Hans-Heinrich Dieter

UngenĂŒgendes Gedenken!   (14.02.2020)

 

Am 13.02.2020, dem 75. Jahrestag der Zerstörung Dresdens hat BundesprĂ€sident Steinmeier aller Kriegsopfer gedacht. Die Bombardierung der Stadt erinnere an Menschenverachtung, Antisemitismus und Rassenwahn. Diese Gefahren seien weder in Europa noch in Deutschland gebannt: „Wir alle mĂŒssen Hass und Hetze zurĂŒckweisen, Beleidigungen widersprechen, Vorurteilen entgegentreten“. Da fragt man sich, ob Steinmeier sich ernsthaft mit der grausamen Geschichte Dresdens und anderer deutscher GroßstĂ€dte befasst hat.

Bei den Angriffen durch britische und amerikanische Bomber am 13. und 14. Februar 1945 starben nach SchĂ€tzungen etwa 25.000 Menschen. Große Teile des historischen Stadtkerns und angrenzender Wohnviertel wurden zerstört. Nach EinschĂ€tzung britischer Historiker war vor allem das Ziel, die Eisenbahn-Infrastruktur zu zerstören und so die Verlegung deutscher Truppen zur Ostfront zu stoppen. Die Eisenbahn-Infrastruktur war allerdings nicht im historischen Stadtkern und in den angrenzenden Wohngebieten zu finden und die Verlegung deutscher Truppen an die Ostfront wĂŒrde selbst in den letzten Kriegstagen nicht durch die Dresdener Innenstadt geplant worden sein.

Dabei war Dresden eines der letzten Ziele des britisch/amerikanischen Bombenkrieges gegen die Zivilbevölkerung in deutschen GroßstĂ€dten. Bereits 1942 hat Air-Marshall Harris in seiner bekannten Rede zum Ausdruck gebracht, dass die Deutschen Wind gesĂ€t hĂ€tten und nun einen Wirbelwind zu erwarten hĂ€tten. FĂŒr diese als „Wirbelsturm“ verharmloste systematische und kriegsverbrecherische BombenkriegsfĂŒhrung im Auftrag von Churchill und Roosevelt gegen die deutsche Zivilbevölkerung hatte man eine große Armada von Flugzeugen bereitgestellt. Zum Einsatz kamen Sprengbomben gegen Infrastruktur und vor allem Brandbomben zur nachhaltigen Vernichtung der Zivilbevölkerung. Und vor Dresden wurden zum Beispiel 260 Luftangriffe gegen die Zivilbevölkerung in Köln geflogen, Hamburg wurde nahezu vollstĂ€ndig zerstört (beim Bombardement kamen in zwei Tagen etwa 35 000 Menschen ums Leben) und meine Heimatstadt Darmstadt wurde immerhin zu etwa 80 Prozent in TrĂŒmmer gelegt – um nur die wesentlichsten StĂ€dte zu nennen. Immerhin hat Winston Churchill selbst, der ja Harris beauftragt hatte, den Dokumenten nach spĂ€ter – wenn auch nur einmal und intern – von „Terrorangriffen“ gesprochen, ĂŒber die die Nachwelt richten werde. Die Nachwelt hat bisher nicht gerichtet!

Warum die Bombardierung Dresdens den deutschen BundesprĂ€sidenten offenbar hauptsĂ€chlich an „Menschenverachtung, Antisemitismus und Rassenwahn“ erinnern, wird nicht so recht deutlich. Die kriegsverbrecherischen britisch/amerikanischen Luftangriffe gegen die deutsche Zivilbevölkerung war sicherlich „menschenverachtend“ wie der grausame deutsche Angriffskrieg, mit dem der 2. Weltkrieg vom Zaun gebrochen wurde, allerdings wollte Bomber-Harris die menschenverachtende Grausamkeit der Deutschen („Wind“) bei weitem ĂŒbertreffen durch einen menschenverachtenden, grausamen „Wirbelwind“ gegen die deutsche Zivilbevölkerung – was man tatsĂ€chlich nur als im grĂ¶ĂŸtmöglichen Stil mit grĂ¶ĂŸtmöglicher Vernichtungswahrscheinlichkeit organisiertes Kriegsverbrechen bezeichnen kann. Mit „Antisemitismus und Rassenwahn“ haben diese britisch/amerikanischen Kriegsverbrechen aber sicherlich nichts zu tun. Bei dieser Problematik geht es nicht um gegenseitiges Aufrechnen grausamer Verbrechen – oder gar der Toten von Dresden gegen die Toten von Auschwitz - wohl aber um faire und gerechte Betrachtung der Geschichte des 2. Weltkrieges.

Deswegen sollte dem 75. Jahrestag der Zerstörung Dresdens sich das Gedenken auf das Leiden der Menschen und Bombenopfer in der Stadt konzentrieren. Und nicht mit dem gĂ€ngigen „Hass- und Hetze-Sprech“ verwĂ€ssert werden. Ohne umfassendes, aufrechtes und ehrliches Gedenken wird man diesen Menschen nicht gerecht!

Nazi-Deutschland hat den grausamen 2. Weltkrieg begonnen, wir Deutschen haben uns schuldig gemacht und haben fĂŒr die organisierte Vernichtung von Millionen Juden die geschichtliche Verantwortung zu tragen. Wir haben unsere grausame Geschichte – leider ohne Beteiligung der Bevölkerung der DDR – aufgearbeitet und können sie ĂŒberhaupt nicht vergessen. Wir haben mehrfach um Entschuldigung gebeten, Willi Brandt ist in Warschau niedergekniet und BundesprĂ€sident von WeizsĂ€cker hat vom 08.05.1945 als Tag der Befreiung vom Nazi-Regime gesprochen. Wir Deutschen von heute sind kein „TĂ€tervolk“ mehr, dem bis ins 7. Glied - und wohl darĂŒber hinaus – Schuld angelastet werden darf!

Bomber-Harris wurde 1992 ein Denkmal in der NÀhe der Westminster Abbey gewidmet. Die Queen hat sich bisher nicht entschuldigt, wie auch kein US-PrÀsident!

(14.02.2020)

 

 

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