Hans-Heinrich Dieter

Leider lächerlich (11.06.2011)

 

Liberal denkende und wählende Bürger haben eine schwere Zeit.

Nach dem fulminanten Wahlsieg 2009 ging die FDP ganz offenbar einigermaßen unvorbereitet in die Koalitionsverhandlungen. Etwas siegestrunken glaubte man wohl, ziemlich viel "FDP-Pur" durchsetzen zu können, anstatt tragfähige Kompromisse zu schließen. Damals wurde der Grundstein für das "Unverhältnis" in der schwarz-gelben Koalition gelegt.

Die FDP ist schon im Zuge der Regierungsbildung unglaubwürdig geworden, indem sie das Entwicklungshilfeministerium, das sie auflösen wollte, besetzt hat und insgesamt ziemlich viel "verdientes Personal" auf Pöstchen gebracht hat. Die Personalauswahl war bei der dünnen Personaldecke nicht leicht und ist deswegen auch nicht gut und glaubwürdig gelungen.

Die FDP hat nicht verhindert, dass ihre Programmvorstellungen zur Steuerstrukturreform von der Opposition zusammen mit den teilweise gleichgeschalteten Medien, auf "sture Steuersenkung zur Unzeit" reduziert wurden, hat sich dann von der CSU in die Steuersenkung für das Hotelgewerbe hineinziehen lassen und sich so ohne Not dem Vorwurf der Klientelpartei ausgesetzt.

Der FDP und ihren Ministern ist es nicht gelungen, durch überzeugende Politik ein Gegengewicht zu der in teilweise hämischer Hatz ausartenden Medienkampagne gegen Westerwelle und Co zu setzen und hat so ständig und stetig an Glaubwürdigkeit verloren.

Im Zuge der Landtagswahlkämpfe in Nordrhein Westfalen und Rheinland Pfalz wirkte die liberale Partei zerstritten und unsolidarisch und bekam die Quittungen.

Bei der öffentlichen Demontage des ehemaligen Partei-Vorsitzenden Westerwelle haben sich eine ganze Reihe von FDP-Politikern den Bürgern als charakterlich wenig stabil gezeigt. Und das Bild der FDP vor, während und nach dem Parteitag in Rostock hat den Vertrauensverlust in die liberale Partei nur bedingt stoppen können.

Die Bürger, aber auch liberale Wähler sind grundlegend frustriert durch das Erscheinungsbild von Homburger, Pieper, Niebel etc., etc., etc., durch das haarsträubend schlechte Image von Westerwelle und teilweise auch Brüderle sowie durch politische Fehlleistungen und schlechte Kommunikation an sich richtiger politischer Ziele.

Da wundert es nicht, dass die FDP und ihr Personal an jedem Satire-, Comedy- oder Kabarett-Programm mindestens 50 Prozent Anteile haben, mit von Herzen hämisch lachenden Konsumenten auf der anderen Seite. Auch wenn es traurig ist, manchmal muss man mit lachen.

