Hans-Heinrich Dieter

Keine faulen Kompromisse (13.01.2011)

 

Nicht viel Neues für Afghanistan! Kurz vor der Verlängerung des Mandates der militärischen Einsatzkräfte durch den Bundestag beginnt das innenpolitische Muskelspiel. Und die Beiträge der Opposition sind, gemessen an der Diskussion zum Besuch von Frau zu Guttenberg in Afghanistan, gewohnt flach, vordergründig und nicht gerade von sicherheitspolitischem Verantwortungsbewusstsein geprägt. Im Vordergrund steht erneut innenpolitisches Punkten.

In der Regierungserklärung zum Fortschrittsbericht Afghanistan hat Außenminister Westerwelle den Beginn des Abzuges deutscher Truppen für 2011 in Aussicht gestellt und ist damit der SPD schon entgegengekommen, um ihr die Zustimmung zur Mandatsverlängerung leichter zu machen. Das reichte der SPD nicht, insbesondere weil der Verteidigungsminister den Beginn des Abzuges unter den Vorbehalt stellte, dass die Sicherheitslage dies erlaube.

Dann setzen die bekannten Rituale ein. Medien überhöhen einen Streit in der Koalition zwischen Außenminister und Verteidigungsminister, Eitelkeiten werden auf dem öffentlichen Markt ausgetragen, das innenpolitisch dominierte Taktieren beginnt bis hin zu üblichen Erpressungsversuchen, „Wenn nicht, dann…“, durch Teile der Opposition.

Unbeirrt hat das Bundeskabinett nun die Verlängerung des Afghanistan-Mandats für die Bundeswehr beschlossen. Die Entscheidung liegt beim Bundestag, der am 28. Januar darüber abstimmen wird. Eine Mehrheit gilt als sicher.

In dem Beschluss heißt es: "Die Bundesregierung ist zuversichtlich, im Zuge der Übergabe der Sicherheitsverantwortung die Präsenz der Bundeswehr ab Ende 2011 reduzieren zu können." Dabei werde man "jeden sicherheitspolitisch vertretbaren Spielraum für eine frühestmögliche Reduzierung nutzen, soweit die Lage dies erlaubt und ohne dadurch unsere Truppen oder die Nachhaltigkeit des Übergabeprozesses zu gefährden".

Die Formulierung dieses Kabinettsbeschlusses zeigt ausgeprägtes sicherheitspolitisches Verantwortungsbewusstsein für Afghanistan und für unsere dort eingesetzten Soldaten.
Eine Abzugsperspektive muss man haben. Ein Abzugsdatum kann man nennen, wenn man es an Kriterien knüpft, die erfüllt sein müssen. Einen “Abzugsfahrplan“ kann man entwickeln, als Gedankenstütze. Ein solcher Fahrplan muss aber an Wegmarken mit konkreten Messpunkten für Erfolg orientiert sein und jederzeit der Lage angepasst und den Messpunkten entsprechend korrigiert werden können.

Wichtig ist dabei das formulierte deutsche Ziel “Ãœbergabe in Verantwortung” und dieses Ziel ist erst erreicht, wenn die sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen eine Ãœbergabe an afghanische Institutionen verantwortbar zulassen.

Wenn die SPD nun glaubt, aus innenpolitischen Gründen einen unkonditionierten Abzugsbeginn in 2011 vertreten zu müssen, dann sollte die Koalition einer solchen eingeschränkt verantwortungsvollen Politik nicht entgegenkommen und gegebenenfalls auf die Stimmen der SPD verzichten. Die Soldaten werden sehr genau beobachten, wer sie unterstützt.

Wenn die Grünen ihre Zustimmung von einem betonierten unkonditionierten Abzugsfahrplan 2011 bis 2014 abhängig machen, dann sollte die Koalition auf solche unverantwortlichen Forderungen nicht eingehen und das Mandat ohne die Stimmen der Grünen verlängern. Die Staatsbürger mit und ohne Uniform werden diese neue grüne „Dagegen-Politik“ richtig einschätzen.

Die Meinung der Politiker der Linken ist sicherheitspolitisch ohnehin irrelevant.

„Konsens der Demokraten“ und eine Zustimmung mit großer Mehrheit zur Mandatsverlängerung sind willkommene Zeichen des Rückhaltes des parlamentarischen Auftraggebers für unsere Soldaten im Einsatz.  Ein Konsens der Demokraten im Sinne eines faulen Kompromisses darf allerdings nicht angestrebt werden. Die christlich-liberale Koalition hat eine klare Mehrheit im Deutschen Bundestag. Sicherheitspolitisches Anbiedern ist nicht erforderlich.

 

(13.01.2011)

 

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