Hans-Heinrich Dieter

Evangelisches Rettungsschiff?   (06.07.2019)

 

Beim Evangelischen Kirchentag in Dortmund war Seenotrettung im Mittelmeer ein bedeutendes Thema. Es wurde sogar eine Resolution mit dem Titel verabschiedet „Schicken wir ein Schiff“. Darin fordert der Kirchentag die Evangelische Kirche in Deutschland auf, ein eigenes Rettungsschiff ins Mittelmeer zu schicken. In dem Zusammenhang sagte KirchentagsprĂ€sident Leyendecker im Schlussgottesdienst: „Pilatus hat sich die HĂ€nde in Unschuld gewaschen. EuropĂ€ische Politikerinnen und Politiker waschen sie in dem Wasser, in dem FlĂŒchtlinge ertrinken.“ Eine anmaßende, verallgemeinernde, diffamierende und hetzerische Schuldzuweisung!

So sehr es Aufgabe der christlichen Kirchen ist, sich um HumanitÀt, um Menschenrechte und den Schutz des Lebens einzusetzen, so deutlich muss man feststellen, dass das Betreiben eines kirchlichen Rettungsschiffs nicht Aufgabe einer Kirche ist.

Der GrĂŒne Giegold, PrĂ€sidiumsmitglied beim Dortmunder Kirchentag meint zum Thema: „Ein Kirchenschiff dermaßen an die Kette zu legen, dĂŒrfte auch Salvini und anderen schwerer fallen und daher geht es mir letztendlich darum, einen Appell darĂŒber an die Politik zu erreichen. Mir geht es nicht darum, dass wir auf Dauer zum Schiffsunternehmer werden als Kirche.“ 

Und der extrem eitle Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche, Bedford-Strohm, ist der Meinung, dass ein Kirchenschiff die Probleme zwar nicht lösen, aber ein starkes Signal sein könne: „Wir sind dabei, ein breites zivilgesellschaftliches BĂŒndnis zusammenzubringen, das ein klares Zeichen setzen soll, dass wir uns nicht mit einer Politik des Sterben-Lassens auf dem Mittelmeer zufriedengeben, nicht wir als Kirchen und nicht all die Menschen, die außerhalb der Kirchen mit uns daran arbeiten, dass die Grunddaten der HumanitĂ€t in Europa sich nicht verschieben.“ 

Es geht also nicht um Problemlösung, sondern um das Setzen eines moralisierenden Signals. Es geht um Symbolpolitik, bei der man in Kauf nimmt, dass man die verbrecherische Arbeit der Schlepper fördert oder unterstĂŒtzt, und bei der man möglichst viele illegale Migranten und FlĂŒchtlinge an Bord nimmt, denn es muss ja ein „starkes Signal“ sein. Und bei allem moralisierenden Eifer wird vergessen, dass vor dem „Retten“ auch die Frage geklĂ€rt werden muss, in welchem Hafen „Gerettete“ angelandet werden können, welcher Staat sie aufnimmt und dann fĂŒr die Verwaltungskosten, die Sozialleistungen, die Gerichtskosten und andere Transfererfordernisse aufkommt. Es ist nicht davon auszugehen, dass die evangelische Kirche jemals solche Voraussetzungen als Betreiberin eines christlichen Seenotrettungsdampfers schafft. Bisher ist die Kirche in solchen ZusammenhĂ€ngen durch GewĂ€hrung von Kirchenasyl fĂŒr abgelehnte Asylanten anmaßend bereit gewesen, gegen Recht und Gesetz zu verstoßen!

Aber es geht, wie Giegold selbst sagt, auch darum, Salvini mit moralischem Zeigefinger aufzuzeigen, wie man sich in Europa im christlichen Sinne „anstĂ€ndig“ verhĂ€lt. Und es geht um politischen Druck – möglicherweise auch unter vorsĂ€tzlichem Bruch von Recht und Gesetz in einem europĂ€ischen Rechtsstaat bis hin zum Widerstand gegen SicherheitskrĂ€fte in Tateinheit mit fahrlĂ€ssiger Körperverletzung – wie im Fall der Rackete! Das kann nicht Aufgabe einer Kirche sein.

Es ist schon schlimm genug, dass anmaßende deutsche Politiker wie BundesprĂ€sident Steinmeier, Außenminister Maas, und zahlreiche andere „Lautsprecher“ immer wieder behaupten, dass Italien eine Deutsche dafĂŒr bestrafen will, dass sie Menschenleben rettet.  Und Maas belehrt die italienische Justiz und versteigt sich sogar zu der Aussage: „Aus unserer Sicht kann am Ende eines rechtsstaatlichen Verfahrens nur die Freilassung von Carola Rackete stehen. Das werde ich Italien noch mal deutlich machen.” Bei so viel anmaßendem und moralischem politischem ZĂŒndeln unter Partnern der EU braucht man keine anmaßenden christlichen Brandbeschleuniger!

Wenn die evangelische Kirche an ihren PlĂ€nen festhĂ€lt, sollte man das zum Anlass nehmen, die in Deutschland lĂ€ngst fĂ€llige Trennung zwischen Staat und Kirchen zu vollziehen. Denn es kann nicht sein, dass die deutsche Gesellschaft fĂŒr mögliches politisches und juristisches Fehlverhalten christlicher Kirchen in Haftung genommen wird.

Inzwischen steuert das Rettungsschiff „Alan Kurdi“ der deutschen Hilfsorganisation „Sea Eye“ mit 65 FlĂŒchtlingen an Bord Lampedusa an. Italiens Innenminister Salvini hat bereits festgestellt, dass das deutsche Schiff nicht in Italien anlanden könne, auch nicht im Fall einer spĂ€teren Verteilung der Migranten auf andere europĂ€ische Staaten. Salvini hat Bundesinnenminister Seehofer bereits schriftlich aufgefordert, die Verantwortung fĂŒr das Schiff zu ĂŒbernehmen.

(06.07.2019)

 

Bei Interesse an der Thematik lesen Sie auch:

http://www.hansheinrichdieter.de/html/demokratieunfaehigkeit.html

http://www.hansheinrichdieter.de/html/staatundkirche.html

 

 

nach oben

 

zurĂŒck zur Seite Kommentare