Hans-Heinrich Dieter

Bundeswehr-Reförmchen (10.02.2012)

 

Die "tiefgreifendste Reform in der Geschichte der Bundeswehr" entwickelt sich immer mehr zu einem Bundeswehr-Reförmchen – nicht was die Auswirkungen auf Soldaten und Zivilbedienstete anbetrifft, wohl aber im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit der deutschen Streitkräfte.

Die Bundeswehr soll von 220.000 auf höchstens 185.0000 Soldaten und von 76.000 auf 55.000 Zivilbeschäftigte verkleinert werden. Dafür müssen 18.000 Zeit- und Berufssoldaten und rund 22.000 zivile Mitarbeiter die Bundeswehr vorzeitig verlassen. Der Deutsche Bundestag kennt diese grundlegenden Rahmenbedingungen für die Bundeswehr-Reform und hat sich mehrheitlich für diese Reform ausgesprochen. Das für den Personalabbau erforderliche Begleitgesetz zur Bundeswehr-Reform befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung und da gibt es erheblichen Widerstand.

Dem Bundesfinanzminister sind die Kosten für Vorruhestandsregelungen zu hoch, Zuverdienstmöglichkeiten in Wirtschaft und Verwaltung für ausgeschiedenes Personal zu großzügig, etc. – kurz, die geplante Bundeswehrreform wird zu teuer, man geht von Mehrkosten in dreistelliger Millionenhöhe aus. Und die Einzelkritik aus dem Finanzministerium liest sich auch nicht gut, z.B.: „belastbare Daten zu konkreten Personalabbauzahlen und Folgekosten“ fehlen.

Der Widerstand aus dem Finanz- und aus dem Arbeitsministerium ist so massiv, dass Verteidigungsminister de Maizière offensichtlich schon deutliche Abstriche bei der beabsichtigten Vorruhestandsregelung machen musste. Durch eine „Deckelung“ sollen jetzt nur noch ungefähr ein Drittel der in der neuen Struktur überflüssigen Berufssoldaten und Beamten vom Vorruhestand Gebrauch machen dürfen. Das bedeutet ja im Klartext nichts anderes als dass Deutschland eine Bundeswehrreform machen will, bei der Tausende Soldaten und Beamte ohne sinnvolle Aufgabe bei 100% Gehalt in der Struktur und im Dienst gehalten werden müssen. Das würde sich sehr schnell als eine massive Zumutung für die Soldaten und Beamten ohne sinnvolle Tätigkeit erweisen und als unwürdige Behandlung von Staatsdienern. Gleichwohl wären Neid und Häme vorprogrammiert im Sinne von „faule Soldaten und Beamte liegen den Steuerzahlern auf der Tasche“.

Minister de Maizière gibt sich derweil gelassen, denn er erklärte noch am Wochenende in einem Interview, dass die Personalstruktur im Frühjahr 2012 fertig sei und man mit der Reform im Zeitplan liege. Da will die Ãœberschrift im General-Anzeiger Bonn am 10.02.2012 „De Maizière mit Vorruhestandsplan gescheitert“ nicht richtig passen. Und die sicherheitspolitische Diskussion verheißt auch nichts Gutes. SPD-Arnold zum Beispiel begrüßt es im General-Anzeiger, dass der Minister sich nicht hat durchsetzen können. „Der Minister habe nicht erkannt, dass die Bundeswehr nur mit Blick auf die gesellschaftliche Debatte agieren könne…Und die laufe eindeutig auf eine längere Lebensarbeitszeit hinaus.“ Man sollte nicht glauben, dass der Sprecher der SPD im Verteidigungsausschuss im Zusammenhang mit einem sicherheitspolitischen Problem einen solchen Unsinn von sich gibt.

Arnold versteht nicht, dass die Bundeswehr im Zusammenhang mit der Reform nicht agiert, sondern den politischen Willen der Regierung und des Parlamentes umsetzt. Arnold tut so, als wollten Berufssoldaten und Beamte die Bundeswehr verlassen und den Vorruhestand genießen, und ihm gelingt es nicht zu begreifen, dass es ein politisches Ziel ist, überzählige Berufssoldaten und Beamte zum Verlassen der Bundeswehr zu bewegen. Und die intellektuellen Möglichkeiten Arnolds reichen offenbar nicht, zu erkennen, dass die gesellschaftliche Debatte um längere Lebensarbeitszeit mit dem dringend erforderlichen Personalabbau der Bundeswehr im Rahmen der Reform nichts zu tun hat.

Am Anfang großer Reformen stehen große Strukturveränderungen und große Investitionen, dazu müssen sich verantwortungsbewusste Volksvertreter bekennen.

Ohne entsprechende Investitionen läuft die Reform Gefahr, nicht die erforderliche Nachhaltigkeit und Reichweite entwickeln können - zum Nachteil der Soldaten und Zivilbediensteten der Bundeswehr, aber auch der Steuerzahler, wenn man gezwungen sein sollte, Personal ohne sinnvollen Auftrag bei 100% Gehalt im Dienst zu halten.

(10.02.2012)

 

 

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