Hans-Heinrich Dieter

Leitkultur in Deutschland   (17.09.2017)

 

Sich mit „Leitkultur“ zu befassen ist in unserem heutigen Deutschland nicht einfach, denn der Mainstream-Reflex verhindert in aller Regel eine vernünftige, sachorientierte Diskussion. Dabei brauchen wir doch Orientierung, was uns als Nation und als Gesellschaft ausmacht, welche kulturellen Werte wir erhalten und wie wir zukünftig unser Zusammenleben gestalten wollen. Ohne eine solche Orientierung sind wir beliebig und wissen nicht, wie wir Zuwanderer aus anderen Kulturkreisen integrieren sollen. An einer solchen kulturellen Orientierung hat es in Deutschland lange Zeit gefehlt und deswegen ist die Integration der vielen in Deutschland lebenden Bürger mit Migrationshintergrund auch so unzureichend und teilweise schlecht gelungen.

Aydan Özoguz, Tochter türkischer Gastarbeiter, in Hamburg geboren und Integrationsbeauftragte (SPD) der Bundesregierung, hat in einem Gastbeitrag im Tagesspiegel geschrieben: „Eine spezifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht zu identifizieren.“ Und fordert eine „interkulturelle Öffnung in allen Bereichen.“ Es ist ein starkes Stück und mit Bezug auf ihr Amt unverantwortlich, wenn eine Integrationsbeauftragte versucht, die deutsche Kultur auf die Sprache zu reduzieren.

Kultur ist das Ergebnis der Gestaltungskraft von Menschen und setzt sich aus vielen Facetten zusammen: Philosophie, Religion, Geschichte, bildende Kunst, Musik, Literatur, Architektur, Technik, Sprache und weil Menschen ihr Zusammenleben in Nationen, Staaten und Gesellschaften organisieren, kommen als Facetten das Rechtswesen mit einer Verfassung sowie ausgeprägte Gewohnheiten des alltäglichen oder auch landsmannschaftlichen Zusammen-lebens dazu.

Solche Kultur ist im deutschsprachigen Raum über Jahrhunderte gewachsen und deswegen gibt es einen sehr großen Anteil allgemeinen europäischen Kulturgutes. Das ist nicht verwunderlich, denn in Europa heben wir uns gemeinsam durch die Aufklärung aus dem Mittelalter befreit, wir haben als Nachbarn stets auch den kulturellen Austausch gepflegt und die kulturellen und künstlerischen Epochen der neueren Geschichte meist gemeinsam gestaltet. Gleichwohl gestalten die Bürger unterschiedlicher Nationen ihr Zusammenleben mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Erfolgen. Und die Nationen haben auch teilweise eine andere Geschichte, die das Zusammenleben der Menschen und die Gestaltung ihres Lebens prägt. Die leidvolle deutsche Geschichte hat die Kultur im Nachkriegsdeutschland stark geprägt im Hinblick auf die Entwicklung einer eigenen Verfassungskultur aber einer politischen Kultur auf der Grundlage unserer liberalen Demokratievorstellungen. Und aus dieser leidvollen Geschichte ist auch eine deutsche Erinnerungskultur entstanden, denn kein anderer Staat hat seine Verbrechen während des Zweiten Weltkrieges so intensiv und schonungslos aufgearbeitet wie Deutschland und unser besonderes Verhältnis zu Israel ist Teil dieser Erinnerungskultur. Und über diese Kultur haben wir eine Identität als deutsche Staatsbürger.

Ich habe zur Leitkultur bereits Anfang 2009 einen Klartext verfasst. Damals habe ich noch nicht gewusst, dass sich offenbar zu wenige Bürger mit der Kultur unserer Nation identifizieren. Deswegen habe ich meine Vorstellungen hier vertieft und möchte meinen Klartext von 2009 hier anfügen. Ich will damit nicht Recht behalten, aber mein Erschrecken darüber zum Ausdruck bringen, dass wir in den letzten Jahren viel geredet haben, aber auf diesem so wichtigen kulturpolitischen Gebiet so wenig zustande gebracht haben:

Schluss mit „Multikulti“!

Solange uns Deutsche die grausame Geschichte des Holocaust belastet – und das geht bis ins siebte Glied sowie darüber hinaus – werden wir uns schwertun mit natürlichem Nationalbewusstsein oder gar Nationalstolz.

Wir haben zu unserer Geschichte zu stehen, aber wir heutigen Deutschen sind keine Schuldigen. Die Bundesrepublik Deutschland hat eine freiheitliche demokratische Grundordnung, ein umfangreiches und großartiges Kulturerbe – teilweise zusammen mit unseren europäischen Nachbarn - sowie ein gut funktionierendes Sozialsystem, darüber hinaus ist Deutschland die drittstärkste Volkswirtschaft der Welt und ein europäischer Partner mit Gewicht.