Und nun kommt nach Rostock der Neuanfang mit vorwiegend jugendlicher Mannschaft. "Wir werden ab heute liefern..." sagte der neue Vorsitzende Rösler. Und die FDP liefert dann auch im Zusammenhang mit der Energiewende das Bild einer eher beliebigen und prinzipienlosen Partei. Nachdem sich der damalige Wirtschaftsminister Brüderle noch zur Irrationalität der Moratoriumspolitik geäußert hat und von den Medien dafür niedergeknüppelt wird, macht Generalsekretär Lindner den Anfang, indem er entgegen dem Parteiprogramm, der veröffentlichten Meinung hinterherhechelnd und an sich von der Öffentlichkeit ungefragt, die endgültige Abschaltung der sieben Moratoriums-AKW fordert. Die FDP macht im Kabinett, panisch getrieben von schlechten Umfrageergebnissen und um Koalitionsharmonie bemüht, die wendehalsige Politik der Kanzlerin offenbar ziemlich widerspruchslos mit und Vizekanzler Rösler lässt sich um des Friede-Freude-Eierkuchens willen von der Kanzlerin sogar ziemlich schnöde abkanzeln. Rösler sagt dann öffentlich, dass die Kabinettsbeschlüsse einen guten Tag für die deutsche Politik bedeuteten. Daraufhin geht Lindner öffentlich auf Distanz zum Kabinettsbeschluss, den die FDP-Minister gerade einhellig mitgetragen haben, weil er glaubt, dass der geplante Atomausstieg nicht FDP-Politik pur sei, die Energie-Konzerne möglicherweise mit Erfolg klagen und weil er meint:. "Es gibt eine ganze Reihe von nicht marktwirtschaftlichen Instrumenten, die wir hier aus Gründen der Koalitionsräson akzeptieren mussten." Dieses Foul gegen die eigene Mannschaft beim eigenwilligen Dribbling wird sofort gepfiffen von Leutheusser-Schnarrenberger, die betont, sie sähe keine Rechtsunsicherheiten, assistiert von Linienrichter Brüderle, der den Vorstoß Lindners als einsame Meinung eines Politikwissenschaftlers abtat. Die FDP leidet Not und dabei wirkt sie leider ziemlich lächerlich.

Mit solcher Politik wird die FDP keinen Platz in einer nächsten Koalition haben, wenn sie überhaupt die 5-Prozent-Hürde bei der kommenden Bundestagswahl schafft. Deswegen sollte die einzige liberale Partei Deutschlands sich auf ihr Programm, auf liberale Werte und Prinzipien besinnen, klassisch liberale Politikfelder besetzen und einen wirklichen Neuanfang machen. Das geht nicht von Selbstmitleid zerfressen in dieser schwarz-gelben Koalition.

Kanzlerin Merkel verliert aufgrund ihrer schwarz-grün-roten Einheitspolitik an Zustimmung. Die Parteivorsitzende der CDU sieht sich ziemlich massiver Kritik aus den Landesverbänden ausgesetzt und auch in den CDU/CSU-Fraktionen regt sich erheblicher Widerstand. Mehrheiten sind unsicherer geworden. Konservative Wähler fühlen sich von der Politik der Kanzlerin abgestoßen, Stammwähler fühlen sich betrogen. Warum nicht gerade diese Wähler gewinnen?

Statt sich ständig unterbuttern zu lassen, sollte die FDP die einzige Chance nutzen, um möglichst schnell wieder zu einer von der Öffentlichkeit respektierten liberalen politischen Kraft zu werden und ziemlich sicher in den nächsten Bundestag einzuziehen. Diese Chance eröffnet sich dadurch, dass die FDP eine konsequente Energiepolitik gemäß Parteiprogramm macht und die sicher über 40 Prozent Deutschen, die in zunehmendem Maße die überstürzte Atom-Ausstiegspolitik ablehnen, überzeugt. Dazu gehört auch, dass die FDP versucht zu verhindern, dass der Atomausstieg im Grundgesetz als unumkehrbar festgeschrieben wird. Die FDP muss unerschrocken für mehr Selbstbestimmung und Selbstverantwortung, weniger Staat, für Versorgungssicherheit beim allmählichen Umstieg auf nachhaltigere Formen der Energieerzeugung, und gegen mehr staatliche Gängelung von Bürger und Wirtschaft kämpfen. Mit einer solchen konsequenten Politik kann die FDP politisch frustrierte Konservative auffangen und politikverdrossenen Stammwählern eine zumindest zeitweilige politische Heimat bieten.

Eine solche Politik ist mit einer 180°-flexiblen CDU, mit einer hochpopulistischen CSU und einer Kanzlerin, die die rot/grüne Opposition mehr hofiert als sie den Koalitionspartner respektiert, natürlich nicht zu machen. Ein wirklicher Neuanfang setzt deswegen das Aufkündigen der Koalition voraus. Das wäre sehr schmerzlich für die FDP-Mitglieder in Regierungsämtern. Für die Partei wäre es ein Befreiungsschlag und eine Möglichkeit zu schneller Regeneration auf der Grundlage klassischer liberaler Werte und Prinzipien.

(11.06.2011)

 

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