Hans-Heinrich Dieter

Gewohnt halbherzig! (28.08.2011)

 

Die EU-Mission Atalanta ist im Kampf gegen Piraten in den Seegebieten vor Somalia nur eingeschränkt erfolgreich. Deswegen wurden die Befugnisse der Marinekräfte erweitert. In Zukunft dürfen sie auch „Piratenmutterschiffe“ angreifen, die als küstenferne Basisstationen für die kleinen aber schnellen Piratenboote dienen. Das hilft im Kampf gegen die Piraterie, reicht aber nicht.

Die deutschen Reeder haben deswegen gefordert, unter deutscher Flagge fahrende Schiffe durch Polizei im hoheitlichen Auftrag begleiten zu lassen. Dazu reichen die verfügbaren Kräfte und Mittel aber nicht aus, denn es wären 570 Handelsschiffe dauerhaft bewaffnet zu begleiten. Außerdem verweist das Innenministerium auf die Pflicht der Reeder zur Eigensicherung ihrer Seeschiffe. Ja, es wird sogar darüber nachgedacht, Reeder, die ihre Frachter nicht durch speziell geschulte Kräfte schützen lassen, mit Bußgeldern zu belegen.

Das Innenministerium befürwortet auch deswegen den Einsatz privater Sicherheitsdienstleister auf diesen Schiffen. Solche privaten Unternehmen müssen allerdings eine staatliche Zulassung haben, also für bewaffnete Schiffsbegleitung zum Beispiel durch die Bundespolizei zertifiziert werden. Damit könnte theoretisch Abhilfe geschaffen werden.

Die Politik scheut aber - wie gewohnt - davor zurück, die angemessenen rechtlichen Rahmenbedingungen für die Praxis zu schaffen. Derzeit sind für bewaffnete Begleitung von Handelsschiffen unter deutscher Flagge nur leichte Waffen und akustische oder optische Abwehrwaffen sowie konventionelle Feuerwehrspritzen zugelassen. Kriegswaffen, also vollautomatische Waffen wie Maschinenpistolen oder -gewehre, sind nicht erlaubt. Und eine Änderung des Waffenrechtes sei wohl nicht erforderlich, meint man.

Die Piraten sind allerdings bereits heute mit modernen Kriegswaffen bis hin zu Panzerfäusten und Maschinenkanonen ausgerüstet. Wenn private Sicherheitsdienste für bewaffnete Schiffsbegleitung zertifiziert werden, warum umfasst dann die Zulassung durch die Bundespolizei nicht auch die Eignung, Klassifizierung und Zulassung von automatischen Waffen für den Einsatz gegen Piraten durch das Bundeskriminalamt?

Wenn die Bundesrepublik den Schutz deutscher Handelsschiffe nicht als hoheitliche Aufgabe gewährleisten kann, die Reeder aber hinsichtlich der Eigensicherung ihrer Frachtschiffe in die Pflicht nimmt und private Sicherheitsdienste in Wahrnehmung solcher Pflichten ihren Kopf hinhalten, dann sollte die Politik die Verantwortung nicht halbherzig weitergeben, sondern so schnell wie möglich die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen angemessenen und erfolgversprechenden Waffeneinsatz durch zertifiziertes, privates Sicherheitspersonal schaffen.

(28.08.2011)

 

 

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