Es gibt also genug guten Grund, sich mit dem heutigen Deutschland zu identifizieren, es als Vaterland oder Heimatland zu empfinden und zu verstehen. Solche Identifikation – und gerade in Zeiten der Globalisierung wächst das Bedürfnis der Menschen danach – braucht gemeinsame werteorientierte Ãœberzeugungen und kulturelle Orientierungen sowie Symbole wie Nationalfarben, Nationalhymne, Nationalmannschaften aber auch das gemeinsame Kulturgut Landessprache, durchaus verstanden als eine lebendige Sprache, die sich auch weiterentwickelt.

Als nun die CDU auf ihrem Bundesparteitag im Dezember - übrigens gegen das Votum von Bundeskanzlerin Merkel - forderte, Deutsch als Landessprache ins Grundgesetz aufzunehmen, gab es lauten Protest und die bekannten Reflexe. Nach Auffassung sehr vieler SPD-Politiker steckt hinter einem solchen Vorstoß „Deutschtümelei“ und „Ausländerfeindlichkeit“. Die Grünen stoßen ins gleiche Horn wenn u. a. Frau Höhn sagt: „...die Ãœberhöhung der Sprache ist kein Beitrag für das Miteinander der unterschiedlichen Kulturen in Deutschland.“

Welch ein Aufschrei von Alt-68ern, von Erfindern des „Multikulti“ und von den Verantwortlichen für eine weitgehend gescheiterte Integrationspolitik mit schmerzlichen Folgen für uns alle. Solche Politiker haben wenig Grund für nationales Selbstbewusstsein, sie haben schlechte Politik für Deutschland zu verantworten.

Dabei soll doch eigentlich nur mit der Verankerung des Satzes „Die Sprache der Bundesrepublik ist Deutsch“ im Grundgesetz das nachvollzogen werden, was 17 von 27 Staaten der Europäischen Union bereits in ihren jeweiligen Verfassungen geregelt haben. Deutschland hat genug Grund, auch im Hinblick auf seine Sprache, selbstbewusst zu sein.

Und der Zentralrat der Muslime in Deutschland spart nicht mit Kritik. Der Zentralrat nannte das Vorhaben, Deutsch als Landessprache im Grundgesetz zu verankern, „lächerlich und kleinlich“. Und der Vorsitzende Ayyub Köhler sagte: „Dass Deutsch Amtssprache ist, steht doch ohnehin fest. Und dass die deutsche Sprache Grundlage für Integration ist, ist selbstverständlich.“ Und Herr Köhler unterstellt auch einen Rückfall in die aus seiner Sicht schädliche und integrationsfeindliche Debatte über eine deutsche Leitkultur.

Herr Köhler will nicht verstehen, dass das Thema nicht Deutsch als Amtssprache ist. Wenn Menschen die gleiche Sprache sprechen, dabei aber in unterschiedlichen kulturellen Kategorien denken, kann es leicht zu solchen Missverständnissen kommen. Und Herr Köhler beurteilt die Lage falsch, wenn er glaubt, die große Mehrheit z. B. der Deutsch-Türken habe verstanden, dass die deutsche Sprache Grundlage für Integration sei. Die Ergebnisse des Multikulti-Ansatzes, die Auswirkungen des Lebens von Deutschen mit Migrationshintergrund in Parallelgesellschaften, die Ergebnisse von Pisa-Studien im Hinblick auf deutsches Sprachvermögen von Kindern mit Migrationsgeschichte, die nicht vorhandene Ausbildungsfähigkeit der großen Zahl von solchen Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss und in Folge der hohe Anteil solcher Jugendlicher an Arbeitslosigkeit mit dem damit verbundenen sozialen Sprengstoff und der langfristigen Belastung unserer Sozialsysteme, lassen entgegengesetzte Schlüsse zu.

Der Teufelskreis ist, gemessen an der Komplexität des Problems, relativ einfach zu beschreiben: Ein nicht geringer Teil von Deutschen mit Migrationshintergrund verfügt über eingeschränkte deutsche Sprachkenntnisse, die berufliche Qualifikation ist häufiger unterhalb des Facharbeiterstatus` angesiedelt, die Gefahr arbeitslos zu werden somit durchaus hoch, denn Geringqualifizierte sind zunehmend schwer vermittelbar, die Sprache im jeweiligen Zuhause und bei der Religionsausübung ist die Muttersprache der Herkunftsländer. Solche Familien haben häufig mehr Kinder als der bundesdeutsche Schnitt. Weil insbesondere die Mütter häufiger Deutsch nicht im Standard Landessprache können, wachsen diese vielen Kinder auch nicht mit Deutsch als Muttersprache auf.

Während Kindergarten- und Schulzeit ist die Unterstützung durch die Eltern beim Lernen von Deutsch im jeweiligen Schulstandard mehr oder weniger stark eingeschränkt.

Ohne die Beherrschung von Deutsch im jeweiligen Schulstandard sind Schulabschluss und Qualifikation für eine weiterführende Ausbildung gefährdet. Die Berufs- und Lebensperspektive ist dann wenig positiv. Und der Teufelskreis beginnt von Neuem. Und wenn wir wissen, dass 2007 die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund um 268 000 auf 14,4 Millionen (18,7% der Bevölkerung) gestiegen ist, dann wird die Dimension des Problems deutlich.

