Hans-Heinrich Dieter

Afghanistan-Aufarbeitung   (05.10.2021)

 

Deutschland spielt in der globalen Welt als wirtschaftsstarke Mittelmacht der EU eine deutlich nachgeordnete Rolle, weil wir kein außen- und sicherheitspolitisches Konzept haben, das wir in die EU oder die NATO einbringen könnten, um so zur Stabilisierung beizutragen. Deutschland hat auch nicht die militärischen Möglichkeiten, um seinen Bündnisverpflichtungen angemessen nachkommen zu können. Wir sind so etwas wie ein großmäuliger außen- und sicherheitspolitischer Zwerg. Und trotzdem haben wir uns am Afghanistaneinsatz beteiligt, hauptsächlich um mitzumachen! Und wenn man nur dabei sein will, braucht man nach Auffassung der verantwortlichen Politiker und Parlamentarier wohl auch keine eigene politische Zielsetzung, keine Strategie, kein Konzept und keinen Plan. Wenn unter diesen unzureichenden Rahmenbedingungen 59 Soldaten der Bundeswehr ihr Leben verlieren und Deutschland über 17 Milliarden investiert hat, dann kann man nicht von verantwortungsvoller Politik sprechen! Deswegen muss der Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr gründlich und umfassend untersucht und aufgearbeitet werden, um aus den Fehlern lernen zu können und zukünftig bei militärischen Einsätzen aufgrund der Fehleranalyse und des Erkenntnisgewinns politische Fehler zu vermeiden.

Da die Bundeswehr als Parlamentsarmee verstanden werden muss und die Einsatzentscheidung in unserer parlamentarischen Demokratie durch den Bundestag zu treffen ist, reicht eine Bilanz des Verteidigungsministeriums unter Einbeziehung des Außenministers nicht aus – insbesondere weil Ministerin Kramp-Karrenbauer sich in die lange Liste erfolgloser und teilweise unfähiger Verteidigungsminister eingereiht hat.

Morgen sollen nun bei einer ganztägigen Veranstaltung des Verteidigungsministeriums mit dem Titel „20 Jahre Afghanistan - Startschuss für eine Bilanzdebatte“ erste Schlüsse aus dem Afghanistan-Einsatz gezogen werden. Verteidigungspolitiker aus den Fraktionen von SPD, Grünen, FDP und auch der Union haben diesen Termin allerdings mit Hinweis auf die anstehenden Sondierungsgespräche abgesagt. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hält aber trotz starker Kritik an dem Termin fest- obwohl inzwischen auch der Außenminister seine Teilnahme abgesagt hat.

Die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP im Deutschen Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, sagte dazu: „Das Vorgehen der Ministerin ist einmal mehr ein kommunikatives Desaster. In ein Machtvakuum hinein beginnt man keine Aufarbeitung eines Einsatzes von der Dimension der Afghanistan-Mission“, und sie kritisiert schon seit Wochen, dass die CDU-Ministerin die Aufarbeitung in die Zeit legt, wo der alte Bundestag sich auflöst und der neue noch nicht konstituiert ist. Außerdem fordert Strack-Zimmermann einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss für die letzten Monate des Einsatzes. Die FDP-Politikerin hat Recht, denn die Aufarbeitung und Fehleranalyse des bisher größten Einsatzes in der Geschichte der Parlamentsarmee Bundeswehr darf nicht ohne die parlamentarischen Fachleute der künftigen Regierungsfraktionen stattfinden!

Es darf zukünftig keine Auslandseinsätze der Bundeswehr mehr ohne außen- und sicherheitspolitisches Konzept und strategische Zielsetzung sowie ohne hinreichende Ausrüstung für die erfolgreiche Erfüllung des vom Bundestag gegebenen militärischen Auftrages geben! Deswegen müssen die zukünftig verantwortlichen Parlamentarier unbedingt eingebunden werden – wie sollen sie sonst aus Fehlern ihrer Vorgänger lernen?

(05.10.2021)

 

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