Hans-Heinrich Dieter

Enttäuschende Kanzlerin Merkel   (13.01.2015)

 

Der massenmörderische Terror-Anschlag gegen die USA und die westliche Welt wurde am 11. September 2001 durch radikale Muslime eines islamistischen Terrornetzwerkes verübt.

Aufgrund der inzwischen unzähligen geglückten und missglückten islamistischen Terroranschläge nach dem 11. September 2001 gibt es deutlich erkennbare islamismusphobische Tendenzen in der westlichen Welt. Das ist angesichts der vielen Beeinträchtigungen unserer Lebensqualität unter den Bedingungen von Frieden und Freiheit durch islamistischen Terror auch gut verständlich. Außerdem haben wir einen immer größer werdenden Verlust an Freizügigkeit, Geld und Zeit sowie weitere Beschränkungen der Persönlichkeitsrechte durch Sicherheitsmaßnahmen gegen diesen Terrorismus zu ertragen. Und Salman Rushdie sowie acht intellektuelle Mitstreiter schreiben schon 2006 im Zusammenhang mit dem Karikaturenstreit um Kurt Westergaard, dass die Welt „nach Faschismus, Nazismus und Stalinismus“ eine neue Bedrohung gewärtige: den Islamismus. Da kann man nachempfinden, dass die Menschen in unserem Kulturraum gelegentlich übersteigerte Angst vor diesem islamistischen Fanatismus haben, eine Angst, die in Teilen der Bevölkerung auch eine ablehnende Haltung gegenüber dem Islam und den Muslimen mit begründen mag. Einer jüngsten Umfrage zur Folge sind 61 Prozent der Deutschen der Auffassung, der Islam passe nicht in die westliche Welt. Ein Prozent der vier Millionen Muslime in Deutschland gelten als extremistisch. Derzeit gibt es gemäß BKA in Deutschland etwa 260 sogenannte radikal-islamistische „Gefährder“, die besonders überwacht werden müssen. Diese Lage und das Stimmungsbild erfordern eine differenzierte Betrachtung.

Der Islam ist eine Weltreligion und der Glaube sowie die Religionsausübung der Muslime sind zu respektieren und zu schützen. In Deutschland sind Glaubens- und Religionsfreiheit, anders als in islamisch geprägten Staaten, garantiert. Der Islamismus ist – wie alle Ismen – auf der Grundlage einer fundamentalistischen Interpretation des Koran eine Ãœbersteigerung der Gottesstaatvorstellungen und eine Ãœberspitzung des Religiösen in Richtung von Ideologie und eines Fanatismus, der auch Terror und andere Verbrechen zur Erreichung religiös verbrämter Ziele nutzt. Aber der Islam ist nicht gleich Islamismus und Muslime sind per se keine Terroristen. Auch Muslime in Deutschland sind zuallererst unsere Mitbürger.

Der Islam ist aber - anders als die muslimischen Organisationen behaupten - keine Religion des reinen Friedens. Um 620 trat in Mekka und dann in Medina der Prophet Mohammed auf und gründete den radikalen Monotheismus des Islam. Islamisierte Nomaden eroberten dann in nur einhundert Jahren Syrien, Palästina, Persien, Mesopotamien, Ägypten, Nordafrika und um 711 den größten Teil Spaniens mit Gründung des Kalifats Cordoba. Diese Expansion trennte den bis dahin kulturell verbundenen Mittelmeerraum in Europa, Asien und Afrika. Die weitere muslimische Expansion nach Norden durch das Frankenreich wurde 732 durch Karl Martell in der Schlacht bei Tours und Poitiers für die Zeit des Mittelalters gestoppt. In der neueren Zeit sorgten vor allem die Türken, die sich Osmanen nannten und sich seit dem 8. Jahrhundert als Muslime fühlten, für die aggressive Ausbreitung des Islam. Nachdem sie im 12. Jahrhundert Kleinasien erobert hatten, machten sie sich im 14. und 15. Jahrhundert die Völker des Balkan untertan und schlugen 1389 die Serben vernichtend auf dem Amselfeld. 1453 erstürmten sie Konstantinopel und machten es zu ihrer Hauptstadt Istanbul. Das war das Ende von 1000 Jahren eines christlichen oströmischen Reiches. 1526 schließlich überrannten die Türken Ungarn und stießen 1529 bis Wien vor, das sie Gott sei Dank vergeblich belagerten. Der weitere Vormarsch der Türken war damit gestoppt. Aus dieser Geschichte lernen wir, dass der Islam durchaus sehr aggressiv und erfolgreich andersgläubige Völker unterjocht und christlich-jüdischen Kulturraum nachhaltig bedroht hat.

