Hans-Heinrich Dieter

Politische Piraten? (27.03.2012)

 

Piraten sind gewöhnliche Gewalttäter und Verbrecher. Störtebeker war ein Verbrecher und Sir Francis Drake war ein Verbrecher im Dienste der britischen Krone, vor Somalia und in der Straße von Malakka verüben Piraten tagtäglich Verbrechen zu unserem erheblichen Nachteil. Da fragt man sich, wes Geistes Kind deutsche Bürger sind, die sich entschließen, ihrer Partei den Namen „Piraten Partei“ zu geben, oder welche programmatischen Ziele sie mit dieser Namensgebung verbinden. Aber richtige Programme, die Auskunft geben könnten, gibt es ja noch nicht, wenn man vom schnell zusammenkopierten saarländischen Wahlprogramm einmal absieht.

Trotzdem haben die Piraten im Saarland 7,4% der Stimmen geholt.

Journalisten sind sich nie zu schade und nehmen dann auch dankbar die Begrifflichkeiten der Piraterie auf. Sie sprechen vom „Entern“ von Prozentpunkten sowie vom „Beute machen“ im Hinblick auf Parlamentssitze. Das kann man ja noch als Gag abtun. Dann wird es aber dümmlich: „Die Ideen der Piraten sind in manchen Punkten deckungsgleich mit dem ursprünglichen liberalen Gedankengut.“ oder ,„Für den Parlamentarismus sind sie ein Geschenk.“ Oder es wird auf die lapidare Feststellung des Piratenpolitikers Johannes Thon "Wir sind die stärkste liberale Partei" die Frage erörtert „Sind die Piraten die neuen Liberalen?“ Da fragt man sich angesichts der offensichtlichen politischen Inhaltsleere und Naivität der Piraten, von welchem Liberalismus und von welchem liberalen Gedankengut hier die Rede ist.

Freiheit im Internet, bedingungsloses Grundeinkommen für alle und die digitalisierte Beteiligung an allen Entscheidungen ist ein wenig dürftig für das Markenetikett „liberal“. Außerdem ist sehr zu bezweifeln, dass die Protest- und Erstwähler, die sich im lächerlich kleinen „Flächenstaat Saarland“ für die Piraten entschieden haben, liberale Politik fördern wollten. Die Wähler haben sich mangels Masse nicht für Inhalte entscheiden können, sie haben sich offenbar politikverdrossen gegen das etablierte Parteiensystem und für die coolen Unprofessionellen entschieden, die auf einer erstaunlichen Sympathiewelle schwimmen. 

Im Saarland haben die Piraten 381 Mitglieder und vier Sitze im neu gewählten Landtag. Was sie politisch mit diesen Sitzen anfangen wollen, wissen diese Piraten noch nicht so richtig, aber eine irgendwie ein wenig schamlos zur Schau gestellte Orientierungslosigkeit ist ja Teil des versprühten Charmes. Wer da von einem „Geschenk für den Parlamentarismus“ faselt, sollte sich noch einmal quasi „basisdemokratisch“ über Parlamentarismus informieren. Bei Volksvertretungen geht es ja doch um Machtausübung mit dem Ziel, das Wohl des Volkes zu mehren. Dafür braucht man konkrete Ziele und klar umrissene politische Vorstellungen und keine gutmeinende aber laienhafte Unbedarftheit.

Die Piraten werden auf ihre unorthodoxe Art den etablierten, verkrusteten und auch volksfernen Parteien- und Politikbetrieb durcheinanderbringen, Mehrheitsbildungen erschweren und mit dem großen Medieninteresse, das sie erfahren, Popularität gewinnen und so die angestammten Parteien beeinträchtigen. Die etablierten Parteien reagieren etwas geschockt oder auch ratlos. Sie sollten nun wirklich etwas gegen die Politikerverdrossenheit tun und dafür sorgen, dass die Bevölkerung ihre Politik auch versteht und mittragen will. Und es wird hohe Zeit, dass sie die Inhaltsleere, die Orientierungslosigkeit, die parlamentarische Unerfahrenheit und politische Unbedarftheit der Piraten thematisieren, bevor sich die Piraten im System etablieren und  zu einer kleinen „Volkspartei“ werden.

(27.03.2012)

 

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