Spezialkraefte
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Spezialkräfte der Bundeswehr (16. 03. 2008)

 

 

Die Spezialkräfte des Heeres im KSK sind einmalig in der Bundeswehr.

Sie sind im besten Sinne des Wortes Elite und einsatzbereit – jederzeit – weltweit. Und diese besondere Truppe ist auch sicherheitspolitischer Ausdruck der Souveränität der wiedervereinigten europäischen Mittelmacht Deutschland mit stark gestiegener außenpolitischer Verantwortung. Das haben viele Politiker noch nicht richtig verstanden und auch einige Militärs wissen mit diesem sicherheitspolitischen Instrument noch nicht angemessen umzugehen. Das ist erstaunlich.

1994 hat Deutschland im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg in Ruanda entschieden, eigene militärische Kräfte für mögliche Evakuierungen deutscher Staatsbürger aus Krisengebieten im Ausland verfügbar zu machen. Im Oktober 1996 wurde das Kommando Spezialkräfte in Dienst gestellt. Zunächst nur als Speerspitze einer Evakuierungsfähigkeit der Bundeswehr gedacht, wurden die Spezialkräfte aufgrund ihres Fähigkeitenspektrums seit 1998 regelmäßig mit unterschiedlichen Aufträgen eingesetzt und haben sich international einen hervorragenden Ruf erarbeitet.

Entsprechend der gültigen NATO-Doktrin sind Spezialkräfte für militärische Operationen verfügbar zu halten, die wegen der Besonderheit und politischen Bedeutung des Auftrages, wegen der Besonderheiten der – ggf. auch verdeckten und mit hohem Risiko verbundenen – Aufgabenerfüllung sowie der Bedeutung der Ziele der Operationen nach anderen Grundsätzen und Verfahren durchgeführt werden müssen als Einsätze herkömmlicher Truppen.

Solche Einsätze im Spektrum vom Gewinnen spezifischer, zeitkritischer Informationen mit strategisch-operativer Bedeutung, über offensive Maßnahmen zur Abwehr terroristischer Bedrohung und Bekämpfung subversiver Kräfte, bis hin zur Befreiung von Personen aus Geiselhaft - unter Anwendung militärischer Gewalt - erfordern besondere Fähigkeiten, besonders ausgesuchtes, körperlich besonders leistungsfähiges und psychisch besonders stabiles Personal mit einem Ausbildungs- und Einsatzbereitschaftsstand, der höchsten militärischen Ansprüchen genügt. Solche Einsätze erfordern wirkliche Profis.

Solche Profis für Aufklärungseinsätze gegen Hochwertziele, für „direct action“, für das Einsetzen besonderer Waffen und Kampfmittel sowie für das Leiten von Luftstreitkräften werden nicht geboren. Vielmehr muss eine grundsätzlich geeignete Persönlichkeit die professionelle Ausübung eines Berufes mit ganz besonderen Anforderungen wollen und dann können lernen. Das ist ein aufwändiger, langwieriger und kräftezehrender Prozess.

Zunächst müssen die zukünftigen Spezialkräftesoldaten das härteste Eignungsfeststellungsverfahren bestehen, das die Bundeswehr zu bieten hat. Diesem Test stellen sich leider zu wenige Soldaten, auch aus Angst zu versagen, und von den zu wenigen Mutigen bestehen nicht viele. Wie bei anderen Spezialkräften ist das Gewinnen von geeignetem Nachwuchs eine wirkliche Herausforderung und deswegen ist es gut, dass politisch über ein Attraktivitätsprogramm, einschließlich einer angemessenen Zulage, intensiv nachgedacht wird und das Programm auf einem guten Weg zu sein scheint.

Die geeigneten Soldaten werden dann in drei Jahren für Spezialkräfte-Einsätze im Team und darüber hinaus für eine Spezialbefähigung in diesen Teams ausgebildet. Das bedeutet Ausbildung unter widrigen, schwierigen Bedingungen, lange Abwesenheiten vom Standort und der Familie, auf Speziallehrgängen und in besonderen Ausbildungseinrichtungen, sowie sehr fordernde und harte Übungen unter möglichst realen Einsatzbedingungen. Diese Männer verstehen und beherrschen dann ihr Handwerk, sie bringen sich mit hohem Leistungswillen und mit ihren Fähigkeiten voll in das Team ein, voller Vertrauen auf die gekonnte und präzise Auftragserfüllung ihrer Kameraden, denn jeder weiß: auf meine Kameraden ist genauso viel Verlass wie auf mich. Solcher Elitestatus – sichtbar ausgedrückt durch das Kommandoabzeichen – wird nicht herbeigeredet sondern ist hart erarbeitet.

Auf Lorbeeren kann sich der ausgebildete und einsatzbereite „Shooter“ nicht ausruhen. In den folgenden drei bis vier Jahren wird er im Spezialkräftespektrum im Ausland eingesetzt oder ständig in Übung gehalten. Seine physische Einsatzbereitschaft muss der Kommandosoldat jährlich durch einen Test nachweisen, um seine – bisher spärliche – Zulage bekommen zu können.

