Hans-Heinrich Dieter

Hilfspolizei - nein danke!  (17.08.2012)

 

Das Plenum des Bundesverfassungsgerichtes hat am 03.07.2012 eine Entscheidung zum Einsatz der Bundeswehr im Zusammenhang mit dem Luftsicherheitsgesetz getroffen, die jetzt bekannt wurde.

Die reißerischen Ãœberschriften in einigen Medien wie z.B. in tagesschau.de „Karlsruhe erlaubt Bundeswehreinsatz im Inneren“ sind allerdings eher irreführend und wenn die WELT von einem „historischen Urteil“ spricht, ist das stark übertrieben.

Was hat sich mit der Entscheidung des BVG im Hinblick auf den Einsatz der Bundeswehr im Inneren geändert? Die Verfassungslage ist unverändert, d.h. Art 87a Abs. 2 GG und Art 35 GG sind unangetastet und beschränken den Einsatz der Bundeswehr im Inneren auf Naturkatastrophen und besonders schwere Unglücksfälle, außerdem sind die Notstandsgesetze unverändert gültig. Das BVG hat allerdings Art 35 GG im Hinblick auf den speziellen Einsatz militärischer Waffen unter sehr engen Voraussetzungen großzügiger ausgelegt. Solche Voraussetzungen sind "Ausnahmesituationen katastrophischen Ausmaßes". Das BVG stellt außerdem fest, dass der Einsatz der Streitkräfte wie auch der Einsatz spezifisch militärischer Abwehrmittel stets nur als letztes Mittel zulässig ist. Wann ein solcher Katastrophenzustand besteht, muss auch in Eilfällen die Bundesregierung insgesamt entscheiden. Sie darf diese Aufgabe nicht an den Verteidigungsminister delegieren.

Es bleibt also bei der vom Grundgesetz ausdrücklich gewollten Trennung der Zuständigkeit für innere und äußere Sicherheit, von Militär- und Polizeibefugnis. Die Bundeswehr wird auch zukünftig nicht Hilfspolizist und auch nicht gegen gewalttätige Demonstranten eingesetzt werden.

Das BVG hat letztlich nur einen Teilaspekt des Luftsicherheitsgesetzes korrigiert. Wir erinnern uns, dass der § 14 des Luftsicherheitsgesetzes vorsah, dass ein von Terroristen gekapertes Flugzeug mit Zivilpersonen und Besatzung notfalls zur Abwehr von Anschlägen mit militärischen Mitteln abgeschossen werden kann. Das hat der 1. Senat des BVG im Februar 2006 für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärt und in dem Zusammenhang bewaffnete Militäreinsätze gegen solche Terrorflugzeuge generell ausgeschlossen. Der 2. Senat hatte sich dann mit einer diesbezüglichen Verfassungsklage Bayerns und Hessens auseinanderzusetzen. Deswegen hatte nun das Plenum des BVG in der Sache zu entscheiden und festgestellt, dass solche Flugzeuge weiterhin nicht abgeschossen werden dürfen, wohl aber abgedrängt, und mit Warnschüssen zur Landung gezwungen werden können.

Da nur die Bundeswehr die Fähigkeit hat, im Notfall solche Flugzeuge abzudrängen oder mit Warnschüssen zur Landung zu zwingen, ist es sinnvoll, dass die Bundeswehr einen solchen Auftrag unter den sehr engen Voraussetzungen erhält und im Rahmen eines Einsatzes im Inneren ausführen darf. Wichtig ist für die Soldaten, dass ihnen auch weiterhin der Befehl zum Abschuss, der ja ein Vergehen oder Verbrechen nach sich zieht, nicht gegeben werden kann. Es hat sich also hinsichtlich des Einsatzes der Bundeswehr im Inneren nur relativ wenig geändert, allerdings darf die Bundeswehr jetzt bei solchen Terrorangriffen unter strengen Auflagen militärische Kampfmittel einsetzen, das ist neu.

„Karlsruhe“ hat demnach den Einsatz der Bundeswehr im Inneren nicht „erlaubt“, das kann es überhaupt nicht. Das BVG hat nur zur Rechtmäßigkeit eines Gesetzes entschieden. Grundlage für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren ist und bleibt das Grundgesetz.

Wer also die Auffassung vertritt, dass die Bewältigung neuer Gefahrenlagen mit qualitativ neuen Herausforderungen im 21. Jahrhundert, aber insbesondere die Bekämpfung des Terrorismus, eine zukunftsorientierte, qualitativ neue nationale Sicherheitsvorsorge erfordert, die nur durch eine ressortübergreifende Zusammenarbeit, unter Einschluss des Einsatzes der Bundeswehr im Inneren, zu erreichen ist, muss ein gesamtstaatliches System vernetzter Sicherheit schaffen und für den Einsatz der Bundeswehr im Inneren das Grundgesetz ändern, sowie die entsprechenden Folgegesetze erlassen. Wenn dann die Bundeswehr für definierte Einsätze im Inneren ausgebildet, ausgerüstet und bewaffnet ist, kann sie einen wertvollen Beitrag zur Sicherheit unserer Bürger leisten. Dazu liefert die jüngste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes keinen Beitrag.

Lesen Sie auch:

http://www.md-office-compact.de/InnereundaeussereSicherheit.htm  und

http://www.md-office-compact.de/EinsatzderBundeswehrimInneren.htm 

 

(17.08.2012)

 

 

nach oben

 

zurück zur Seite Klartext