Hans-Heinrich Dieter

Wünsche für 2011 (02.01.2011)

 

In der Zeit vor Weihnachten jagt ein Jahresrückblick den nächsten in der ganzen qualitativen Bandbreite journalistischen Könnens. Sehr gut oder sehr schlecht, allen Rückblicken ist gemeinsam, dass wir als Bürger mit der politischen Entwicklung nicht oder nur eingeschränkt zufrieden sein können.

Die Wünsche, die die Bürger zum Jahreswechsel austauschen, betreffen in der Regel das persönliche Wohlbefinden, wie Gesundheit, Glück, Erfolg und persönliche Zufriedenheit. Wünsche, die Deutschland, die politische Entwicklung oder den gesellschaftlichen Zustand zum Inhalt haben, sind eher selten. Dabei ist persönliche Zufriedenheit eines Bürgers ohne politische Zufriedenheit nur eingeschränkt möglich, es sei denn man begnügt sich mit einer „Garten-Lauben-Idylle-Zufriedenheit“.

Die Wunschliste eines engagierten Bürgers für das Neue Jahr ist sicher sehr lang, weil die Unzufriedenheit mit der Politik und den Politikern überall zu spüren und förmlich zu greifen ist. Also sind Wunsch-Prioritäten zu bilden und Schwerpunkte zu setzen:

Die Politiker sollten die Bürger, abseits vermeintlicher „politischer Korrektheit“ und ohne ständiges Schielen auf Umfragewerte, wahrheitsgemäß informieren, politische Probleme verständlich und plausibel erklären, Problemlösungsmöglichkeiten nachvollziehbar aufzeigen und die Bürger stärker in den politischen Prozess einbinden, um das für unsere Demokratie so wichtige Vertrauen zu gewinnen.

Die Bürger sollten 2011 zu einem Jahr bürgerlichen Engagements machen, sich entsprechend politisch weiterbilden, sich gründlich über politische Sachverhalte informieren, sich dort einbringen, wo es geboten ist, Wahlprogramme studieren und vergleichen und ihr Wahlrecht als Bürgerpflicht begreifen.

Bildung muss nicht in politischen Ankündigungen sondern real und konkret so verbessert werden, dass mehr Jugendliche gute Schulabschlüsse machen, besser für Berufsausbildung qualifiziert werden und die Studierfähigkeit gesteigert wird. Dazu sollten die ständigen,  ideologiebehafteten Schulversuche auf dem Rücken der Kinder beendet und föderale Bildungshindernisse beseitigt werden. Ziel muss es sein, nicht gleichermaßen mittelmäßig auszubilden, sondern individuell zu fördern, also den Schwächeren gezielt helfen und die Stärkeren zu besonderen Leistungen hinführen. Beim Zustand unseres Bildungswesens braucht das viel Zeit, 2011 sollten die Anfänge erkennbar gemacht werden.

Deutschland sollte sich als wirtschaftsstarke europäische Mittelmacht als Nation für unsere Nachbarn und Partner berechenbarer einbringen. Dazu sollten nationale außenpolitische Ziele und vitale Interessen definiert und festgeschrieben werden. Unser jetziger nicht-ständiger Sitz im UN-Sicherheitsrat im Zusammenhang mit unserem Streben nach einem ständigen Sitz im Rahmen einer grundlegenden Reform ist dazu ein guter Anlass.

Deutschland sollte weiterhin mutig für einen Frieden im Nahen Osten auf der Grundlage einer Zweistaatenlösung mit einem sicheren Israel sowie einem unabhängigen und lebensfähigen Palästinenserstaat eintreten. Sicher wäre es auch hilfreich, wenn der Zentralrat der Juden in Deutschland sich auf dieser Grundlage des Themas annehmen würde.

Die Integration unserer deutschen Bürger mit Migrationshintergrund sollte mit großem Engagement partnerschaftlich im Sinne von eindeutigen Integrationsforderungen, individuellen Integrationshilfen und auch erkennbaren Integrationsanstrengungen der Migranten real voran gebracht werden. Missstände sind dabei konsequent zu beseitigen, um sozialen Sprengstoff zu entschärfen. In dem Zusammenhang wünscht man sich auch, dass Vertreter muslimischer Verbände in Deutschland sich öffentlich distanzieren von Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt muslimischer Fundamentalisten gegen christliche Minderheiten sowie von hasserfüllten Angriffen auf Grundlagen unserer freiheitlichen Gesellschaft mit unabdingbarem Recht auf freie Meinungsäußerung und einer freien Presse, und dass sie so zum Ausdruck bringen, dass sie mit westlichem Selbstverständnis in dem Land "angekommen" sind, wo sie schon lange mit uns zusammenleben.

Deutschland sollte seine wirklich vernetzte Afghanistanpolitik zum Wohl der afghanischen Bevölkerung machen, sich dabei nicht von innenpolitischen Aspekten und vom sich abzeichnenden „internationalen Abzugsdatenwettbewerb“ beeinflussen lassen und den Soldaten in Afghanistan die Kräfte und Mittel zur Verfügung stellen, die gebraucht werden, um die Voraussetzungen für eine verantwortbare „Übergabe der Verantwortung“ so bald wie möglich zu gewährleisten. Dazu wünscht man sich intensive Diskussionen über sicherheitspolitische Ziele und Erfordernisse weit über eine oberflächliche Zahlen- und Zeitpunkt-Diskussion hinaus.

Die Bundeswehr sollte tatsächlich nicht nach Kassenlage grundlegend reformiert werden, sondern auf der Grundlage definierter und politisch entschiedener Ziele, die in zukunftstauglichen sicherheitspolitischen Dokumenten festgeschrieben sind. Bei allen Sparzwängen sollte die Reform gründlich und ohne zu starken Zeitdruck geplant werden können, damit die Bundeswehr den Anforderungen der nächsten 10/20 Jahre solide gerecht werden kann.

Die öffentlich-rechtlichen Medien sollten ihrem Bildungsauftrag wieder besser gerecht werden. Dazu sollte der zunehmenden Boulevardisierung und der Anbiederung an den Geschmack der Konsumenten privater Sender und der Druckerzeugnisse für bildungsferne Bürger Einhalt geboten werden.

Alle Anstrengungen müssen dem Erhalt und der Schaffung von Arbeitsplätzen sowie der ständigen Qualifizierung von Beschäftigten für gestiegene berufliche Anforderungen in unserer global orientierten Wirtschaft gelten, um den Wohlstand der Bürger zu halten, die Zahl der vom sozialen Transfer abhängigen Bürger zu verringern, den sozialen Frieden zu stabilisieren und die zukünftigen Belastungen für die nachwachsende Generation erträglich zu gestalten.

Bei dieser Zehn-Punkte-Wunschliste geht es um Vertrauen der Bürger in die Politiker und Volksvertreter, es geht um Glaubwürdigkeit und um die erkennbare Handlungsfähigkeit der Politik zum Wohl der Bürger, ohne die unsere Demokratie nicht funktioniert. Das Superwahljahr 2011 kann ein gutes Jahr für Bürgerengagement und Politikerleistung werden.

 

(02.01.2011)

 

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