Spezialkräftesoldaten sind keine normalen Soldaten der Bundeswehr. Sie wissen, was sie können. Sie suchen deswegen die Bewährung. Sie gehen auf in der intensiv gelebten Kameradschaft Gleichgesinnter und zusammen mit diesen Kameraden wollen sie – auch im internationalen Vergleich – zur Elite gehören.

Auf dieser Grundlage leisten die Soldaten des KSK einen unentbehrlichen Dienst für die Bundesrepublik Deutschland und riskieren im Einsatz mehr als andere ihr Leben für ihr Vaterland. Das kann man an sich nicht hoch genug schätzen. Deswegen ist es bemerkenswert, dass nicht wenige Politiker Vorbehalte gegenüber dem KSK erkennen lassen und auch Teile der Bundeswehr „Berührungsängste“ zu haben scheinen.

Wo liegen die Probleme?

Das Problemfeld ist vielgestaltig und plakativ wie folgt beschrieben:
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  1. Das politische Verständnis konnte sich noch nicht hinreichend entwickeln und die Rolle der Spezialkräfte als Instrument der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik wurde, auch wegen eines fehlenden strategisch-operativen Zielsystems für Auslandseinsätze der Bundeswehr, in der Öffentlichkeit unzureichend diskutiert.
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  2. Politische und militärische Führungsstrukturen für Spezialkräfteeinsätze entsprechen - wie auch für Auslandseinsätze allgemein - noch nicht den Anforderungen.
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  3. Viele Parlamentarier sind der Auffassung, aufgrund von Geheimhaltungsauflagen über Spezialkräfteeinsätze nicht hinreichend informiert zu sein, und bemängeln, deswegen die erforderliche parlamentarische Kontrolle nicht ordnungsgemäß wahrnehmen zu können.
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  4. Teile der Bevölkerung sind gegenüber Spezialkräften argwöhnisch, weil sie wegen der besonderen Geheimschutzbedürftigkeit von Spezialkräfteeinsätzen zu wenig Konkretes darüber wissen.
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  5. Durch Defizite und Restriktionen wurden reale Einsätze deutscher Spezialkräfte taktisch-operativ so beschnitten, dass sie mit dem Einsatzprofil verbündeter Spezialkräfte nicht kompatibel waren.

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  6. Spezialkräfte wurden auch über längere Zeiträume in Kontingenten ohne hinreichende Durchhaltefähigkeit und zum Teil „unter Wert“ eingesetzt .
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  7. Die eingeschränkte Fähigkeit deutscher Spezialkräfte zur eigenständigen Einsatzdurchführung, hauptsächlich aufgrund nicht hinreichend verfügbarer Führungsmittel, fehlenden eigenen Spezialkräfte-Lufttransportraums, sowie teilweise nicht verfügbarer Kampf- und Luftunterstützung, führte zu reduziertem Interesse der englischsprachigen Spezialkräfte an einer intensiven Zusammenarbeit "auf Augenhöhe".
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  8. Partikularinteressen, Abgrenzungsdenken, die nicht zukunftsorientiert zugeordnete "Weiterentwicklungskompetenz" für Spezialkräfte, und der erkennbar unzureichende Wille zur Zusammenarbeit der Teilstreitkräfte erhöhen den Koordinationsaufwand bei der Führung von Spezialkräfteeinsätzen auf operativer Ebene. 
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Es wird hier sehr deutlich, dass sich die Probleme hauptsächlich aus der Geheimschutzbedürftigkeit der Spezialkräfteeinsätze, des Einsatzpersonals, des eingesetzten Materials, der Einsatzverfahren und insgesamt der Rahmenbedingungen des jeweiligen Auftrages und seiner Erfüllung ergeben. Diese Geheimschutzbedürftigkeit sollte von allen Verantwortungs- und Entscheidungsträgern sehr ernst genommen werden, denn es geht jeweils um den größtmöglichen Erfolg des Einsatzes - z. B. durch Nutzung des Überraschungsmomentes - und um den bestmöglichen Schutz von Leib und Leben der eingesetzten Spezialkräfte und ihrer Familien. Bemühungen um Geheimschutz sollten deswegen nicht als Geheimniskrämerei diffamiert werden. Es muss vielmehr darum gehen - unter Berücksichtigung von Geheimschutz - vernetzte Führung von Spezialkräften im Einsatz zu optimieren und auch den berechtigten Informationsbedarf der Parlamentarier so zu decken, dass Mandatierung, und damit Legitimierung, sowie die parlamentarische Kontrolle ungeschmälert möglich werden.

