Hans-Heinrich Dieter

China als Vermittler?   (06.06.2022)

 

Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag, hat sich lange mit Friedens- und Abrüstungspolitik befasst und ist ein linker Sozi, der der Gruppe der Putinversteher angehört und als naiver Pazifist an den Erfolg einer Politik des Wandels durch Annäherung an Russland geglaubt hat. Nun zeigt er sich in mehreren Interviews vom völkerrechtswidrigen Angriff Putins auf die Ukraine enttäuscht, ist aber weiterhin davon überzeugt, dass man zu einer „friedlichen Koexistenz mit Russland kommen müsse.“ Mützenich sieht hier eine Aufgabe der UNO, geht aber davon aus, dass Putin die UNO als Vermittler ablehnen würde.

In diesem Zusammenhang spricht er sich für China als möglichen Vermittler im Ukraine-Krieg aus, weil sich die aufstrebende Weltmacht bei der Verurteilung des russischen Völkerrechtsbruches und der russischen Verletzung der Charta der Vereinten Nationen in der UNO-Generalversammlung zurückgehalten habe.

Da stellt sich zunächst die Frage, warum sich der SPD-Fraktionsvorsitzende zu einer so wichtigen außenpolitischen und strategischen Frage äußert und nicht Bundeskanzler Scholz. Und man muss sich auch fragen, wie Mützenich gerade auf China als Vermittler kommt – die Interessen der Ukraine hat er jedenfalls nicht berücksichtigt.

Die Vetomacht China blockiert in letzter Zeit geradezu regelmäßig zusammen mit der Vetomacht Russland Resolutionen des Weltsicherheitsrates und macht so die UNO handlungsunfähig. China unterstützt den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine aus taktischen Gründen nicht, arbeitet aber sonst eng mit Russland zusammen. Der Neo-Stalinist Putin will möglichst große Teile der Sowjet-Union regenerieren und ein russisches Sowjetreich wieder von einer „Regionalmacht“ zu einer Weltmacht entwickeln – in diesem Zusammenhang will er auch die Ukraine zu einem Teil des neuen Russlands machen. Der kommunistische Diktator Xi verfolgt eine ähnliche Politik im südchinesischen Meer und betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, die möglichst bald in das chinesische Weltreich einverleibt werden soll. China ist gegenüber Taiwan fortwährend aggressiv, und wird von den USA derzeit noch in Schach gehalten – außerdem gibt die Geschlossenheit der westlichen Welt und die zunehmende internationale Isolierung Russlands China sicherlich zu denken und hält Xi von weitergehenden Aggressionen gegenüber Taiwan zurück.

Ein Vermittler – zum Beispiel nach einem Waffenstillstand im Ukrainekrieg – muss von beiden Seiten für vertrauenswürdig gehalten werden, damit es zu belastbaren Verhandlungen kommen kann. Und es ist schwer vorstellbar, dass die Ukraine zu der aggressiven kommunistischen Diktatur China jemals das erforderliche Vertrauen entwickeln könnte. Und so wirkt der Vorschlag des linken Sozis und Putinverstehers eher als ein Angebot, das die „friedliche Koexistenz mit Russland“ gesichtswahrend ermöglichen soll – ohne allerdings die Belange und Rechte der Ukraine hinreichend berücksichtigen zu wollen.

Dieser Vorschlag ist daher untauglich für die Ukraine und indiskutabel für die westliche Welt, die gerade beginnt, die Abhängigkeiten auch von China deutlich zu reduzieren. Die UNO muss sich um eine Vermittlung im Ukraine-Krieg bemühen – ob es Putin passt oder nicht!

(06.06.2022)

 

 

nach oben

 

zurück zur Seite Klare Worte