Hans-Heinrich Dieter

Traurig   (06.05.2013)

 

Es macht traurig, dass ein Soldat des KSK in Nordafghanistan gefallen ist und sein Kamerad verwundet wurde.

Die Reaktion der deutschen Politiker entspricht den bekannten Mustern. Die einen sprechen davon, dass der Abzug der deutschen Soldaten vom Hindukusch beschleunigt werden sollte, die anderen mahnen zum Festhalten an der bisherigen "Strategie", Außenminister Westerwelle spricht von einem "schweren Rückschlag" und der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Arnold, sagte im Deutschlandfunk abwiegelnd und beschönigend, insbesondere im Osten und Süden gebe es noch erhebliche Schwierigkeiten. Die meisten Politiker von Koalition und Opposition zeigen sich aber besorgt über die Sicherheitslage in Afghanistan.

Die Taliban haben jüngst eine "Frühjahrsoffensive" angekündigt und in den vergangenen Wochen gezeigt, dass sie handlungsfähig sind, die Initiative ergreifen und auch weiterhin zu spektakulären Anschlägen in der Lage sind. Das letzte Wochenende war denn auch das mit dem höchsten Blutzoll der ISAF-Truppen in den letzten zwei Jahren. Der Taliban-Sprecher Sabiullah Mudschahid erklärt, dass alle "großen und kleinen Ziele" für Anschläge ausgewählt und alle logistischen Vorbereitungen für die Frühjahrsoffensive getroffen seien. Da wundert es nicht, dass Außenminister Westerwelle den Afghanistaneinsatz für immer noch "sehr gefährlich" hält und Fachleute durchaus einen blutigen Sommer erwarten. Und die Taliban in Nordafghanistan haben gezeigt, dass sie nicht nur "weiche Ziele" angreifen, sondern auch vor einer bewaffneten Auseinandersetzung mit den am besten für Kampfeinsätze ausgebildeten deutschen Soldaten nicht zurückschrecken.

Die politisch erforderlichen Feststellungen sind also alle pflichtschuldig stereotyp getroffen, das Mitgefühl mit den Angehörigen und die Trauer sind zum Ausdruck gebracht. Traurig stimmt in solchen Zusammenhängen immer wieder, dass die erforderlichen Konsequenzen nicht gezogen und die nötigen politischen Entscheidungen nicht getroffen werden. Wenn der Einsatz weiterhin sehr gefährlich ist und es Grund zur Sorge über die Sicherheitslage in Afghanistan gibt, dann muss man der Gefährdung entgegenarbeiten und alles tun, damit die Truppe ihren Auftrag möglichst ohne weitere Ausfälle erfüllen kann. Dazu gehört, dass auch in der kräftezehrenden, personalintensiven und logistisch sehr anspruchsvollen Phase des Rückzuges neben genug Kräften für die Erfüllung des Ausbildungs- und Unterstützungsauftrages auch genug Kräfte für die Gewährleistung der Eigensicherung verfügbar gehalten und Kampftruppenreserven zugestanden werden, um Lageverschärfungen, "schweren Rückschlägen" und massiven Gefährdungen entgegentreten zu können.

Die Truppe kann mit demselben Personal nicht beides gleichzeitig, packen und zurückschicken sowie darüber hinaus als Partner der Afghanen auftragsgemäß und wie gefordert ausbilden und unterstützen. Die Truppe kann den Auftrag schon überhaupt nicht vollständig ausführen mit politisch festgelegten Personal-Reduzierungen. Und die Truppe ist spätestens dann stark überfordert, wenn sich herausstellt, dass die afghanischen Kräfte qualitativ und quantitativ die Sicherung auch der deutschen Rückzugoperationen nicht leisten können.

Die Parlamentarier sollten in Verantwortung für die in Afghanistan eingesetzten deutschen Staatsbürger bei anstehenden Entscheidungen zu Personalstärken den Mut haben, auch gegen landläufige Bauchgefühle, der Truppe die Stärke zuzugestehen, die sie nach ungeschönter Beurteilung der Lage braucht und zusätzlich eine schlagkräftige Kampftruppenreserve verfügbar machen. Denn es gilt, weitere Verluste möglichst zu vermeiden.

(06.05.2013)

 

 

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