Da die Bundeswehr zunehmend eine Armee im Einsatz ist, die Belastungen dieser Streitkräfte – bis hin zu Kampfeinsätzen – in Zukunft wahrscheinlich zunehmen werden und weil die Spezialkräfte der Bundeswehr als Instrument deutscher Außen- und Sicherheitspolitik zunehmend an Bedeutung gewinnen werden, sollten sich die politisch Verantwortlichen einerseits baldmöglichst ressortübergreifend mit der Frage befassen, mit welchem Ziel und wie die Spezialkräfte zukünftig eingesetzt werden sollen, auch um ein zukunftsfähiges Verständnis für den Umgang mit dem Instrument Spezialkräfte zu entwickeln. Die militärische Führung andererseits sollte alles tun, um die Probleme in ihrer Verantwortung streitkräftegemeinsam zu lösen.

Was ist zu tun?
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  1. Unter Gewährleistung des erforderlichen Geheimschutzes sollte der Anspruch des Parlamentes auf umfassende Unterrichtung durch institutionalisierte Informationsverfahren eines Gremiums befriedigt werden, das im Sinne eines integrierten Sicherheitsverständnisses Vertreter aller betroffenen parlamentarischen Ausschüsse umfasst. Dabei sollte weiterhin strikt zwischen Informationen über Einsätze von Spezialkräften und von herkömmlichen Truppen getrennt werden.
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  2. Spezialkräfte sollten auf der Grundlage der gültigen konzeptionellen Dokumente weiterentwickelt, entsprechend den aktuellen Regeln der Kunst auch für einen autarken Einsatz an der Seite alliierter Spezialkräfte wirklich einsatzfähig gemacht und dann gehalten werden, sowie auf strategischer, operativer und taktischer Ebene effizient geführt werden können. Im Rahmen dieser Weiterentwicklung sollten die Spezialkräfte des Heeres und der Marine zu Spezialkräften der Bundeswehr zusammengefasst werden. Längerfristig sollten deutsche Spezialkräfte im Sinne eines integrierten Sicherheitsverständnisses - unter Überwindung der Zuständigkeiten für innere und äußere Sicherheit - als Spezialkräfte des Bundes eingesetzt werden können.
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  3. Der Einsatz von Spezialkräften sollte nicht „verwässert“ werden, weder durch organisatorische Zusammenfassung von Spezialkräften und Spezialisierten Kräften, noch durch Einsatz von Spezialkräften in Kontingenten und unterhalb ihres konzeptionell festgelegten Einsatzspektrums. Allerdings sollte geprüft werden, ob ein Teil der Spezialisierten Kräfte zu Spezialkräfte-Unterstützungstruppen – in Anlehnung an den britischen Ansatz – weiterentwickelt werden sollten.
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  4. Das Einsatzspektrum der Spezialkräfte sollte überprüft und ggf. den Erfordernissen asymmetrischer Konfliktszenarien im Rahmen multinationaler Stabilisierungsoperationen angepasst werden.
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  5. Die Führungsfähigkeit auf der militärstrategischen Ebene des Ministeriums sollte so gestaltet werden, dass durch stringente streitkräftegemeinsame und integrierte Planung sowie Koordination, verkürzte Entscheidungs- und Befehlswege – außerhalb der Gemeinsamen Geschäftsordnung – und durch eindeutig zugeordnete Verantwortung Spezialkräfte effizienter und erfolgversprechender als sicherheitspolitisches Instrument genutzt werden können.
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  6. Auf operativer Ebene muss die Führungsfähigkeit im Hinblick auf Spezialkräfteoperationen dadurch verbessert werden, dass ein auch zukünftig eigenständiges Führungskommando (FOSK) personell und materiell den Anforderungen entsprechend ausgestattet wird und der Kommandeur als General auf „verbesserter Augenhöhe“ mit dem Ministerium und dem Einsatzführungskommando zusammenarbeiten kann. (Die Forderungen im van Heyst-Papier sind ganz offensichtlich nach Berücksichtigung ausschließlich der Pro-domo-Argumentation des Einsatzführungskommandos formuliert worden.)

 

Eine konsequente Umsetzung des langjährig bewährten britischen Modells „Direktor Special Forces“ hingegen würde sowohl den konzeptionellen Vorgaben als auch den Geheimschutzbedürfnissen am besten entsprechen. Außerdem wäre diese Führungsstruktur auch ressourcensparend, weil die militärstrategische und die operative Führung von Spezialkräften mit flacher Hierarchie direkt unterhalb des Generalinspekteurs zusammengefasst werden könnten, auf einer Ebene und mit einem verantwortlichen Ansprechpartner für den ins Auge gefassten Einsatzführungsstab im Verteidigungsministerium.

Weil ich von 1998 bis 2000 die Ehre und die Freude hatte, Kommandeur des Kommando Spezialkräfte zu sein und Spezialkräfte – auch im Einsatz – führen zu dürfen, weiß ich, dass diese besonderen Soldaten als Instrument deutscher Außen- und Sicherheitspolitik zu wertvoll sind, um ihre Zukunft mit Kompromissen und halben Lösungen zu gestalten!

(16.03.2008)

Siehe auch unter Geschichten „Armee im Einsatz“ und „Bürokratie im Einsatz“

 

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