Hans-Heinrich Dieter

Propaganda-Taktiker Putin   (12.05.2014)

 

Die Bedeutung der geplanten Referenden in Donezk und Luhansk am 11.05. hatte Außenminister Steinmeier im ZDF-Interview ignorant heruntergespielt und sich ausschließlich auf die Bedeutung der Durchführung der Präsidentschaftswahlen am 25. Mai versteift. Die Kanzlerin wusste es besser, wie ihre Interventionen in Richtung Putin zeigten.

Putin hat die Separatisten dann, als die Vorbereitungen für die Abstimmungen schon weit vorangetrieben und die Stimmzettel schon gedruckt waren, dazu aufgerufen, die Referenden zu verschieben und wurde für diese "Bemühungen um Deeskalation" vielfach gefeiert. Dabei hat Putin mit seinem Aufruf an die pro-russischen Separatisten, die von ihm so genannten "politischen Vertreter der Ost-Ukraine", indirekt die Legitimität der Referenden anerkannt. Und Putin wollte sicher vor den pompösen Feierlichkeiten in Moskau und auf der Krim zum Tag des Sieges etwas Druck von Russland nehmen. Bei westlichen Ignoranten und Illusionisten kam denn auch Hoffnung auf, dass eine konsequente Politik mit Rückgrat gegenüber Putin nun nicht mehr erforderlich sei. Weit gefehlt!

Der sehr späte Aufruf Putins war ein weiterer Propagandaauftritt. Putin weiß durch seine Agenten, Spezialkräfte und Gewährsmänner sehr genau, welche Erfolge die durch Russland betriebene Destabilisierung der Ost-Ukraine bisher hatte und in welcher Lage sich die Separatisten befinden. Er musste daher überhaupt nicht fürchten, dass die Separatisten seinem Aufruf folgen würden und die Gefahr, dass sein Aufruf von westlichen Politikern als reines Lippenbekenntnis entlarvt würde, war ohnehin als gering einzuschätzen. Gleichzeitig konnte Putin versuchen, den Eindruck zu erwecken, dass er die Lage in der Ost-Ukraine nicht in dem Maße steuert, wie vom Westen angenommen und dass es sich um eine rein ukrainische Volksbewegung handelt. So kann Putin über seinen Einpeitscher Lawrow weiterhin Wahrheiten auf den Kopf stellen, Fakten verdrehen und weiter fordern lassen, dass Kiew den "verbrecherischen Kampf gegen die eigene Bevölkerung" beendet und zu einer friedlichen, natürlich föderalen Lösung nach russischen Vorstellungen findet und gleichzeitig gedeckt, versteckt und getarnt Öl ins Feuer gießen, den Separatismus durch Propaganda und Geheimdienstaktionen weiter anzuheizen, die Destabilisierung steigern und so die Präsidentschaftswahlen am 25. Mai hintertreiben, ohne sich öffentlich gegen die Wahlen zu stellen. Putin ist ein sehr geschickter Taktiker, der überhaupt nicht an irgendwelchen Verhandlungstischen erscheinen muss! Putin braucht derzeit den von ihm eingefädelten chaotischen Realitäten nur freien Lauf zu lassen. An dieser Lage ist die deutsche Außenpolitik, die lieber unwürdig buckelt als gegenüber Völkerrechtsverletzungen politisches Rückgrat zu zeigen, nicht unschuldig.

Nun respektiert Russland die Referenden und ihre Ergebnisse als Wille des ost-ukrainischen Volkes, der friedlich umgesetzt werden müsse. Damit verstärkt Putin das Chaos, denn er weiß, dass die ukrainische Übergangsregierung und die westliche Welt die illegitimen Referenden ablehnt und ihre Ergebnisse nicht anerkennen kann. Und mit der Respektierung des vermeintlich überwältigenden, mehrheitlichen ost-ukrainischen Volkswillens will Russland natürlich neuerliche "Reaktionen Kiews gegen das eigene Volk" provozieren. Natürlich fordert Putin, dass Kiew nun mit den unter Strumpfmasken mit Maschinenpistolen herumlaufenden ostukrainischen Separatisten, mit den vermeintlich durch die Referenden bestätigten "politischen Vertreter der Ost-Ukraine" verhandelt und weiß ganz genau, dass er selbst jegliche Verhandlungen mit Geiselnehmern, Verbrechern, Terroristen und antirussischen Separatisten - wie damals in Tschetschenien - nicht verhandeln würde, genau wie jetzt die ukrainische Übergangsregierung. Alle diese Aktionen dienen der weiteren Destabilisierung und der Povokation von Maßnahmen gegen die Separatisten, die dann wiederum von Russland öffentlich als verbrecherische Aktionen einer illegitimen ukrainischen Regierung gegen das eigene Volk gebrandmarkt werden können.

Der Westen denkt Gott sei Dank nicht mehr in den Kategorien des Kalten Krieges. Der Westen möchte aber weiterhin daran glauben, dass es sich bei dem Aggressor und Völkerrechtsverletzer Putin um einen "europäischen Partner" handelt. Der naive Westen merkt nicht, dass er von einem russischen "Propagandakrieg" überzogen wird und dem Westen fällt nicht auf, dass die russische Destabilisierung der Ukraine - unter den Augen der westlichen Welt - so erfolgreich ist, dass sie als Blaupause für spätere Aktionen gegen ehemalige Sowjetrepubliken in Ost- und Südost-Europa dienen kann.

Es wird höchste Zeit, dass dem Gegner Europas Putin politisch Einhalt geboten wird. Das heutige Treffen der EU-Außenminiser wird dazu noch keinen Beitrag leisten, fürchte ich.

(12.05.2014)

 

 

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