Hans-Heinrich Dieter

Mali-Mission   (11.04.2013)

 

Am 2. April hat die Mali-Ausbildungs-Mission der Europäischen Union offiziell begonnen. Aber so richtig loslegen können nicht alle Ausbilder. Denn die malischen Soldaten müssen offensichtlich erst einmal eine solide Ausbildung in militärischen Grundfähigkeiten, wie sicherer Umgang mit Waffen und Schießen, lernen, bevor mit anspruchsvoller Pionierausbildung wie für das Beseitigen von Sprengfallen, Entschärfen von Ladungen und Räumen von Straßensperren begonnen werden kann. Die geplanten 20 deutschen Pionierausbilder sollen dann auch erst in gut zwei Wochen ihre Arbeit aufnehmen, bis dahin lernen die Pioniere wahrscheinlich ein wenig Französisch, organisiert sich die Bundeswehr intensiv selbst und betreibt noch ein Feldlazarett.

Die Ausbildungsmission (EUTM) ist auf 15 Monate terminiert. Zunächst sollen 3.000, danach weitere 3.000 malische Soldaten für militärischen Dienst bis hin zum Kampf gegen Extremisten und Terroristen ausgebildet werden. Es ist durchaus verständlich, dass man zunächst einmal einen Zeitraum für die Ausbildung festlegt. Aber wenn letztendlich auch Terroristen durch malische Soldaten erfolgreich bekämpft werden sollen, dann ist der ins Auge gefasste Zeitraum Illusion, zumal die malische Armee als schlecht ausgerüstet, schlecht organisiert, schlecht ausgebildet und nicht hinreichend diszipliniert gilt.

Die Ausbildungsmission beginnt in einer schwierigen Zeit. Im Januar haben die französischen Streitkräfte, zusammen mit wenigen malischen Truppen, schnelle Erfolge bei der Vertreibung der Tuareg und der Islamisten. Die historische Wüstenstadt Timbuktu und die wichtigste Stadt im Norden Malis, Gao, wurden zügig von Islamisten geräumt und Präsident Hollande sprach bei seinem frühen, vorwiegend innenpolitisch motivierten, Besuch davon, dass der Auftrag der französischen Streitkräfte geradezu blitzkriegartig in Kürze erfüllt sei und die 4.000 Mann starke Truppe bald reduziert werden könne. Der Plan ist, die französische Truppe bis Ende 2013 auf 1.000 Soldaten zu verkleinern und die Aufgaben durch malische und ECOWAS-Truppen übernehmen zu lassen. Auch dieser Plan erscheint illusorisch, denn der Norden Malis ist derzeit alles andere als befriedet, die malischen Truppen werden Ende 2013 noch nicht hinreichend ausgebildet sein, die Leistungsfähigkeit der ECOWAS-Truppen kann noch nicht richtig eingeschätzt werden und Mali als Staat ist insgesamt in einem sehr instabilen Zustand.

Die „Befreiung“ des malischen Nordens wurde denn auch etwas frühzeitig gefeiert. Die malischen Streitkräfte haben sich als weniger stabil gezeigt und sich schwere Ãœbergriffe und Menschenrechtsverletzungen zu Schulden kommen lassen. Die geschätzt 2.000 Islamisten sind, gut bewaffnet auch aus libyschen Beständen, inzwischen wieder in die Städte vorgedrungen, verüben Anschläge und binden so stärkere französische Kräfte. Die Islamisten und Terroristen sind denn auch nicht wirklich aus dem Norden vertrieben worden, sie sind vielmehr ausgewichen, ohne sich blutigen Gefechten zu stellen, und warten in unzugänglichen Wüstenlandschaften auf gute Gelegenheiten für Anschläge, Ãœberfälle und lukrative Geschäfte. Auch in Timbuktu sind die Islamisten jetzt wieder aktiv und in der Region Gao, wo eine logistische Basis der Islamisten sein soll, gab es in den vergangenen Wochen wieder Selbstmordanschläge und Zusammenstöße zwischen Islamisten und französischen beziehungsweise malischen Soldaten. In Mali, das viermal so groß ist wie Deutschland, werden die Extremisten und Terroristen sicher noch lange ihr Unwesen treiben können. Die Vereinten Nationen sehen die Lage deswegen auch kritisch und denken – falls es zu einem Mandat kommen sollte - eher an eine Eingreiftruppe mit Kampfauftrag als an eine klassische UN-Friedensmission.

Mali selbst befindet sich seit dem Militärputsch im März 2012 in einer äußerst labilen politischen Lage. Es gibt keine gut funktionierende Verwaltung und von guter Staatlichkeit kann keine Rede sein. Korruption ist stark verbreitet und bestimmt den politischen und wirtschaftlichen Alltag in dem sehr rohstoffreichen Land. Trotz seiner vielen Bodenschätze zählt Mali zu einem der ärmsten Länder der Welt und importiert über 70% seiner Nahrungsmittel. 62 Prozent der malischen Bevölkerung sind nach Angaben der Welternährungsorganisation schwer und dauerhaft unterernährt. Und im Juli 2013 sollen Wahlen stattfinden, Ausgang offen und Qualität der zur Wahl stehenden Politiker fragwürdig.

Die Mali-Ausbildungs-Mission der Europäischen Union ist also unter denkbar schwierigen und wenig erfolgversprechenden Rahmenbedingungen gestartet. Vielleicht entwickelt sich die Lage ja günstiger als vermutet. Die EU und Deutschland sollten aber ein realistisches Ende der Ausbildungsmission definieren und den Einsatz dann auch beenden. Die Entwicklung Malis zu einem funktionierenden Gemeinwesen mit guter Staatlichkeit sollte die Afrikanische Union fördern, tatkräftig unterstützt durch Frankreich, das damit auch Versäumnisse aus der Zeit französischer Kolonialverantwortung ausgleichen kann.

(11.04.2013)

 

 

nach oben

 

zurück zur Seite Klare Worte