Und was die jüngste Geschichte des islamistischen Terrors anbetrifft muss man feststellen, dass die barbarischen Verbrechen nicht von un-islamischen Killern verübt wurden, sondern von radikalisierten Islamisten, die ihre Berechtigung für den gewaltsamen Dschihad aus dem Koran ableiten und sich bei ihren mörderischen Untaten jeweils auf den Propheten berufen, den es zu rächen gälte. Deswegen kann man die von Islamisten verübten terroristischen Taten nicht klar vom Koran trennen, der für alle Muslime gilt. Deswegen ist es falsch zu behaupten, Islamismus, Salafismus habe überhaupt nichts mit dem Islam zu tun. Die teilweise mörderischen Kreuzzüge und die Inquisition sind auch nicht vom Christentum zu trennen.

Man muss aber nicht nur auf den islamistischen Terror von Salafisten, Taliban, Mördern des Islamischen Staates, Fundamentalisten der Boko Haram oder von Al Qaida verweisen, um Angst vor übersteigertem Islam und islamismusphobische Tendenzen in der westlichen Welt zu begründen. Der tagtägliche Alltag liefert genug Gründe. Im Nahen und Mittleren Osten toben grausame Religionskriege zwischen Schiiten und Sunniten oder zwischen Schiiten und Alawiten um die Macht auf der Grundlage der jeweils für richtig und allgemeingültig gehaltenen Auslegung des Koran und die darauf begründete Ausgestaltung jeweiliger Gottesstaaten. Diese Glaubenskriege treiben Millionen muslimische Menschen in die Flucht und in den für sie fremden Kulturkreis Europa. Und es fällt Europa nicht leicht, diese Menschen alle willkommen zu heißen und würdig zu versorgen. Und überall, wo Flüchtlingszahlen für die Menschen vor Ort überhandnehmen und zur wirklichen Belastung werden, entstehen Spannungen und Ressentiments.

Und die Zuwanderung muslimischer Menschen ist ein langfristiges Problem, das auch in Deutschland bisher nicht durch eine erfolgreiche Integration gelöst ist. Die Politiker in Deutschland haben sich lange der Einsicht verweigert, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, haben sich zu lange Multikulti-Illusionen hingegeben und so eine Einwanderungsgesetzgebung mit klaren Kriterien, Forderungen und Förderangeboten verschlafen. Die Folge ist eine große Zahl schlecht integrierter Migranten, die teilweise in Parallegesellschaften leben, keine Schulabschlüsse schaffen, deswegen ohne Berufsausbildung die sozialen Netze belasten und sich ausgegrenzt fühlen. Das betrifft eine große Zahl junger Menschen mit Migrationshintergrund, die so anfällig werden für islamistische Hassprediger und Dschihad-Anwerber. Das sind durchaus Gründe für berechtigte Bürgerängste.

Ein Grund für Ressentiments ist aber auch die Religion des Islam an sich. In einigen Großstädten haben sich Parallelgesellschaften gebildet, in denen der Islam nicht unbedingt im Einklang mit unserer Verfassung praktiziert wird. Für die Sharia darf in Deutschland aber kein Platz sein, es darf keine Zwangsheiraten geben, Ehrenmorde müssen gerichtlich verfolgt und nicht durch muslimische Schiedsleute geregelt werden und nicht-muslimische, unverschleierte Frauen und Mädchen müssen sich auch in Brennpunktbereichen bewegen können, ohne als Hure beschimpft und belästigt zu werden. Außerdem müssen auch türkischstämmige Bürger vorbehaltlos unsere demokratische Werteordung anerkennen und dazu gehört auch die Gleichberechtigung von Mann und Frau - nicht nur vor dem Gesetz. Diesem Anspruch werden viele muslimische Migranten bisher nicht gerecht, weil sie einem anderen Kulturkreis entstammen und darin weiterleben.

Da die meisten Migranten aus der Türkei stammen und die türkischen Bürger mit Migrationshintergrund die relativ größten Integrationprobleme haben, lohnt sich ein Blick in die Türkei. Der Gründer der moderneren Türkei und große Staatsmann Kemal Atatürk wusste, dass Islam und Demokratie unvereinbar sind, weil der Islam den Anspruch erhebt, dass seine Lehren allgemeingültig sind und sich auch in der Staatsverfassung niederschlagen müssen. Er hat deswegen eine Türkei mit strikter Trennung zwischen Staat und Religion realisiert und an die demokratische westliche Welt mit Erfolg angenähert. Der von einer Renaissance des Großosmanischen Reiches träumende Präsident Erdogan dreht gerade das Rad der Entwicklung zurück und betreibt mit seiner AKP eine Islamisierung der Türkei - unter Einschränkung demokratischer Rechte.

