegenentwurf zu Merkel-Macron an.

Dann legt EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen auf diese 500 Milliarden Euro „Schenkungen“ noch 250 Milliarden drauf, die als günstige Kredite vergeben werden sollen. Diese gewaltige Summe will die EU-Kommission am Finanzmarkt aufnehmen, die Verantwortung sollen dann die 27 Mitgliedstaaten tragen, die dem Schuldenplan noch zustimmen müssen. Die Schulden sollen dann ab 2028 über den EU-Haushalt „abgestottert“ werden. Und das wird sich sehr lange hinziehen!

Von der Leyen sieht in solchen „Schenkungen“ (für Italien sind 173 Milliarden – 82 als Geschenk und 91 als günstiges Darlehen – und für Spanien 140 Milliarden Euro – 77/63 - geplant) eine „Investition in die Zukunft“! Natürlich sind diese Gelder zur Ankurbelung der Wirtschaft in der EU gedacht und von daher wichtig für die Zukunft der Exportnation Deutschland. Wer aber verantwortungsbewusst von Investitionen in die Zukunft spricht, darf die damit verbundenen immensen Belastungen, für die uns folgenden Generationen nicht aus den Augen verlieren. Wenn das „Abstottern“ mit dem EU-Haushalt ab 2028 beginnen soll, dann zieht sich die Tilgung nach heutigen Berechnungen bis 2058 hin! Unsere Enkel und Urenkel, die es wegen der demographischen Entwicklung schon sehr schwer haben werden, die Rente der immer älter werdenden Bevölkerung zu finanzieren, sind dann sehr großen Belastungen ausgesetzt.

Und nun zeichnet sich ein hektischer Ãœberbietungswettbewerb im Schuldenmachen ab, der tatsächlich als „Schuldenorgie“ bezeichnet werden darf. Die „schwarze Null“ ist in Deutschland inzwischen Geschichte und der Sparfinanzminister Scholz ist zum offensichtlich nicht sehr charakterstarken Schuldenbaron mutiert. Für die EU gelten der Maastricht-Vertrag und der Stabilitätspakt offensichtlich nicht mehr. Und diese ganze Entwicklung ist in Deutschland und in der EU unzureichend geplant und ohne hinreichende Beteiligung der Parlamente in Modelle gegossen worden. Erfolgreich ausgewirkt haben sich erkennbar die Lobbyisten und die Konzerne, die für systemrelevant gehalten werden.

Und wir werden erleben, dass man die Autoindustrie, die mit hoher krimineller Energie und sittenwidrig betrogen sowie das Vertrauen in „deutsche Wertarbeit“ und „made in Germany“ nachhaltig in Europa und der Welt erschüttert hat, staatliche Zuwendungen bekommen wird, obwohl Volkswagen, Daimler und BMW zusammen in den letzten zehn Jahren Gewinne nach Steuern in Höhe von 237 Milliarden Euro gemacht haben und Volkswagen allein für das Geschäftsjahr 2019 3 Milliarden Euro als Dividende an Aktionäre ausschütten will. Man darf gespannt sein, wie der heutige Koalitionsausschuss die unzähligen Begehrlichkeiten zu einem vernünftigen Konjunkturpaket schnürt!

Wir alle erleben, wie unsere soziale Marktwirtschaft mehr und mehr und natürlich mit dem Hinweis auf „Alternativlosigkeit“ und erforderliche Solidarität – auch mit denen, die schlecht gewirtschaftet und gegen die Regeln verstoßen haben - in eine Art sozialistische Staatswirtschaft verändert wird. Das sollten wir genauso wenig zulassen, wie die teilweise nicht plausible oder nicht hinreichend begründete und nicht im Parlament beschlossene Einschränkung unserer Freiheitsrechte! Und die EU, die über keinerlei eigene Steuereinnahmen verfügt, darf ihre Grundsätze nicht aufgeben und sich auf keinen Fall in eine Schuldenunion entwickeln.

Kurzfristige Liquiditätsunterstützung durch günstige Kredite zur Ankurbelung der Wirtschaft müssen sein, milliardenschwere Schenkungen an Staaten und Unternehmen erzeugen hingegen eine Schulden- und Vertrauenskrise!

(02.06.2020)

 

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