Hans-Heinrich Dieter

G7 durch Putin bereichern?   (23.04.2018)

 

Es ist richtig erfreulich, dass ein SPD-Außenminister sagt: „Rechtsstaatliche Orientierung brauchen wir ganz besonders im Angesicht autoritärer Mächte“. Und er hob dabei die völkerrechtswidrige Annexion der Krim sowie die andauernde Aggression gegen die Ukraine hervor, die man „nicht hinnehmen“ könne. Anders als die Putinversteher Steinmeier und Gabriel redet Maas - bisher - nicht vom schrittweisen Abbau von Sanktionen oder vom Projekt einer deutsch-russischen „Modernisierungspartnerschaft“, sondern plädiert eher für ein sehr nüchternes, illusionsloses Verhältnis zu Russland. Das lässt hoffen, auch wenn es bereits aus der SPD-Spitze heftige Kritik an seiner „harten Haltung gegenüber Russland“ gibt. Die Hoffnung, dass es nicht erneut eine Parallelaußenpolitik der SPD zu Merkel und zur EU gibt, wird gestärkt durch einen Beitrag des Staatsministers im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), in der WELT: … „Die bipolare Welt aus den Zeiten Willy Brandts und Egon Bahrs gibt es nicht mehr. Eine neue, stabile Weltordnung ist nicht in Sicht. Die sozialdemokratisch geprägte Ostpolitik entsprang dem Kalten Krieg und half, ihn zu überwinden. Wir müssen sie heute neu denken und weiterentwickeln.“

Diesen außenpolitischen Hoffnungsschimmer trüben nun Politiker von FDP und der Linken, wenn sie fordern, das G7-Format um Russland zu einem G7 plus 1, bzw. G8-Format zu ergänzen. Sie wollen, dass der russische Präsident Putin zum G7-Gipfel der führenden westlichen Industriestaaten im Juni nach Kanada eingeladen wird, um den Dialog zu beleben: „Es ist sinnvoll, den Dialog mit Russland zu verstetigen und besser zu strukturieren. Dafür wären die G7 plus 1 das richtige Format“, meint FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff. Und Wagenknecht fordert: „Spätestens beim Gipfeltreffen muss Russland wieder mit am Tisch sitzen, denn Frieden in Europa und auch im Nahen Osten ist nur mit Russland möglich.“

Das Gesprächsformat G7 gibt es auf Spitzenebene seit 1975. 2002 wurde das Format mit der Vollmitgliedschaft Russlands auf G8 erweitert. 2014 wurde Russland wegen der Annexion der ukrainischen Krim wieder ausgeschlossen. Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland besteht fort, die russische hybride Kriegsführung in der Ostukraine sowie die Destabilisierung der Ukraine sind Realität, Russland unterstützt in Syrien Machthaber Assad aus machtpolitischen Eigeninteressen gegen die Interessen der westlichen Welt, Russland führt Cyber-Attacken gegen EU- und NATO-Staaten aus und nutzt jede Gelegenheit, um die EU zu spalten. Das Russland Putins sieht sich nicht mehr als Partner der westlichen Welt, sondern verhält sich als Gegner. Und bevor es irgendwelche Lockerungen von Sanktionen geben kann, muss Russland seine Zusagen im Minsk-Prozess wahrmachen. Für ein neues G8 sind die politischen Rahmenbedingungen noch lange nicht gegeben.

Autokraten wie Putin missverstehen Entgegenkommen als Schwäche, die auszunutzen ist. Verhandlungserfolge in einem Dialog mit Russland wird es daher nur aus einer Position westlicher Geschlossenheit und Stärke geben. Deswegen wäre eine Einladung Putins zum G7-Gipfel im Juni in Canada unklug, denn das würde Putin signalisieren, dass man unverhohlen Gegnerschaft pflegen kann und der schwache Westen trotzdem um Partnerschaft buhlt! Und wenn es um Frieden in der Welt, in Europa, in Syrien und im Nahen Osten geht, dann sind die Vereinten Nationen das richtige Forum, wo Russland derzeit - leider - ein destruktives aber ansprechbares Voll-Mitglied, bedauerlicherweise mit Veto-Recht, ist.

Es ist sehr traurig, dass die FDP mit den realsozialistischen Linken und mit der putinfreundlichen AfD im Hinblick auf die Annäherung an Russland gemeinsame Sache macht. Die kleine Große Koalition wird hoffentlich solidarisch auf dem richtigen und angemessenen EU- und NATO-Kurs bleiben!  Den undurchdachten Forderungen nach einer Rückkehr Russlands in das Format G7 erteilte Außenminister Maas von Toronto aus nun eine klare Absage. Nach seiner Beurteilung sind die Bedingungen dafür nicht erfüllt! Recht hat er! Putin wäre derzeit keine Bereicherung des G7-Gipfels, sondern dessen Behinderung. Und wenn Lawrow wie gewünscht schon beim jetzigen Außenministertreffen der G7 in Toronto dabei gewesen wäre, dann hätte der wadenbeißerische Putinpudel das Treffen durch ätzende russische Propaganda vergiftet!

(23.04.2018)

 

 

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