Nun hat zum Beispiel der muslimische Präsident der Türkei jüngst eine Gleichberechtigung von Mann und Frau abgelehnt, weil sie "gegen die Natur" sei. Er findet Beispiele für die aus seiner und islamischer Sicht nicht mögliche Gleichstellung der Geschlechter im Arbeitsleben. Zudem habe der Islam für die Frau die Rolle der Mutter vorgesehen. Nach Erdogan soll jede Frau mindestens drei Kinder haben. Der "natürlich" dominierende muslimische Mann versteht seine Rolle offenbar teilweise falsch und deswegen kommt es in der Türkei in zunehmendem Maße zu Gewalt gegenüber Ehefrauen. Einer Umfrage der Universität Kirikkale von 2013 zufolge finden 62 Prozent türkischer Männer Gewalt gegen Ehefrauen völlig normal, sinnvoll und praktisch. Davon hielten 28 Prozent der Befragten Gewalt gegen Ehefrauen für unerlässlich: Das müsse eben geschehen, um sie zu disziplinieren. 34 Prozent gaben sich gemäßigter und hielten Gewalt gegen Ehefrauen nur "gelegentlich" für "notwendig". Die zunehmende Gewalt gegen Frauen in der Türkei verurteilt Erdogan allerdings, Allah sei Dank! In Deutschland ist die Würde des Menschen unantastbar und es gilt die Gleichberechtigung von Mann und Frau. Die Weltreligion des Islam hat eine Phase der "Aufklärung" nicht durchlebt und ist teilweise in Denk- und Gefühlsstrukturen des Mittelalter gefangen. Und wie wir in Afghanistan erlebt haben, wollen viele Muslime auch nicht "westlich" leben.

Die Türkei kennt den Kern unserer demokratischen und christlich-jüdisch geprägten Wertvorstellungen seit der Unterzeichnung der Europäischen Menschenrechtskonvention am 4. November 1950 in Rom. Seit 1950 hat die Türkei offensichtlich sehr wenig getan, um solchen Wertvorstellungen zu genügen, denn die Türkei ist heute noch meilenweit von der Erfüllung der Aufnahmekriterien für die Europäische Union entfernt. In jüngster Zeit drischt die Türkei auf Teile unserer Wertvorstellungen - die sie selbst gegengezeichnet hat - mit Schlagstöcken ein. Deswegen gehört die vom Islam geprägte Türkei auch nicht zu Europa. Es ist sehr gut, dass Bundeskanzlerin Merkel sehr konsequent eine strikt an den Aufnahmekriterien orientierte Politik gegenüber der Türkei verfolgt.

Der als Fehlgriff entpuppte Bundespräsident Wulff hat sich 2010 der türkischen Gemeinde Deutschlands angebiedert mit der geschichts- und wertevergessenen und deswegen unsinnigen Aussage, der Islam gehöre zu Deutschland. Bundespräsident Gauck hat das nach seinem Amtsantritt korrigiert, indem er zum Ausdruck brachte, "die Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland". Der Islam ist also nicht Teil unserer Kultur.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Wulff damals nicht widersprochen und erfreulicherweise 2010 dem Multikulti-Konzept eine Absage mit den Worten erteilt: "Natürlich war der Ansatz zu sagen, jetzt machen wir hier mal Multikulti und leben so nebeneinander her und freuen uns übereinander: Dieser Ansatz ist gescheitert, absolut gescheitert". Sie wollte damit die Integration von Migranten in unsere Gesellschaft verbessern. Die Richtigstellung von Bundespräsident Gauck hat Frau Merkel akzeptiert. Umso enttäuschender ist es, dass Frau Merkel im Rahmen des Besuchs des neuen türkischen Ministerpräsidenten Davutoglu die Aussage Wullfs bestätigt: „Der Islam gehört zu Deutschland - und das ist so, dieser Meinung bin ich auch“, dabei betont sie aber auch die „Notwendigkeit, den Dialog zwischen den Religionen noch zu verstärken.“ Viele Politiker nehmen die 61 Prozent der Deutschen, die sehr begründet der Auffassung sind, der Islam passe nicht in die westliche Welt, nicht ernst. Berechtigte Sorgen werden arrogant und abgehoben als islamophob und xenophob abgetan ohne erkennbar an Problemlösungen konkret zu arbeiten. Solche Politiker bereiten - unfähig zur Selbstkritik und realitätsfern - rechtsradikalen Tendenzen den Boden. Solchen Politikern fällt dann nichts weiter ein, als sich über "widerliche", "dumpfbackige Frustbürger mit diffusen Ängsten" und "selbsternannte Patrioten" zu wundern.

Und wenn der türkische Regierungschef Davutoglu die Pegida-Bewegung jetzt bei seinem Deutschlandbesuch mit den Terroristen des „Islamischen Staats“ vergleicht, ist beliebigen und feigen deutschen Politikern durchaus zuzutrauen, dass sie ihm eher demütig und schuldbewusst beipflichten, als sich solche bodenlosen Unverschämtheiten zu verbitten.

Wegen der deutlichen kulturellen Unterschiede und der teilweise Unvereinbarkeit des Islam mit der Demokratie kann der Islam nicht zu Deutschland gehören. Jeder säkulare Muslim und jede Muslima, die nach unseren freiheitlichen und rechtsstaatlichen Vorstellungen mit uns zusammenleben möchten, sind bei uns als Mitbürger immer willkommen und gehören zu Deutschland. Insofern ist der Islam kein Teil Deutschlands und seiner Kultur, wohl aber ein Teil deutscher Realität.

(13.01.2015)

 

 

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