Hans-Heinrich Dieter

Unbedeutende EU   (18.11.2016)

 

FĂŒr US-PrĂ€sident Obama it is „Time to say good bye”. Deswegen macht er seine letzte Reise nach Europa, um sich von der Spitze der Weltpolitik zu verabschieden und dabei die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen den USA und Europa zu unterstreichen.

In Griechenland, der Wiege der Demokratie, hĂ€lt er zunĂ€chst eine flammende Rede ĂŒber die Prinzipien, Erfolge und Unersetzbarkeit der Volksherrschaft. Das ist eine gute Geste aber hier redet ein amerikanischer Politiker, der mit seiner Politik die amerikanische Gesellschaft gespalten hat wie kaum ein PrĂ€sident vor ihm. Da redet ein PrĂ€sident, der immer mehr versprochen hat, als er erreichen konnte - ein unverdienter FriedensnobelpreistrĂ€ger. Dann schmeichelt er sich bei den steuervermeidenden griechischen BĂŒrgern ein, indem er einen nicht konditionierten Schuldenschnitt fordert. Wenn es ihm bei seiner Reise um die Zusammenarbeit zwischen den USA und Europa gehen sollte, dann war das eine Fehlleistung, denn damit hintertreibt er die Politik der EU und auch die Politik der sogenannten „deutschen Zuchtmeister“.

Danach besucht er mit eher privaten Terminen unter „engen Freunden“ Angela Merkel in Berlin, um am folgenden Tag dann einen offiziellen Besuch in Deutschland zu machen. Dabei lobt er die Kanzlerin stĂ€ndig ĂŒber den grĂŒnen Klee, er macht vorgezogenen Wahlkampf und er tut so, als ob er symbolisch den Staffelstab an die derzeit einzig verfĂŒgbare „FĂŒhrerin der freien Welt“ ĂŒbergeben wollte. In seinem Eifer und in seiner Unkenntnis europĂ€ischer VerhĂ€ltnisse ĂŒbersieht er, dass die planlose und konzeptionslose Kanzlerin Merkel insbesondere mit ihrer nicht abgestimmten FlĂŒchtlingspolitik die EuropĂ€ische Union gespalten und die deutsche und europĂ€ische Sicherheit nachhaltig beeintrĂ€chtigt hat - um hier nur eine der gravierenden Fehlleistungen zu nennen. Und er kann auch nicht richtig einschĂ€tzen, dass diese vermeintliche „FĂŒhrerin der freien Welt“ noch nicht einmal ihre Richtlinienkompetenz in der Außen- und Sicherheitspolitik durchsetzen kann und es zulĂ€sst, dass der deutsche Außenminister die Sanktionspolitik der EU gegenĂŒber Russland wegen der Annexion der Krim  und auch die von Deutschland mitgetragene Sicherheitspolitik der NATO gegenĂŒber der aggressiven und völkerrechtsverletzenden Politik Moskaus hintertreibt. Bei seiner Lobhudelei vergisst Obama dann auch noch gerne, dass Deutschland nicht wie vereinbart 2 Prozent des Brutto-Inlandsproduktes in die gemeinsame Sicherheit und Verteidigung investiert, sondern lediglich magere 1.2 Prozent und so in vielfĂ€ltiger Hinsicht kein Potential zu erforderlicher Machtprojektion hat. Lobhudelei ist vertrauensschĂ€digend und wirkt immer höchst unglaubwĂŒrdig, dabei sind GlaubwĂŒrdigkeit und Vertrauen politische Werte, die die etablierten Politiker unbedingt zurĂŒckgewinnen mĂŒssen.

Am heutigen Freitag kommt es dann zu einem GesprĂ€ch zwischen Kanzlerin Merkel, US-PrĂ€sident Obama, PrĂ€sident François Hollande, MinisterprĂ€sident Matteo Renzi, MinisterprĂ€sident Mariano Rajoy und Premierministerin Theresa May im Kanzleramt. Dabei geht es um aktuelle Fragen im VerhĂ€ltnis zwischen den USA und der EU. Da sitzen dann die durch ihre verfehlte FlĂŒchtlingspolitik in Deutschland und Europa politisch stark angeschlagene deutsche Kanzlerin, ein US-PrĂ€sident, der schon in seiner zweiten Amtsperiode vom Kongress ausgebremst als „lame duck“ keine erfolgreiche Politik mehr machen konnte, ein französischer PrĂ€sident, der die erforderliche Reform der maroden französischen Wirtschaft mit seiner eigenen Partei nicht durchsetzen kann sowie die haushaltspolitischen EU-Kriterien nicht erfĂŒllt, ein angeschlagener italienischer MinisterprĂ€sident, der einen wirtschaftlichen und finanzpolitischen Problemfall regiert, ein spanischer MinisterprĂ€sident, der mit einer Minderheitsregierung nur stark eingeschrĂ€nkt handlungsfĂ€hig ist und die planlose britische Regierungschefin eines tief gespaltenen Großbritannien zusammen und sollen das VerhĂ€ltnis zwischen den USA und der EU diskutieren? Wer hat bei dieser Thematik eigentlich welche Kompetenz und welche ZustĂ€ndigkeiten. Es gibt sicher keinen einstimmigen Beschluss der EU-Mitgliedstaaten, dass gerade diese fĂŒnf Mitglieder fĂŒr die EU sprechen können und sollen. Es gibt auch keinen Auftrag der EU-Kommission, sie in dieser Thematik zu vertreten und der EU-RatsprĂ€sident hĂ€tte sich sicher gefreut, wenn er bei solchen GesprĂ€chen geladen wĂ€re. Eine gemeinsame Pressekonferenz war nicht geplant, auch weil man sicher weiß, dass es bei einem solchen GesprĂ€ch der NichtzustĂ€ndigen keine tragfĂ€higen Ergebnisse geben kann. Deswegen war dieses Treffen nicht nur nutzlos sondern auch der EU abtrĂ€glich.

Kanzlerin Merkel hat in ihrer politischen Eitelkeit offensichtlich vergessen, die verantwortlichen Vertreter der europĂ€ischen Union in Absprache mit Obama in die Agenda einzubinden. PrĂ€sident Obama hĂ€tte seine politische Missachtung der EuropĂ€ischen Union nicht massiver zum Ausdruck bringen können als mit seinem offensichtlichen Desinteresse an der Wertegemeinschaft der 28 EU-Mitgliedstaaten. In der derzeitigen krisengeschĂŒttelten Lage der EU geht es aber gerade darum, nationalistische Politik zu ĂŒberwinden, Spaltungs- und Zerfallstendenzen zu stoppen und die Gemeinschaft zu stĂ€rken. Mit diesen GesprĂ€chen zum VerhĂ€ltnis zwischen den USA und der EU wurde aber der Eindruck verstĂ€rkt, dass es eine Mehrklassen-EU gibt und ĂŒber die Köpfe kleinerer Mitgliedstaaten hinwegpolitisiert wird. Dem GemeinschaftsgefĂŒhl haben Kanzlerin Merkel und PrĂ€sident Obama einen BĂ€rendienst erwiesen. Putin wird das freuen!

(18.11.2016)

 

 

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