Hans-Heinrich Dieter

Demut?   (17.10.2011)

 

Im Interview mit dem Generalanzeiger Bonn geht der hessische Ministerpräsident Bouffier mit der Schuldenpolitik seiner Kollegin Kraft aus NRW hart ins Gericht. Das ist grundsätzlich gut, denn hohe Staatsverschuldungen sind Hauptursache der gegenwärtigen Finanzkrise in Europa.

Volker Bouffier äußert die Kritik aber nicht aus grundsätzlichen Erwägungen, sondern weil Hessen in den Länderfinanzausgleich zahlt, während NRW durch seine Schuldenpolitik seinen Anspruch auf Zahlungen aus dem Ausgleichsfond erhöht und somit zunehmend auch auf Kosten hessischer Steuerzahler lebt. Da darf der hessische Landesvater über die NRW-Landesmutter durchaus verärgert sein.

Dann geht es um die Euro-Schuldenkrise. Bouffier beklagt den „wilden und bunten Chor“ zur Krise, räumt aber ein, dass die betreffenden Sachverhalte in ihrer „inhaltlichen Qualität und quantitativen Intensität“ durchaus eine völlig neue Herausforderung darstellen. Die Verantwortung für die Entscheidung,  â€žwelcher Weg gegangen wird“, sieht er mit Recht bei der Politik. Und dann sagt er doch tatsächlich: „Die Fachwelt hält dabei nicht die eine richtige Lösung bereit, deshalb sollte sie in Demut gegenüber der Politik auftreten.“

Das ist schon dreist und geradezu lächerlich. Es war die Politik, die die Stabilitätskriterien für die Euro-Zone sträflich aufgeweicht hat. Nun zeigt sich die Politik nach 2008 erneut als handlungsschwach und wenig erfolgreich in der Krisenbewältigung. Jetzt offenbart sich, dass es die Politik nach der Krise 2008 versäumt hat, die erforderlichen Regulierungen und Auflagen für die Finanzmärkte und systemrelevante Banken durchzusetzen. Es wird offensichtlich, dass Aufsicht unzureichend betrieben wurde. Es ist hauptsächlich die Politik, die mit unsäglicher Kakophonie - sogar in hohem Maße innerhalb der Regierungskoalition - zur Verunsicherung der Märkte beiträgt, mangels  Problemlösungsvision angstvoll auf die Börsenkurse schielt und sich von den Bankern treiben sowie von den Finanzmärkten erpressen lässt.

Vor Politikern die ihrer Verantwortung nicht gerecht werden und die sich in der Lösung von Sachproblemen als unfähig erweisen, werden die Banker nicht in Demut erstarren. Für solche Politiker hat die Finanzwelt nur Verachtung übrig und verhält sich dann auch leider entsprechend.

(17.10.2011)

 

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