Vertreter des “Multikulti“-Ansatzes haben geglaubt, dass man Zuwanderer und ihre Kinder nicht zusätzlich mit dem Problem des Erlernens der deutschen Sprache belasten dürfe. Das ist eine der Hauptursachen für Verirrungen und Fehlansätze in der Integrationspolitik.

Heute wissen viele, dass das ein Irrglaube mit schlimmen Auswirkungen für die Zuwanderer und ihre Kinder war und dass die Kenntnis der deutschen Sprache eine Mindestvoraussetzung für Integration ist.

Dadurch dass deutsche Politik die Kenntnis der deutschen Sprache nicht zur bindenden Voraussetzung und Grundlage der Integration gemacht hat, hat sie Chancenungerechtigkeit für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund bei Ausbildung und Bildung geradezu verursacht. Gott sei Dank gibt es zahlreiche ehrenamtlich tätige Menschen, die sich in den unterschiedlichsten Integrationsprojekten darum bemühen, dass Bürger deutscher und nichtdeutscher Herkunft nicht nebeneinander her sondern miteinander leben. So werden die Ergebnisse fehlerhafter Politik zum Teil ausgeglichen.

Und die Integrationskonferenz unter der Leitung von Innenminister Schäuble tagt weiter – ohne greifbare Ergebnisse.

Gründe dafür sind m. E. mangelndes nationales Selbstbewusstsein und fehlender Mut, berechtigte Integrationsforderungen zu stellen und durchzusetzen.

Warum reden wir nicht Klartext?

Warum sagen wir unseren Landsleuten und den zukünftigen Bürgern mit Migrationshintergrund nicht, was wir von ihnen erwarten!

Warum definieren wir nicht klare Regeln für das Zusammenleben?

  • Deutschland ist ein demokratisches, freies und gastfreundliches Land. Es ist unsere Nation, unser Heimatland und mit unserem Lebensstil.
  • Die freiheitlich demokratische Grundordnung ist bindend für alle deutschen Staatsbürger.
  • Die Würde des Menschen ist unantastbar und Männer und Frauen haben gleiche Rechte.
  • Unsere Kultur ist über Jahrhunderte gewachsen und ist Grundlage unseres Zusammenlebens in Deutschland. In Deutschland sprechen wir Deutsch und unsere gemeinsame Sprache ist Teil unserer Kultur.
  • Die Mehrheit der Deutschen sind Christen. Die christliche Religion war und ist in Deutschland kulturbestimmend. In Deutschland akzeptieren und tolerieren wir auch andere Religionen oder Glaubensrichtungen, denn wir wollen harmonisch und friedlich zusammenleben.

Zuwanderer und Einwanderer haben darum gebeten, dauerhaft in unserem Land leben zu dürfen und müssen sich daher integrieren wollen und anpassen:

  • Die freiheitlich demokratische Grundordnung ist für Zuwanderer und Einwanderer bindend. Das erfordert Kenntnisse der wesentlichen Gesetze.
  • Wer bei uns und mit uns zusammenlebt, akzeptiert und respektiert die Gleichberechtigung von Mann und Frau.
  • Wer bei uns und mit uns lebt, akzeptiert unsere Kultur und bereichert die deutsche Kultur gegebenenfalls durch kulturelles Erbe seines Herkunftslandes.
  • Wer dauerhaft in Deutschland leben will, muss die deutsche Landessprache so gut wie möglich beherrschen, mindestens im Standard eines Hauptschulabschlusses, und seine Kinder nach besten Kräften beim Lernen der deutschen Sprache unterstützen.
  • Wer in Deutschland leben will, muss die christliche Religion respektieren, wie wir andere Religionen und Glaubensrichtungen respektieren.
  • Die Ausübung des jeweiligen Glaubens sollte in deutscher Sprache erfolgen.
  • Akzeptieren Sie Deutschland als neue Heimat. Wir werden Sie und Ihre Kinder dabei unterstützen, erfolgreiche und zufriedene deutsche Bürger zu werden!

Um solche Erwartungen an Zu- und Einwanderer eindeutig zu formulieren und entsprechende Forderungen durchzusetzen, braucht es einen diesbezüglichen mehrheitlichen patriotischen Konsens der Staatsbürger und Volksvertreter und eine selbstbewusste, mutige Kanzlerin/Kanzler, die/der Integrationspolitik zur Chefsache macht und solche Forderungen nicht nur stellt, sondern auch durchsetzt.

Dazu gehört natürlich dann auch die Realisierung der hierfür erforderlichen Unterstützungsprogramme. Dann entwickelt sich auch für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund Chancengerechtigkeit und eine positive Perspektive für ein zufriedenstellendes, erfolgreiches Leben in Deutschland.

Schluss mit „Multikulti“, wir müssen die Integration fordern und fördern!

 (11.01.2009)

 

Bei Interesse am Thema lesen Sie auch:

http://www.md-office-compact.de/Multikultigescheitert.htm

http://www.md-office-compact.de/UnzureichendedemokratischeKultur.htm

http://www.md-office-compact.de/DemokratischeUnanstaendigkeitderAnstaendigen.htm

 

 

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