Hans-Heinrich Dieter

Kein Klartext ist vergebens!   (06.04.2024)

 

(Die Meinung eines kritischen Lesers)

Sehr geehrter Herr Dieter!

Die Lektüre Ihres aktuellen Klartextes mutet an wie ein Fingerzeig auf die Wunden der Bundeswehr. Und Ihr Klartext zeigt dessen Notwendigkeit. Sie mögen wohl sehr recht haben mit Ihrer Einschätzung für eine Dauer von vermutlich mehr als fünf Jahren für eine Umsetzung einer dritten Strukturreform der Bundeswehr. Man schreibt 2024 und blickt ergo in Richtung 2030.

Aber für mein Empfinden dauert dann solches einfach zu lange; da hapert es an Reaktionsfähigkeit in Sachen militärischer Belange. Ist die Bw-Führung für die Zeitdauer von Strukturreform-Umsetzungen der eigenen Bürokratie erlegen, der gar unterlegen? Ich weiß es nicht. Zitat Marlene Dietrich (zu ministerieller Führung?): „Wie große Worte macht heut mancher Mann und lindert damit keine Not“ – sie brachte es auf einen Nenner: „Die Antwort weiß ganz allein der Wind“

Parallel muss man die substantielle Neuaufstellung und –ausrüstung der Bundeswehr bis 2031 betrachten. Reicht da ein Jahr länger als bei einer Strukturreform? Es liegt mir nicht nahe, daran glauben zu können. Der „Wumms“ zum Bw-Sondervermögen ist so schnell dahin, wie eine Wunderkerze verglüht: man vermisst bereits die absolut gebotene Reaktionsschnelligkeit bei der Beseitigung erster Bw-Defizite – es ist noch kein Geld aus dem Sondervermögen für Ausstattungsleistungen geflossen. Dem Bürger wurde Glauben gemacht, der Personalwechsel im Präsidentenamt bringe den Bürokratie-Moloch des BAAINBw in Schwung - Annette Lehnigk-Emden ist Verwaltungsjuristin mit SPD-Parteibuch. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt, nur ein Schelm?

Zwischen dem realen Ausrüstungsbedarf bei der Truppe und dem BAAINBw liegen unendliche militärische und zivile Distanzen, und die verlangen getreu deutscher Gründlichkeit mehr als einen Hut voll Bearbeitungszeiten, von (EU-) Ausschreibungen samt derer Fristen und Einspruchsmöglichkeiten ganz zu schweigen. Für mich sind diese Beweglichkeits- und Reaktionshindernisse eine der ernstesten Wunden der Bundeswehr.

„Ich dien‘…“ versus „ich darf vertagen, ich darf vertrösten, ich darf (ver)bummeln“? Ich wünsche mir preußische Fachlichkeit, Korrektheit und Erledigungsakkuratesse zurück. Wozu auch das Vorausdenken gehört. Wer in Bw-Ausschreibungsverfahren Lieferaufträge erheischt, der muss dabei auch gezwungen werden (können), Nachlieferungen und Reparaturen in kurzer Zeit zu garantieren und dann auch leisten zu können. Wer als Waffenindustrie der Bundeswehr U-Boote, Schiffe, Flugzeuge, Hubschrauber und Gefechtsgerät verkaufen will, der muss der Bundeswehr ein absolut dienlicher und verlässlicher Partner sein. Mir kommen z.B. U-Boote in den Sinn, die jahrelang auf Reparaturwerften liegen und brach - fern der Reparatur - dahin darben. Hubschrauber, die nicht fliegen dürfen. Schützenpanzer, die mehr und alles besser können, nur nicht von der Truppe selbst repariert werden. Das alles gilt für viele Bw-Gerätschaften. Damit sind die Vielzahl solcher „Handicaps“ für mich eine Wunde der Bw, die statt nah der Heilung eher vor Amputation steht.

Und da dreht sich etwas endlos im Kreis: wir brauchen Soldaten und Soldatinnen, die die Ausstattung der Bundeswehr hegen, bewegen und in Schuss halten, um Verteidigungsbereitschaft zu sichern – der sich verringernden Einsatzsubstanz der Bw folgte das Schwinden personeller Einsatzkraft. Einem F-35-Wumms folgt mein Blick auf derart nötige Piloten – mein Blick geht in die Niederlande, die seit 2013 die bestellte Substanz auf 52 Stück F-35 erhöht haben und inzwischen über NATO-einsatzfähige F-35 samt ausgebildeter Piloten verfügen. So mir bekannt, hat das große Deutschland eine kleine Anzahl von F-35 bestellt…

Das Lecken blutiger Wunden kann es nicht sein, Wunden muss man heilen. Im Sinne des Vorgenannten hat der Inspekteur der Luftwaffe, Generalleutnant Ingo Gerhartz, ein Ziel der Bw-Ausrichtung mit wenig Worten deklariert: „Die F-35 ist das modernste und beste Kampflugzeug der Welt! Erstmalig beschaffen wir nicht nur das Flugzeug, sondern zusätzlich Munition und Ersatzteile zusammen. Das sichert unsere Einsatzbereitschaft.“ Was aber noch nicht heißt, dass Piloten das Fluggerät wechseln könnten, wie ein Chevrolet-Fahrer in einen Ford umsteigen und losfahren kann: https://www.bundeswehr.de/de/organisation/luftwaffe/presse/die-f-35-kommt-5541706

Ich weiß nicht, was richtig ist, erst Wehrgerechtigkeit herstellen, erst Bw-Ausstattung beschaffen und sichern, erst Personalstärke erhöhen? Für mich eine Quadratur des Kreises. Soldaten ohne Ausstattung? Ausstattung, wo Soldaten fehlen? Sicher ist eine der Aussagen von Herrn Dieter vorrangig und ungemein zutreffend: wir brauchen eine allgemeine Dienstpflicht vor der Wehrpflicht. Mit akzeptierter Dienstpflicht steigt die Bereitschaft zur Wehrpflicht. Denn unserer Bevölkerung fehlt in nicht unerheblichem Ausmaß eine patriotische Haltung zur Pflichtenübernahme im Staate. Was auch nach den für uns geltenden EU- und NATO-Verträgen bedeutet, dort unseren Teil beizutragen. Und nicht wie ein herrenloser Hund hinter Anderen, insbesondere den USA als NATO-Partner her zu schleichen.

Und nun ein letzter wunder Punkt: wir haben Schuldenbremsen bezüglich der Schuldendimensionen, die wir den Nachfahren auflasten. Wir müssen - spät genug - Aufwendungen tragen, die die Klima-Zielsetzungen zugunsten nachfolgender Generationen in den Vordergrund stellen. Hoppla, wir müssen - angesichts bekannter militärischer Sicherheitserfordernisse - erkennen, dass das Sondervermögen für die Bundeswehr-Ausrichtung gravierend über die 100 Milliarden Euro hinaus doch noch aufgestockt werden muss, ja, um ein friedlich unangetastetes Europa für unsere Kinder und Kindeskinder zu gewährleisten!

Mit herzlich-norddeutschem Moin-Gruß

Ihr

Wolfgang Pehlemann

 

 

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