Hans-Heinrich Dieter

Attraktive Bundeswehr   (06.06.2014)

 

Verteidigungsministerin von der Leyen hat in der letzten Woche viel Kritik und Häme wegstecken müssen, weil sie die Bundeswehr in schwieriger Konkurrenzsituation für geeigneten Nachwuchs attraktiv machen will.

Im Focus verstieg sich der offenbar schlecht gestimmte und nicht aktuell informierte General a.D. Kujat zu frechen und falschen Feststellungen: "Da sind echte Laien am Werk. Von der Leyen hat ganz offensichtlich keine Ahnung vom Militär,". und er meinte anfügen zu müssen, die Ministerin komme ihm vor, „wie eine gute Hausfrau, die ihre Kinder versorgt“. Frau von der Leyen hat schon nach kurzer Zeit im Amt erkennbar weit mehr "Ahnung vom Militär" als der ständig ahnungslose Ministerlehrling Jung vor seinem Rausschmiss. Und warum sollte die Verteidigungsministerin weniger Ahnung haben als der glücklose Scharping, der von Kujat beraten wurde. Und wenn Kujat von den "echten Laien" spricht, die da am Werk sind, dann verleumdet und verhöhnt er die vielen hervorragend ausgebildeten und hart für die Bundeswehr arbeitenden militärischen Berater der Ministerin. Insofern sind die Feststellungen des Luftwaffen-Generals a.D. falsch. Frech sind die Aussagen, weil er sich anmaßt, über "Ahnung vom Militär" mit der Minimal-Führungserfahrung eines stellvertretenden Kompaniechefs und des Kommandeurs eines Rekrutendompteurbataillons der Luftwaffe scharf zu urteilen. Kujat hat sicher Ahnung von Militärpolitik, eine erfahrene militärische Führungspersönlichkeit war er nicht, das weiß ich - leider - aus nächster Nähe. Gut, dass auch General Wieker Stellung bezogen hat.

Und Kujat ist nicht aktuell informiert, denn nicht nur die letzten Berichte des Wehrbeauftragten machen den Attraktivitätsbedarf überdeutlich. Außerdem ist das Bemühen um eine attraktive Bundeswehr nicht neu. Schon zum Jahrhundertbeginn gab es das "Kasernenprogramm 2000", das allerdings nur in Ansätzen realisiert wurde. Schon mit der Neuausrichtung der Bundeswehr wurde ein Attraktivitätsprogramm mit 87 Projekten entworfen, das aber bisher nur sehr unzureichend umgesetzt ist. Und wenn Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen in den nächsten fünf Jahren 100 Millionen Euro investieren will, um die Bundeswehr mit 29 Projekten zu einem der attraktivsten Arbeitgeber Deutschlands zu machen, dann greift sie ein dringendes und bisher verschlepptes Problem auf und wird es hoffentlich mit der ihr eigenen Konsequenz und Durchsetzungsfähigkeit so weit wie möglich umsetzen. Der Bundeswehrverband selbst will eine Attraktivitätsoffensive "Schlagkräftige Bundeswehr 2020" starten und die Ministerin sicher unterstützen.

Schlecht informiert ist Kujat offensichtlich auch über die Nachwuchslage. Mit dem Aussetzen der Wehrpflicht müssen junge Menschen nun mal freiwillig dazu bewegt werden, sich als Soldaten zur Verfügung zu stellen. Und die gut Ausgebildeten, die Begabten und Intelligenten, die auch in der freien Wirtschaft gute Chancen und weitaus bessere Verdienstmöglichkeiten unter oft angenehmeren Rahmenbedingungen haben, sind nur schwer für den gelegentlich gefährlichen Soldatenberuf zu begeistern. Der jährliche Bedarf an rund 60.000 Bewerbern kann mit geeignetem - physisch,psychisch und geistig - Nachwuchs derzeit nicht befriedigend gedeckt werden. Dieses grundsätzliche Problem teilt die Bundeswehr mit jeder anderen Freiwilligenarmee.

Wenn es also der Bundeswehr nicht gelingt, mit gesteigerter Attraktivität genug hinreichend geeigneten Nachwuchs zu gewinnen, dann wird sie über kurz oder lang nicht genug Soldaten haben, um Aufträge in anspruchsvollen Militäreinsätzen mit Aussicht auf Erfolg ausführen zu können. Das wichtige und richtige Kümmern um eine bessere Ausrüstung in ausreichender Zahl ist deswegen auch nur dann Schlüssel zum Erfolg, wenn genug gut qualifizierte Soldaten damit in den Einsatz geschickt werden können. Beides ist also wichtig, Attraktivität und gute Ausrüstung, beides kostet gutes Geld. Dümmliche Kritik ist eher kontraproduktiv.

Deswegen muss sich die Gesellschaft entscheiden, in welcher Quantität und Qualität sie zukünftig Staatsbürger in Uniform haben will, die nötigenfalls für die Erhaltung unserer Werte, für Sicherheit und für unser Leben in Frieden und Freiheit eingesetzt werden sollen. Dementsprechend müssen Haushaltsmittel bereitgestellt werden, insbesondere wenn Deutschland - wie angekündigt - mehr Verantwortung in der Sicherheitspoltik übernehmen will.

(06.06.2014)

 

 

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