Nach Abschluss der Erkundungen der Slowakei wollten wir die Gelegenheit nutzen, um uns einen Eindruck von West-Ukraine zu verschaffen. Die Idee war, durch landschaftlich interessante Gegenden der Ukraine nach L´viv (Lemberg) zu fahren, die Hauptstadt der West-Ukraine kennenzulernen, um dann bei der Stadt Przemysl den eleganten Einstieg in die Reise durch Südpolen zu finden. Dafür hatten wir zwei Tage vorgesehen.
Da EU-Bürger kein Visum brauchen, schien der Plan Sinn zu machen. Allerdings hatten wir als Schengen-verwöhnte Europareisende die Rechnung zunächst ohne die spätkommunistische Bürokratie gemacht.
Die Einreisekontrollen bei Uzhorod waren schon ein besonderes Erlebnis und dauerten insgesamt zwei Stunden. Unser Wohnmobil wurde dreimal intensiv überprüft und gefilzt und ein Grenzsoldat forderte unverfroren „ukrainisches Fakelaki“ und war dann nur durch einen kleinen Aufschlag zum zügigen Beenden seiner Überprüfungen zu bewegen. Beim geringfügigen Überfahren einer schwach gekennzeichneten Stopplinie gebährdete sich der weiß-blondierte weibliche Kapo geradezu idealtypisch. Einfach widerlich – nicht nur die Weißblonde, sondern das ganze Procedere. Ehemals Warschauer Pakt halt!
Nach den Grenzkontrollen erwarten einen dann bekannte, aber doch nicht mehr so erwartete Bilder:
Begrüßung hinter der Grenze
Wer überwacht wen?
Wechselstuben:
Die freundliche Dame mochte keine Quittungen
Nach den Einreiseerfahrungen und dem ersten Dutzend weniger positiver Eindrücke sagte meine liebe, reiseerfahrene Ehefrau: „Ich will so schnell wie möglich nach Polen!“, und das, obwohl wir die Mitte Polens 2008 als nicht ganz einfaches Reiseland schon kennengelernt haben.
Aber ein solcher „Tagesausflug“ lohnt sich natürlich andererseits wegen der schönen Landschaften der Waldkarpaten, wegen der Eindrücke von Land und Leuten und wegen der Erfahrungen in einem Land, das sich auf dem Weg nach EU-Europa glaubt.
Kirchen sind meist nicht zugänglich
Die Dörfer und kleinen Städte wirken eher arm und ein wenig trostlos. Die Auswirkungen des Kommunismus und die damit verbundenen nachhaltigen Schäden sind überall deutlich erkennbar.
Ein Museumsstückchen
Woher kommt der "Möhrendieb" wohl?
Darüber hinaus ist die Ukraine auch nicht auf Reisende eingestellt. Restaurants findet man durchaus, sie sind an einem normalen Werktag aber nicht darauf eingestellt, Essen zu servieren oder gar ein kulinarisches Angebot zu machen. Und auch Ukrainer findet man zu üblichen Zeiten – anders als in der Slowakei – nicht in den restaurantähnlichen Etablissements. Das macht das Reisen weniger angenehm.
Bei einem solchen „Tagesausflug“ kommt man außerdem nicht sehr weit. Die Straßen sind in weiten Teilen sehr schlecht, man fährt kilometerlang wie auf miserablen Schotterpisten und in Schlangenlinien, um den sehr zahlreichen und teilweise sehr tiefen Schlaglöchern auszuweichen. Die Verkehrsinfrastruktur ist noch schlechter als in Rumänien und abseits von Autobahnen teilweise eine Zumutung. Deswegen haben wir auf einen Besuch Lembergs verzichtet und einen direkteren Weg aus der Ukraine genommen.
Bundesstraßen vergleichbare Verkehrswege!
Trabertraining? auf einem etwas besseren Straßenabschnitt
Die Infrastruktur ist so alt wie die Lok
Die Ausreise nach Polen gestaltet sich dann kaum einfacher. Auf ukrainischer Seite das übliche Zoll- und Grenz-Verhalten, Desorganisation und teils offene Schikane führen zusammen mit den äußerst peniblen Kontrollen der Polen zu drei Stunden Zeitverlust. Die Polen kennen ihre östlichen Nachbarn und wollen offensichtlich kein Risiko eingehen.
Noch anderthalb Stunden!
Wir haben den ersten Eindruck gewonnen. Für uns ist die Ukraine aufgrund der Infrastruktur und auch der Möglichkeiten kein empfehlenswertes Reiseland und wird sich erst ganz allmählich in Richtung EU-Europa entwickeln können, wenn überhaupt. Für Entdecker ist natürlich auch die Ukraine einen Versuch wert.
Wir werden demnächst nach Kiew fliegen und dann in der Hauptstadt und Umgebung hoffentlich sehr viel positivere Eindrücke gewinnen können.
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