Hans-Heinrich Dieter

„Wutbürger“? (04.03.2011)

 

Die F.A.Z. hat am 02.03.2011 einen Artikel unter der Ãœberschrift „Lieber brüllen als Lügen“ zum Wahlkampfauftritt von Bundeskanzlerin Merkel in Stuttgart veröffentlicht. Rüdiger Soldt berichtet von der großen Wut der Stuttgarter Bürger, von Plakaten mit der Aufschrift: „Das Lügenpack macht weiter! Schämt Euch – Demokratie à la CDU“ und „Rambos und Plagiatoren“ weg. Die Rede ist vom Empfang der Kanzlerin mit Trillerpfeifen und Vuvuzelas und von ohrenbetäubendem Gebrüll „Lügenpack“ und „Mappus weg, Mappus weg“, das es unmöglich macht, die Wahlkampfaussagen in der Liederhalle zu verstehen. Der Journalist Soldt zeigt sehr viel Verständnis für solche „Wutbürger“ und meint, die CDU bekomme halt zu spüren, „dass Wahlkampf eben auch Kampf ist.“ Und die Ãœberschrift des Artikels spricht Bände.

Sind diese brüllenden Menschen, die offenbar Hass empfinden und ihrer nackten Wut freien Lauf lassen, eigentlich Wutbürger im Sinne des Wortes des Jahres 2010? In der Erläuterung der Gesellschaft für deutsche Sprache zum Wutbürger heißt es, der Begriff stehe für die Empörung in der Bevölkerung, "dass politische Entscheidungen über ihren Kopf hinweg getroffen werden".

Obwohl es nachweislich nicht zutrifft, mögen Protestler gegen Stuttgart 21 ihre Wut so begründen, für die Wahlkampfveranstaltung der CDU in Stuttgart taugt diese Erklärung von Brüllverhalten nicht.

Erstaunlich ist, wie viele – gemäß den veröffentlichten Bildern - ergraute und bürgerlich aussehende Menschen nicht einem gerechten Zorn sondern ihrer blinden Wut unter dem Vorwand demokratischer Aktivität  Ausdruck verleihen. Zu „Wutbürgern“ werden sie dadurch nicht. Denn Bürger bringen sich in unserer demokratischen Gesellschaft durch Diskussion und Argumente ein. Niederbrüllen ist dagegen ein eher undemokratisches und unbürgerliches Verhalten. Bestenfalls handelt es sich bei diesen Protestlern also um „Wutmenschen“.

Und wer dann die Kanzlerin zum „Lügenpack“ macht, entlarvt sich selbst als „Pack und Pöbel“.

Das Superwahljahr 2011 dürfen Bürger und Demokraten nicht den „Wutmenschen“ überlassen.

(04.03.2011)

 

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