Hans-Heinrich Dieter

30 Jahre Maastricht   (07.02.2022)

 

Am 07.02.1992, vor genau 30 Jahren wurde in Maastricht der „Vertrag ĂŒber die EuropĂ€ische Union“ von den 12 Staats- und Regierungschefs der EuropĂ€ischen Gemeinschaft feierlich unterzeichnet. Aus der „EG“ wuchs die EU. Damit war rechtlich die Basis fĂŒr eine substanzielle wirtschaftliche, politische und sicherheitspolitische Umgestaltung Europas gelegt – und diese Umgestaltung entwickelte sich bis heute zu einer ewigen politischen Baustelle.

Vor der Unterzeichnung des Maastricht-Vertrages haben sich in Europa schon tiefgreifende UmbrĂŒche ergeben. Der Revolution in Osteuropa 1989 folgte 1990 die deutsche Wiedervereinigung, das fĂŒhrte zum Ende des Warschauer Paktes. 1991 begann der Krieg in Jugoslawien. Und Ende 1991 löste sich dann auch die Sowjetunion auf. Auf die „EG“ kamen damit deutlich weitergefasste Aufgaben zu, wenn man Politik fĂŒr Europa gemeinsam erfolgreich gestalten wollte.

Dazu sollte die ursprĂŒnglich auf die Wirtschaft konzentrierte EuropĂ€ische Gemeinschaft in eine politische EuropĂ€ische Union umgebaut werden. WĂ€hrend die EU sich seit Maastricht in wirtschaftlicher Hinsicht zu einer respektablen globalen Macht entwickelt hat, ist die Gestaltung der "politischen Union" bisher kein wirklicher Erfolg. Das gilt vor allem fĂŒr eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Es wird ja derzeit ganz deutlich sichtbar, wie hilflos und wenig geschlossen die EU und ihre inzwischen 27 Staaten den hochaggressiven militĂ€rischen Drohungen Russlands gegen die Ukraine begegnen. Die EU ist hier auf die NATO angewiesen und von den USA abhĂ€ngig. Und bei den Themen innere Sicherheit, Kontrollen an den Grenzen zu Drittstaaten und im Hinblick auf eine gemeinsame Migrations- und Asylpolitik zeigt sich die EU als eine verunsicherte, unvollkommene und handlungsschwache Gemeinschaft. Die insgesamt unbefriedigende Lage der Wertegemeinschaft EU hat strukturelle GrĂŒnde, weil es nicht gelungen ist, die Entscheidungsmechanismen fĂŒr die 27 Mitgliedstaaten zeitgerecht und der politischen Entwicklung angemessen anzupassen. Außerdem muss es in der inzwischen gespaltenen und teilweise zerstrittenen Union darum gehen, zunehmend nationalistisch und unsolidarisch agierende Mitglieder in die Wertegemeinschaft der EU zurĂŒckzuholen. Wenn das nicht gelingt, dann muss sich die EU neu erfinden und mit einem Kerneuropa der leistungsstarken und solidarischen Mitglieder eine tiefer integrierte EU weiterentwickeln und den unsolidarischen Staaten eine Vollmitgliedschaft zu den neuen Bedingungen oder eine privilegierte Partnerschaft anbieten.

Die EU sieht erkennbar keinen wirklichen Grund das JubilĂ€um feierlich zu begehen. Das kann man verstehen, denn Vieles von den großen PlĂ€nen ist noch nicht umgesetzt und viele gute Ideen sind auch nach 30 Jahren unvollendet. Die PlĂ€ne sind aber brauchbar, wenn sie der politischen Entwicklung angepasst werden und die europĂ€ische Idee ist zu gut, um sie zu verwerfen!

Die EU braucht dringend eine Strukturreform, die HandlungsfĂ€higkeit gewĂ€hrleistet, die EU muss gemeinsame außen- und sicherheitspolitische Ziele definieren und ein entsprechendes verbindliches Konzept verabschieden. Das EuropĂ€ische Parlament muss noch mehr Kompetenzen sowie deutlich mehr Mitentscheidungsrechte – bis hin zu einem Gesetzesinitiativrecht – erhalten und die EuropĂ€ische Kommission parlamentarisch kontrollieren. Und die EU muss viel enger mit der NATO zusammenarbeiten, um gemeinsam mit der transatlantischen Gemeinschaft fĂŒr Europas Sicherheit sorgen zu können.

Es gibt also keine wirklichen GrĂŒnde fĂŒr eine rauschende JubilĂ€umsfeier – es gibt viele Aufgaben, die zum Wohle der EuropĂ€ischen BĂŒrger zu lösen sind!

(07.02.2022)

 

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