Hans-Heinrich Dieter

Marktwirtschaft! (30.03.2012)

 

Es gibt kaum eine Verbalinjurie, mit der Politiker der SPD und der Grünen, aber auch aus Teilen der CDU/CSU, allen voran der Oberpopulist Seehofer, und nicht zuletzt auch Teile der Medien heute die FDP nicht belegen. Dabei bricht die Lawine der populistischen Kritik mit Höllenlärm über die FDP herein, weil die liberalen Politiker eine an der Marktwirtschaft orientierte vernünftige Politik machen. Das politische Fehlverhalten ist nur dadurch zu erklären, dass ebenso teure wie verlogene, aber vom Wähler geschätzte Symbolpolitik verhindert wurde und SPD-Minister, allen voran Herr Schmid in Baden-Württemberg, aber auch Ministerpräsidenten, wie Seehofer und Beck, sich nun nicht als Macher und vermeintliche Retter der Schlecker-Mitarbeiterinnen feiern lassen können.

Marktwirtschaft kann aber auf Dauer nur erfolgreich sein, wenn ordnungspolitische Regeln befolgt werden. Dazu gehört auch die gleiche Behandlung gleicher Sachverhalte. Es kann nicht Aufgabe des Staates sein, nicht systemrelevanten, in Schieflage geratenen Unternehmen finanziell unter die Arme zu greifen. Wenn die Bundesländer die Bürgschaft für eine Transfergesellschaft für Schlecker-Mitarbeiterinnen übernommen hätten, müsste die öffentliche Hand auch bei Konkursen von Betrieben des Mittelstandes helfen. Das wird nicht möglich sein. Und den Sündenfällen der jüngsten Vergangenheit müssen ja nicht weitere Sündenfälle hinzugefügt werden.

Wenn eine Transfergesellschaft finanziert wird, dann muss sie Sinn machen. Sinn macht eine Transfergesellschaft ausschließlich für den Unternehmensverkauf, dem geschrumpften Schlecker würde das möglicherweise helfen. Da die Schlecker-Mitarbeiterinnen auf die Bundesrepublik verteilt sind, wird eine z.B. in Baden-Württemberg eingerichtete Transfergesellschaft weit weniger sinnvoll und zielgerichtet bei Qualifizierung und Vermittlung helfen können als die regionalen und örtlichen Arbeitsagenturen. Eine Transfergesellschaft verschafft den Beschäftigten etwas Zeit und ein wenig Illusion, sie schafft aber keine dauerhafte Beschäftigung, löst das Problem nicht und hilft den Schlecker-Mitarbeiterinnen nicht wirklich.

Mit dem Auffangen der arbeitslos gewordenen Beschäftigten in Transfergesellschaften, so die Argumentation der Opposition, würden eventuell sogar für zwei Jahre Arbeitslosengeld gezahlt statt nur für ein Jahr. Aber es kann doch nicht darum gehen, Mitarbeiter in Transfergesellschaften zu parken und einen möglichst langen Bezug von Arbeitslosengeld zu gewährleisten. Ziel muss es doch sein, die Menschen möglichst schnell in neue anspruchsvolle Tätigkeiten zu vermitteln. Dafür haben wir leistungsfähige Jobcenter der Arbeitsagenturen und bundesweit ca. 25.000 offene Stellen im Einzelhandel.

Eine Bürgschaft für eine Transfergesellschaft heißt noch nicht, dass Steuergeld tatsächlich fließen muss. Allerdings machen Fachleute angesichts des sehr starken Wettbewerbs in der Branche große Fragezeichen an die Überlebensfähigkeit des geschrumpften, aber immer noch maroden Schlecker-Konzerns. Die Wahrscheinlichkeit, dass Millionen Steuergelder verloren gehen, weil das Bürgschaftsdarlehen nicht zurückgezahlt werden kann, ist also verhältnismäßig hoch.

Die FDP-Minister haben falscher Politik Einhalt geboten. Die Gründe müssten allerdings den Bürgern erklärt werden. Das wird schwer werden, weil ein großer Teil der Medien nicht bereit ist, sachlich über liberale Politik und über die FDP zu berichten. Und das Volk scheint in der derzeitigen Anti-FDP-Gefühlslage nicht gerade sehr offen zu sein für Sachargumente, wenn sie von FDP-Politikern vorgebracht werden.

Die Financial Times Deutschland bezeichnet den Streit um eine Transfergesellschaft denn auch als Trauerspiel: "Nicht weil der politisch angeschlagene FDP-Bundeswirtschaftsminister Rösler strikt Bundeshilfen ablehnt. Sondern vor allem wegen jener Sozialdemokraten, Linken und Grünen, die nun nach der staatlichen Auffanglösung schreien, um sich so den Wählern in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein als angeblich soziale Kraft zu empfehlen."

(30.03.2012)

 

 

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