Armee im Einsatz
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Armee im Einsatz

 

Das Weißbuch 2006 spricht an mehreren Stellen von der Armee im Einsatz. Richtiger wäre sicherlich „Parlamentsarmee im Einsatz“, die Parlamentarier würde das außerdem freuen. Dieser Status hat hauptsächlich Vorteile, denn die Volksvertretung kümmert sich und fühlt sich verantwortlich. Das schafft auch Legitimation.

 

Im Augenblick wird wieder heftig über die Verlängerung der Afghanistan-Mandate diskutiert. Neues bringt die Diskussion nicht, denn es sind ja offensichtlich auch viele Argumente wiederholt ausgetauscht worden. Da hat man dann den Eindruck, dass das verabredete Procedere um die zusammengefasste Abstimmung über die ISAF- und Tornado-Mandate und die Spekulationen über das Abstimmungsverhalten der Grünen die sicherheitspolitische Sachdiskussion sehr stark überstrahlen.

 

Dabei wäre aus meiner Sicht ein erheblicher Bedarf an intensiver parlamentarischer und dann auch öffentlicher Diskussion über außen- und sicherheitspolitische Zielsetzungen, über vitale nationale außenpolitische Interessen der Bundesrepublik Deutschland und über eine militärstrategische, operative und taktische Zielhierarchie für die Auslandseinsätze der Bundeswehr.

 

Was wollen wir eigentlich als Bundesrepublik Deutschland in Afghanistan konkret auf welcher Zeitachse erreichen?

An welcher Zielsetzung wird außen- und sicherheitspolitischer Erfolg gemessen?

Welchen konkreten Beitrag hat die Bundeswehr zu leisten, um definierte politische Ziele zu erreichen und woran werden der militärstrategische, der operative und der taktische Erfolg gemessen?

 

Im Weißbuch 2006 finden sich wichtige, aber sehr allgemeine Aussagen zu den Grundlagen deutscher Sicherheitspolitik, die als Maßstab für Einsätze der Bundeswehr allerdings nicht taugen. Weil wir ein solches Zielsystem nicht haben, wird dann auch an allgemeinen politischen Werten, an plakativen sicherheitspolitischen Aussagen oder auch an Ideologien orientiert diskutiert.

 

Inzwischen ist allgemein anerkannt, dass wir unsere Freiheit auch am Hindukusch verteidigen. Wenn diese plakative Aussage – außer bei den Linken – Grundlage für politische Orientierung ist, dann wird aber nicht sehr konsequent politisch gehandelt, denn folglich müsste doch alles getan werden, um unseren Beitrag zur Verteidigung auch unserer Freiheit wirklich zu leisten. Stattdessen „eiern“ wir politisch herum. Wir versteifen uns auf den weniger gefährlichen ISAF-Einsatz im Norden; wir enthalten unseren Verbündeten Aufklärungsergebnisse unserer Hochleistungssysteme vor, die gegebenenfalls dazu beitragen könnten, Kollateralschäden bei militärischen Einsätzen gegen Terroristen zu minimieren; wir wollen unsere Ausbildungsanstrengungen für die afghanischen Sicherheitskräfte verstärken, sehen uns aber nicht in der Lage, unserer Verantwortung vollständig gerecht zu werden, weil wir die Begleitung der von uns ausgebildeten Truppenteile bei Einsätzen im Süden Afghanistans verweigern; wir lassen unsere Verbündeten bei schweren und gefährlichen Einsätzen der „Operation Enduring Freedom (OEF)“ gegen Terroristen mehr oder weniger im Stich und scheuen uns trotzdem nicht, die Operationsführung unserer Verbündeten im Rahmen OEF zu kritisieren, dabei weiß jeder verantwortlich militärisch Denkende, dass man in Bündnissen nur dann militärisches Handeln positiv beeinflussen kann, wenn man sich selbst aktiv und Lasten mittragend einbringt. Das gilt für uns , die wir intensiv in multinationale Strukturen eingebunden sind, ganz besonders.

 

Und gegen den massiv zunehmenden Drogenanbau – gerade auch im Norden Afghanistans – der eine ganz wesentliche finanzielle Grundlage für global agierenden Terrorismus schafft, unternehmen wir als Bundesrepublik Deutschland ebenfalls zu wenig.

 

Wer nicht erkennbar effektiv operiert, wird weniger geachtet, von Freund und von Feind. Dabei muss der Grundsatz gelten: Wirkung geht vor Deckung!

 

Wenn wir also in sicherheitspolitische Maßnahmen umsetzen wollen, was Minister Jung am 18.05.2006 fordert: „Wir müssen Krisen und Konflikten rechtzeitig dort begegnen, wo sie entstehen, und dadurch ihre negativen Wirkungen von Europa und unseren Bürgern möglichst weitgehend fernhalten“, dann müssen wir einen wirklichen, an einem vom Parlament gebilligten außen- und sicherheitspolitischen Zielsystem orientierten, Beitrag zur Terrorbekämpfung leisten und die damit natürlich verbundenen Beanspruchungen tragen.

 

Ein solcher wirksamer Beitrag zur äußeren Sicherheit Deutschlands macht außerdem auch einen Einsatz der Bundeswehr mit Kriegswaffen im Inneren zum Beispiel ohne gesetzliche Grundlage und gegen das Grundgesetz weniger wahrscheinlich.

 

Auch in solchem Sinne ergeben sich wohlverstandene Überschneidungen zwischen innerer und äußerer Sicherheit.

 

Es gibt also für den Verteidigungsminister und für die Bundeswehr genug zu tun, um einen effektiven Beitrag zur äußeren Sicherheit zu gewährleisten.

 

Wer einen ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat fordert, muss meines Erachtens auch sichtbar stärker zu engagiertem, mitgestaltendem und bündnissolidarischem Handeln bereit sein, auch in Gefahren hinein. Eine Nation mit solcher eklatant gewachsenen Verantwortung müsste darüber hinaus ihr politisches Handeln an erklärten - möglichst konkreten – politischen Zielen auch für die anderen Mitgliedstaaten verständlich, einschätzbar und nachvollziehbar machen.

 

Für das Parlament gibt es also sehr viel grundlegenden und grundsätzlichen Diskussionsbedarf, um z. B. durch Verabschiedung eines außen- und sicherheitspolitischen Zielsystems die Handlungssicherheit der Parlamentsarmee im Einsatz zu erhöhen und militärischen Erfolg im Rahmen vernetzter Sicherheitsvorsorge messbar zu machen.

 

Eine solche Befassung mit politisch Grundsätzlichem würde auch verhindern, dass sich das Parlament stark um organisatorische und eher kleintaktische Fragen kümmert. Denn das entlastet die Truppe nicht.

 

(26.September 2007)

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